Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
des Mondes beträgt lediglich ein halbes Grad. Die rund 350 Felder der Hamburg/ESO-Durchmusterung enthalten insgesamt vier Millionen Spektren, also ca. 10 000 Objekte pro Platte. Die fotografischen Platten mit den Objektivprismen-Spektren wurden allerdings eingescannt, so dass sie nicht mehr mit dem Mikroskop, sondern mit Computeralgorithmen systematisch untersucht werden konnten. Zudem gab es für jeden Stern Farbinformationen, was die Suche nach metallarmen Sternen in den vier Millionen Spektren wesentlich präziser und einfacher machte.
In einer so riesigen Stichprobe wie die der Hamburg/ESO-Durchmusterung befinden sich neben Sternen aller Arten auch jede Menge Galaxien, Quasare und andere exotische Objekte. Die erste Auswahl metallarmer Kandidaten können Computer mit geeigneten Suchalgorithmen treffen. Das Ziel ist es, Sterne zu unterscheiden und grob zu erkennen, ob die Kalzium- K -Linie in Abhängigkeit von der Sterntemperatur vielleicht besonders schwach erscheint. Die niedrige Auflösung der Spektren ist aber für Computer ebenso eine Herausforderung wie für menschliche Experten. Die Liste ausgewählter Kandidaten umfasst daher sowohl tatsächlich metallarme Sterne als auch diverse Fehldiagnosen. Visuelle Inspektionen der langen Kandidatenlisten aus diesem ersten Schritt sind also unverzichtbar.
Für meine Doktorarbeit bekam ich also zunächst eine solche vorselektierte Stichprobe von 5500 helleren Kandidaten. Meine erste Aufgabe war es, jedes Spektrum einzeln anzuschauen, um festzustellen, ob es sich um einen guten metallarmen Kandidaten handelt. Die Kandidatenselektion meiner Stichprobe wird noch ausführlicher in Kapitel 10 beschrieben. Diese Arbeit führte in meinem Fall nämlich zu der Identifikation von ca. 3700 Fehldiagnosen.
Allerdings gab es einen weiteren großen Unterschied zwischen der Hamburg/ESO-Durchmusterung und der HK-Durchmusterung. Die Hamburg/ESO-Sterne waren alle wesentlich schwächer, was für die Nachbeobachtungen Konsequenzen hatte. Die Beobachtung von schwächeren Sternen dauert wesentlich länger, so dass die vorhandene Teleskopzeit oft nicht ausreicht, um alle Sterne nachzubeobachten. Zudem produzierte die Hamburg/ESO-Durchmusterung sehr viele Kandidaten. Von den mehr als 7000 Kandidaten, die mit Hilfe der Computeralgorithmen und der darauf folgenden visuellen Inspektion aus den Durchmusterungsspektren ausgewählt wurden, konnten bis heute nur rund 2500 Sterne für die genauere Kalzium-Linienvermessung nachbeobachtet werden. Die nichtbeobachteten Sterne sind hauptsächlich die schwächeren Sterne. Da sie relativ lange Belichtungszeit benötigen, werden sie wohl auch unbeobachtet bleiben. Zudem würden diese Sterne noch viel kostbarere Großteleskopzeit verbrauchen, sollten sie je mit hochauflösender Spektroskopie beobachtet werden. Das Hinterlassen von zu schwach leuchtenden Sternen ist daher oft ein Kompromiss, der eingegangen werden muss, auch wenn man nie wissen wird, ob man damit vielleicht interessante Erkenntnisse verpasst hat.
Die genauere Vermessung der Kalzium- K -Linie erfordert Spektren, die von Teleskopen mit einem Spiegeldurchmesser von zwei bis vier Metern aufgenommen werden müssen. Die Absorptionslinien von Eisen sind aufgrund atomphysikalischer Eigenschaften und unabhängig von der eigentlichen Elementhäufigkeit viel schwächer ausgeprägt als zum Beispiel die starke Resonanzlinie des Kalziums, die Kalzium- K -Linie. Dementsprechend bleiben die schwachen Eisenlinien beim zweiten Schritt noch im Rauschen verborgen. Dies ist besonders bei metallarmen Sternen mit ihren schwachen Eisenlinien der Fall.
Die hochaufgelösten Spektren des dritten und letzten Beobachtungsschritts ermöglichen dann endlich die Entscheidung, wie eisen- bzw. metallarm der Stern tatsächlich ist. Um diese Spektren zu erhalten, wird das Sternlicht extrem weit aufgespalten, so dass auch sehr schwache Linien im Spektrum messbar werden. Um bei jeder Wellenlänge genügend Photonen einzufangen, erfordern diese Beobachtungen die größten optischen Teleskope der Welt mit Spiegeldurchmessern von 6 bis 10 m. Wie schon erwähnt, ist Beobachtungszeit an diesen Teleskopen teuer und schwer zu bekommen – meist nur wenige Nächte pro Jahr. Deshalb können nie alle Kandidaten beobachtet werden, und nur die metallärmsten, vielversprechendsten Kandidaten schaffen es, auch in dieser letzten Runde spektroskopiert zu werden.
Nur mit solchen hochaufgelösten Spektren können umfassende chemische
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