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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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gleichzeitig Adieu sagen wollen, aus Gründen der Konvention. Sie ist seine Geliebte.« Der junge Unbekannte fing zu weinen an. Swann suchte ihn zu trösten. »Letztlich hat sie recht«, sagte er, indem er jenem die Augen trocknete und ihm den Fes abnahm, damit er es leichter hätte. »Ich habe es ihr selbst mindestens zehnmal geraten. Weshalb traurig sein? Das war der Mann, der sie verstehen konnte.« So redete Swann sich selber zu, denn der junge Mann, den er zunächst nicht hatte identifizieren können, war niemand anders als er selbst; wie manche Romanschriftsteller hatte er seine Person auf zwei Gestalten verteilt, diejenige, die träumte, und eine andere, die er mit einem Fes auf dem Kopf vor sich sah.
    Was Napoleon iii. anging, so war es Forcheville, dem er infolge einer vagen Ideenassoziation, nach einer leichten Retusche der Züge des Barons 1 und aufgrund des Großkordons der Ehrenlegion, den er um den Hals trug, diesen Namen aufgeheftet hatte; in Wirklichkeit aber und in allem, was diese Traumfigur für ihn bedeutete, ihm ins Gedächtnis rief, war es eben Forcheville. Denn aus unvollständigen und wechselnden Bildern zog der schlummernde Swann falsche Folgerungen, wobei er zudem im Augenblick eine so starke Schöpferkraft besaß, daß er sich einfach wie gewisse niedere Organismen durch Teilung vermehren konnte; mit der Wärme, die er in seiner eigenen Handfläche verspürte, modellierte er die Höhlung einer fremden Hand, die er zu drücken glaubte, und aus Gefühlen und Impressionen, die ihm noch nicht bewußt wurden, ließ er etwas wie Peripetien entstehen, die in logischer Verkettung zur gegebenen Zeit im Traum die Person erscheinen ließen, die seine Liebe auf sich ziehen oder ihm zum Erwachen verhelfen sollte. Es wurde plötzlich vollends finster um ihn, die Sturmglocke läutete, Küstenbewohner eilten vorbei, die sich aus brennenden Häusern retteten; Swann hörte das Dröhnen der Wogen, die bis auf den Weg heraufschlugen, und mit der gleichen Heftigkeit schlug ihm das Herz in der Brust vor Angst. Plötzlich nahm das Tempo dieses Herzklopfens rasend zu, er verspürte einen Schmerz und unerklärliche Übelkeit; ein mit Brandwunden bedeckter Bauer rief ihm im Vorübereilen zu: »Kommen Sie, fragen Sie Charlus, wo Odette den Rest des Abends mit ihrem Begleiter verbracht hat, er ist ja früher bei ihr gewesen, ihm verheimlicht sie nichts. Sie haben auch das Feuer gelegt.« Es war sein Kammerdiener, der ihn mit den Worten wecken kam:
    »Monsieur, es ist acht Uhr, der Friseur war da, ich habe ihm gesagt, er soll in einer Stunde wiederkommen.«
    Doch diese Worte waren, als sie die ihn noch umfangenden Wogen des Schlafs durchdrangen, nur auf jener Art von Umweg in Swanns Bewußtsein gelangt, durch den ein Lichtstrahl auf dem Grund des Wassers wie eine Sonne erscheint; ebenso hatte einen Augenblick zuvor das Geräusch der Schelle in den Tiefen dieses Abgrunds den Klang einer Sturmglocke angenommen und die Episode mit der Feuersbrunst ausgelöst. Nun aber verfloß die Szenerie, die er vor Augen gehabt hatte, in nichts, er schlug die Augen auf und hörte zum letzten Mal noch ein Meeresbrausen, das sich in der Ferne verlor. Er berührte seine Wange. Sie war trocken. Und doch erinnerte er sich an das Gefühl der Nässe und den Salzgeschmack. Er stand auf und kleidete sich an. Er hatte den Friseur schon so früh bestellt, weil er am Vortag meinem Großvater geschrieben hatte, er werde am Nachmittag nach Combray kommen, denn er hatte gehört, daß Madame de Cambremer – die frühere Mademoiselle Legrandin – dort ein paar Tage verbringen werde. Da er in seiner Erinnerung zwischen dem Zauber dieses jungen Gesichts und dem einer Landschaft, die er so lange nicht mehr gesehen hatte, eine Verbindung herstellte, bildeten sie zusammen einen Anreiz für ihn, der ihn schließlich bewog, Paris für ein paar Tage zu verlassen. Da die verschiedenen Zufälle, die uns mit bestimmten Personen zusammenführen, nicht mit der Zeit unserer Liebe zu ihnen zusammenfallen, sondern sich bereits, bevor noch jene angebrochen ist, ergeben und ebenso andauern können, wenn sie abgelaufen ist, nehmen die ersten Auftritte in unserem Leben von einer Person, die uns später gefallen soll, rückblickend in unseren Augen den Charakter einer Ankündigung, eines Vorzeichens an. In dieser Weise hatte Swann sich oft wieder Odettes Bild vor Augen gestellt, wie er sie damals im Theater gesehen hatte, an jenem ersten Abend, als ernoch nicht damit

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