Auf der Suche nach dem Auge von Naga: Roman (German Edition)

hinterdreinlief, wurde die Dampfspur bemerkt. Drei der preußischen Pflanzenfahrzeuge steuerten sofort darauf zu.
    »Bleib in Bewegung!«, rief Burton. »Verschwinde von hier!«
    Als sie den anderen Weberknecht erreichten, kletterte der Agent des Königs rasch dessen Bein hinauf, brachte sich in Position, ergriff die Bedienhebel und betete zu Allah, die Maschine möge einsatzbereit sein.
    Sie war es.
    Der Motor erwachte hinter seinem Sitz stotternd zum Leben, und Burton lenkte den Apparat in die Bahn der nächsten Pflanze. Dann hob er seine Kaktuspistole und feuerte Stacheln auf den Preußen ab, der sich in der Blüte befand. Doch die Geschosse zeigten keine Wirkung.
    »Immun gegen das Gift?«, murmelte er bei sich. »Vielleicht bist du ja selbst eine halbe Pflanze!«
    Burton ließ sein dampfbetriebenes Spinnentier gegen die mutierte Pflanze krachen. Ranken wickelten sich um die Beine des Weberknechts und setzten dazu an, ihn emporzuhieven und umzukippen. Der Agent des Königs feuerte wiederholt mit der Kaktuspistole auf den Fahrer, bis das Gesicht des Preußen von Stacheln übersät war. Doch der Mann blieb bei Bewusstsein, fluchte wild und entsandte eine Ranke, die sich um die Hand des Briten schlang. Sie erfasste die Kaktuspistole mit solcher Kraft, dass derLauf entzweigeschnitten wurde. Fluchend ließ Burton die Waffe fallen.
    Der Weberknecht wurde ruckartig hin und her geschleudert. Seine Schale wurde mit Schlägen bombardiert und von fuchtelnden, dornigen Fortsätzen zerschrammt. Burton spürte, wie die Maschine unter ihm seitwärtsschwenkte. Verzweifelt betätigte er die Hebel, wodurch er bewirkte, dass sich zwei Vorderbeine hoben. Burton ließ sie auf die Brust des Soldaten in der Pflanze hinunterwuchten. Der Mann war auf der Stelle tot, als sein Herz durchstoßen wurde. Doch die Pflanze bäumte sich auf und zuckte wild, wodurch sie den Weberknecht endgültig zum Kippen brachte. Den Bruchteil einer Sekunde, bevor die Maschine auf dem Boden aufschlug, hechtete Burton hinaus, rollte sich ab und rannte davon. Er erreichte den Fuß des Hanges, doch es war zu spät   – die beiden anderen Pflanzen hatten ihn eingeholt. Er zog den Kopf ein, bündelte alle Kraft auf seine Beine und stürmte den Hügel hinauf, so schnell er konnte. Aus dem Augenwinkel sah er Ranken, die sich abwechselnd einrollten und streckten, um ihn zu packen. Plötzlich hakte sich eine davon unter seinem linken Arm fest und zerrte ihn in die Luft. Burton rechnete damit, gehäutet oder in Stücke gerissen zu werden, stattdessen flog er über den Boden und prallte gegen die Flanke eines Pferdes. Erst jetzt erkannte er, dass es keine Schlingranke war, die ihn festhielt, sondern eine Hand. Da Burton sich nicht so weit drehen konnte, dass er zu sehen vermochte, wer ihn gerettet hatte, klammerte er sich in dem Versuch, Halt zu finden, am Fußgelenk des Reiters fest   – an einem weiblichen Fußgelenk.
    Das Pferd preschte zur Kuppe der Anhöhe hinauf und kam neben Trounces Weberknecht zum Stehen. Burton wurde kurzerhand zu Boden fallen gelassen.
    »William! Halt!« Die gebieterische Stimme gehörte Isabel Arundell.
    Trounce blieb mit seiner Maschine stehen.
    »Steig ins Netz, Dick!«, befahl Isabel.
    Burton schaute im selben Moment auf, als eine Kugel die weiten Beduinengewänder Isabels durchschlug und ihren Körper nur um wenige Zentimeter verfehlte. Sie drehte sich im Sattel, brachte ihren Revolver in Anschlag und feuerte sechs Schüsse hinunter ins Lager ab.
    »Mach schon, verdammt!«, rief sie.
    Jäh setzte Burton sich in Bewegung. Mit drei Schritten erreichte er den Weberknecht, sprang hoch, bekam das Netz zu fassen und kletterte hinein.
    »Los, William!«, rief Isabel. »So schnell wie möglich. Halte nicht an, schau nicht zurück! Wir beschäftigen die Preußen, solange wir können.«
    »Isabel   …«, setzte Burton an, doch sie schnitt ihm das Wort ab.
    »Wir holen deine Expedition später wieder ein. Los jetzt!«
    Damit schwenkte sie ihr Pferd herum, ließ es in wildem Galopp den Hang hinunterrasen, löste einen Speer von der Schulter und jagte ihn in eines der Pflanzenfahrzeuge.
    Trounce zog einen Hebel zurück. Sein Weberknecht hustete und spie einen Dampfstrahl aus. Dann stakste er in die Nacht hinein, während Burton unter der Maschine hin und her schwang.
    »Hol mich der Teufel!«, murmelte er. »Diese Frau besitzt die Kraft eines Ochsen und den Mut eines Löwen!«
    *
    William Trounce hielt den Weberknecht erst an, als er die