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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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innerhalb der nächsten Stunde hier sein.«
    »Schaffst du das auch? Den Aufstieg, meine ich?«
    Wells schnippte sich einen Moskito vom Hals. »Ich werde allmählich ganz gut im Hinken. Würdest du mir einen Gefallen tun, Sir Richard? Wenn ich das nächste Mal über die Unwahrscheinlichkeit eines direkten Treffers referiere, würdest du mir dann einen kräftigen Schlag auf den Kopf versetzen und mich aus dem Gebiet wegschleifen?«
    »Mit Freuden. Auch gern im Nachhinein.«
    »Allerdings muss ich gestehen, dass mir die Ironie an der Sache sehr gefallen hat.«
    »Die Ironie?«
    »Ja. Du bestätigst mir, dass dein Aufenthalt im Reich der Lebenden im Grunde völlig unmöglich ist, und Sekunden später ist er beinahe zu Ende!«
    »Ich werde meine Worte mit mehr Bedacht wählen. Mir hat es überhaupt nicht gefallen, bombardiert und lebendig begraben zu werden. Und bitte lass das alberne ›Sir‹ weg. Das hört sich jetzt, da wir per Du sind, noch lächerlicher als vorher an. ›Richard‹ genügt vollauf.« Er trank einen Schluck Tee und erhob sich. »Also gut, dann wollen wir mal los und uns das Feuerwerk ansehen.«
    Sie verließen die behelfsmäßige Schenke und bahnten sich langsam einen Weg zwischen den Zelten hindurch, passierten Soldaten mit ausdruckslosen Blicken und schlaffen Zügen und hielten auf die Nordgrenze des Lagers zu.
    Die Luft roch nach Schweiß   – und Schlimmerem.
    »Sieh sie dir nur an«, meinte Wells. »Ist dir schon mal ein so chaotisch zusammengewürfelter Haufen von Kämpfern untergekommen? Sie wurden aus den Resten des britischen Südafrikas, aus Australien und Indien, aus den bunt gemischten Überbleibseln unserer europäischen Streitkräfte und aus den verschiedenen Stämmen Ost- und Zentralafrikas rekrutiert.«
    »Sie scheinen nicht glücklich darüber zu sein.«
    »Wie du besser als die meisten Menschen weißt, befinden wir uns in einem Land, in dem schreckliche Zustände herrschen. Ruhr, Malaria, Tsetsefliegen, Moskitos, Sandflöhe   … der Mehrheit der Weißen geht es hundeelend. Und die Afrikaner sind berüchtigt dafür, zu desertieren. Eigentlich sollten wir hier doppelt so viele Soldaten sehen.«
    Sie kamen an einem Pferch mit Ochsen vorbei. Eines der Tiere lag tot da. Der Kadaver stank und quoll bereits auf.
    »Hast du eine besondere Vorliebe für Mohnblumen?«, erkundigte sich Wells. »Bevor die Bombe uns erwischte, hattest du eine aus der Tasche gezogen, und jetzt sehe ich eine frische Blume an deinem Revers.«
    »Ich habe das Gefühl   … nun ja, also, die Blume scheint mir irgendeine Bedeutung zu haben.«
    »Ich glaube, sie symbolisiert den Schlaf«, meinte Wells. »Oder den Tod.«
    »Nein«, widersprach Burton. »Etwas anderes, aber ich komme einfach nicht darauf.«
    »Also hast du immer noch Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis? Ich hatte gehofft, es kehrt zurück. Wie du dir sicher denken kannst, brenne ich seit Tagen vor Neugier. Es gibt sehr viele Fragen, die ich dir stellen möchte.«
    »Einzelne Teile sind wieder da«, erwiderte Burton. »Es ist ein eigenartiges Gefühl. Ich fühle mich durch und durch zerrissen. Ich stelle mich deiner Befragung, aber wenn es dir gelingt, etwas aus mir herauszulocken, musst du es für dich behalten.«
    »Ich habe ohnehin keine andere Wahl. Würde ich publik machen, dass du am Leben bist, würde mein Redakteur mich aus der Redaktion geradewegs in den europäischen Widerstand jagen, von wo ich nie wieder auftauchen würde.« Wells hustete und spuckte aus. »Diese verdammten Fliegen! Sie sind überall an mir. Kaum mache ich den Mund auf, schwirrt mir eine hinein!« Er salutierte vor einem vorbeigehenden Offizier, dann sagte er: »Also,was ist passiert? Bist du durch eine Laune der Natur unsterblich geworden, Richard? Hast du deinen Tod im Jahr 1890 nur vorgetäuscht?«
    »Nein. Ich habe den Eindruck, dass ich direkt aus dem Jahr 1863 hierhergekommen bin.«
    »Was? Du bist aus der Zeit drei Jahre vor meiner Geburt direkt ins Hier und Jetzt gekommen? Wie denn das?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und warum?«
    »Das weiß ich auch nicht. Ich bin nicht einmal sicher, welche Zukunft das hier ist.«
    »Welche Zukunft? Was soll das denn heißen?«
    »Das weiß ich auch nicht. Aber ich habe das sichere Gefühl, dass es Alternativen gibt.«
    Wells schüttelte den Kopf. »Meine Güte. Die Unmöglichkeiten häufen sich. Und doch bist du hier.«
    »Ja«, pflichtete Burton ihm bei.
    »Ein anachronistischer Mensch«, murmelte Wells. Er blieb stehen, um

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