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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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seine Krücken zurechtzurücken.
    Aus einem nahen Zelt drang das Stöhnen eines Mannes, der offensichtlich von Fieber geplagt wurde. Die kläglichen Geräusche wurden übertönt, als eine Gruppe von Askaris vorbeimarschierte und ein trauriges Lied sang. Burton lauschte, fasziniert von den tiefen Stimmen, und konnte die Sprache als Kichagga erkennen, einen Dialekt des Kiswahili, was vermuten ließ, dass die Männer von den Chagga-Stämmen im Norden stammten, die im Gebiet unterhalb des Kilimandscharo lebten.
    Sie waren weit weg von zu Hause.
    Genau wie er.
    »Ich habe einmal mit dem jungen Huxley über die Möglichkeit des Reisens durch die Zeit diskutiert«, verriet Wells, als die beiden sich wieder in Bewegung setzten. »Er war der Meinung, dass so etwas nie möglich sein wird, andernfalls wären wir längst von Besuchern aus der Zukunft überrannt worden. Weder ihmnoch mir kam der Gedanke, dass solche Besucher stattdessen aus der Vergangenheit kommen könnten. Ist es mit mechanischen Mitteln oder mit einer mentalen Technik geschehen?«
    »Ich habe keine Ahnung. Wer ist Huxley?«
    »Ein Junge, den ich kannte. Er war sehr klug, obwohl er fast völlig blind und kaum dem Knabenalter entwachsen war. Er wurde getötet, als die Deutschen London zerstörten. Aber ich verstehe das nicht, Richard   – wie kann es in den 1860ern möglich gewesen sein, sich durch die Zeit zu bewegen, obwohl heute niemand etwas davon weiß?«
    »Ich vermute, dass   …« Er stockte. »Moment mal. Wer ist Palmerston?«
    »Pah! Dieser Schurke! Zu deiner Zeit war er Premierminister.«
    »Ja!«, rief Burton. »Natürlich! Jetzt erinnere ich mich. Er hatte ein Gesicht wie eine Wachsfigur.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ich glaube, er könnte geheim gehalten haben, dass die Grenzen der Zeit durchbrochen worden sind.«
    »Du liebe Zeit! Ich hätte es wissen müssen. Dieser hinterhältige alte Bock! Weiß er, dass du hier bist?«
    »Nicht, soweit mir bekannt ist.«
    »Vielleicht würde dir mein Redakteur helfen, Verbindung mit ihm aufzunehmen.«
    »Ich habe keine Möglichkeit, eine Mitteilung in die Vergangenheit zu schicken.«
    »Ich meine jetzt, hier, im Jahr 1914.«
    »Du willst doch nicht etwa andeuten, dass Palmerston noch am Leben ist?«, entfuhr es Burton.
    »Ah. Das hast du nicht gewusst. Ja, er weilt noch unter uns. Und ist berühmt dafür. Oder vielleicht wäre ›berüchtigt‹ eine treffendere Einschätzung. Er ist einhundertdreißig Jahre alt.«
    »Bismillah!«, stieß Burton hervor. »Palmerston! Am Leben! Ist er immer noch Premierminister?«
    »Natürlich nicht. So etwas gibt es nicht mehr, seit die Deutschen Europa überrannt haben. Und lass mich dir eines sagen: Nur wenige Menschen, die je gelebt haben, hatten so viel Blut an den Händen wie Palmerston. Er hat uns in den Krieg geführt. Wir würden die Zukunft gestalten, hat er gesagt, und kaum jemand hat sich die Mühe gemacht, darüber nachzudenken, welche Zukunft.« Wells schwenkte den Arm und zeigte mit einer weit ausholenden Geste auf die Zelte ringsum. »Sieh sie dir ruhig an.«
    Burton schaute verwirrt drein. »Aber es muss doch mehr geben als das, oder? Was ist mit dem Empire?«
    Wells blieb unvermittelt stehen. »Richard«, sagte er leise. »Du musst das richtig verstehen. Das hier ist es.«
    »Es?«
    »Alles, was geblieben ist. Die Männer, die diese zwei Bataillone Askaris befehligen, dazu noch um die dreitausend Mann des britisch-indischen Expeditionskorps, über die Seenregion versprengte Soldatengruppen, vielleicht zwanzigtausend Zivilisten und Technokraten in unserer Hochburg Tabora und was noch vom britisch-europäischen Widerstand übrig ist   – das ist das Empire. Sonst gibt es nichts mehr.«
    Burton wirkte fassungslos. »Was ist passiert, um Himmels willen?«
    »Wie ich schon sagte, alles hat hier begonnen. In den 1870ern nahm die deutsche Präsenz in Afrika trotz der Bemühungen von Al-Manat zu. Palmerston war überzeugt, dass Bismarck einen Einmarsch im großen Stil vorhatte. Er glaubte, Deutschland wolle ein so großes Reich wie das unsere errichten, deshalb stationierte er hier einige Bataillone, um dies zu verhindern. Die Deutschen reagierten, indem sie die Einheimischen bewaffneten und gegen uns aufbrachten. Der Konflikt eskalierte. Palmerston schickte immer mehr Soldaten. Dann, im Jahr 1900, mobilisierte Deutschland sämtliche Streitkräfte, darunter die Waffen der Eugeniker   – allerdings nicht hier. Wie sich herausstellte, hatte Bismarck Afrika nie

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