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Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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gewollt, vielmehr wollte er Europa. Erst fiel Frankreich, dann nacheinander Belgien, Dänemark, Österreich-Ungarn und Serbien. Die Verwüstungen waren entsetzlich. Großbritannien kämpfte fünf Jahre lang verbissen, aber unsere Armee war geteilt. Fast ein Drittel der Männer war hier. Als sie versuchten, in die Heimat zu gelangen, errichtete Deutschland eine Blockade aller afrikanischen Häfen. Mein Gott, was war Bismarck für ein vollendeter Taktiker! Wir hatten keine Chance. Dann gewann er Russland als Verbündeten, und wir wurden erobert. Indien, Australien, Südafrika, die Westindischen Inseln   … alle erklärten sich für unabhängig. Britisch-Nordamerika fiel einem Aufstand der Indianer und Sklaven zum Opfer, und das Empire löste sich auf.«
    Burton stieß einen leisen Pfiff durch die Zähne aus. »Und die Schuld lag bei Palmerston?«
    »Voll und ganz. Seine Außenpolitik war eine einzige Fehleinschätzung. Niemand kann wirklich nachvollziehen, weshalb er so besessen von Afrika war. Viele Briten haben gefordert, dass er vor Gericht gestellt und hingerichtet wird. Schließlich ist es nicht hinnehmbar, dass jemand, der mit dem Leben anderer spielt, mit dem eigenen Leben davonkommt, und er war der größte Spieler von allen. Aber Crowley besteht darauf, dass er am Leben bleiben muss   … dass irgendwie das Überleben Taboras, der letzten britischen Stadt, von ihm abhängt.«
    Sie gelangten in einen Bereich, in dem sich der Wald der Zelte lichtete. Hier parkten etliche Skorpionspanzer des Typs Mark II , die auf ihren Beinen kauerten, die Klauen eingezogen, die Schwänze eingerollt.
    Burton fiel auf, dass ihm das Aussehen der Kriegsmaschinen neu war, doch die Technologie schien seit seiner Zeit kaum Fortschritte gemacht zu haben.
    »Ruhen wir uns einen Moment aus«, schlug Wells vor. »Mein Bein macht mir zu schaffen.«
    »Gut.«
    Burton lehnte sich gegen eines der Spinnentiere und verscheuchte eine Fliege aus seinem Gesicht.
    Erinnerungen regten sich. Er versuchte, sich sein letztes Treffen mit Lord Palmerston ins Gedächtnis zu rufen.
    Halten Sie gefälligst den Mund, Burton! Muss ich mir Ihre Unverschämtheit bei jeder unserer Begegnungen gefallen lassen? Das dulde ich nicht! Sie haben Ihre Befehle! Tun Sie Ihre Arbeit, Captain!
    Die Stimme des Premierministers hallte durch eine abgeschiedene Kammer seines Geistes, doch Burton konnte sie mit keiner bestimmten Begebenheit in Verbindung bringen.
    »Also ist er in Tabora?«, fragte er.
    »Palmerston? Ja. Er steht dort unter Hausarrest. Unglaublich, dass er immer noch Befürworter hat, und doch ist es so. Mein Redakteur zum Beispiel steht voll und ganz hinter ihm. Daher ist es unwahrscheinlich, dass er vor dem Erschießungskommando landen wird, was er an sich verdient. Weißt du eigentlich, dass er auch die Verfassung verhunzt hat?«
    »Inwiefern?«
    »Als er 1840 das Regentschaftsgesetz manipulierte, um zu gewährleisten, dass Albert statt Ernst August von Hannover den Thron bestieg, ließ er keine Bestimmung zurück, was danach geschehen soll   – keine klaren Regeln für die Thronfolge nach Alberts Tod. Ha! 1900 war ich, wie viele andere, ein überzeugter Republikaner. Als der König den Löffel abgab, hat es mich gefreut, Rufe zu hören, die nach der Abschaffung der Monarchie verlangten. Natürlich erhoben sich genauso lautstark Stimmen, die sich dagegen aussprachen. Die Diskussion wurde hitzig. Es gab einen öffentlichen Aufruhr, an dem ich vermutlich nicht ganz unschuldig war. Wenn sich ein Mann im Verlauf der Geschichte verheddert, Richard, verliert er sich aus den Augen. Jedenfalls war Palmerston abgelenkt, und Bismarck schlug zu. Heute fühle ich mich deshalb töricht. In Kriegszeiten sind Galionsfiguren für die Moral erforderlich. Das hätte mir klar sein müssen, aber damals war ich Idealist. Ich glaubte sogar, die menschliche Rasse sei in der Lage, Utopia zu errichten. Was war ich für ein Idiot!«
    Sie lehnten noch ein paar Minuten an den Maschinen. Die drückende Schwüle lastete schwer auf ihnen. Schließlich setzten sie den Marsch fort, entfernten sich von den Panzern und erklommen einen sanften Hang zu der Erhöhung. Das Gelände war trocken, rissig und staubig. In vereinzelten Grüppchen wuchsen Büschel von Elefantengras. Außerdem gab es weitläufige Abschnitte geschwärzter Erde. »Dort wurden fleischfressende Pflanzen verbrannt«, erklärte Wells. »Zumindest Regenfälle sollten uns noch ein paar Wochen erspart bleiben, und das ist

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