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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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Villeparisis aber sagte, es sei ganz unmöglich, da sie erkältet sei. »Nun ja, wenn es Ihnen nicht bekommt … «, antwortete Bloch, sichtlich enttäuscht. »Aber man kann sagen, es ist hier wirklich heiß!« Er lachte ein bißchen und ließ seinen Blick Zustimmung heischend in die Runde schweifen, als erwarte er von den Anwesenden Unterstützung gegen Madame de Villeparisis. Bei all diesen wohlerzogenen Leuten fand er sie jedoch nicht. Seine blitzenden Augen, die niemanden hatten auf Abwege bringen können, mußten sich damit abfinden, wieder ernst zu werden; in Anerkennung seiner Niederlage erklärte er jedoch: »Es sind mindestens zweiundzwanzig Grad hier. Fünfundzwanzig? Das wundert mich weiter nicht. Ich triefe beinahe von Schweiß. Und es ist mir nicht wie dem weisen Antenor, dem Sohn des Flusses Alpheios, gegeben, in die väterliche Woge zu tauchen, meine Hitze zu stillen, bevor ich mich in die schön geglättete Wanne setze und mit duftendem Öle salbe.« 1 In jenem gewissen Bedürfnis sodann, zum Nutzen der anderen medizinische Theorien zu entwickeln, die dem eigenen Wohlbefinden zuträglich wären, setzte er hinzu: »Wenn Sie meinen, es ist besser für Sie! Ich selbst bin vom Gegenteil überzeugt. Gerade dadurch erkälten Sie sich.«
    Bloch hatte sich bei der Idee, mit Monsieur de Norpois bekannt gemacht zu werden, entzückt gezeigt. Er hätte sehr gern, erklärte er, diesen auf die Dreyfus-Affäre zu sprechen gebracht.
    »Es handelt sich da um eine Mentalität, die mir wenig bekannt ist, und es wäre recht reizvoll, einen so vielbeachteten Diplomaten zu interviewen«, sagte er in sarkastischem Ton, um nicht den Eindruck zu erwecken, er fühle sich dem Botschafter unterlegen.
    Madame de Villeparisis bedauerte, daß er auch diese Worte so laut ausgesprochen hatte, legte ihnen aber keine große Bedeutung bei, als sie sah, daß der Archivar, dessen nationalistische Ansichten sie gleichsam am Gängelband führten, zu weit entfernt stand, um sie zu hören. Schon peinlicher war ihr zu hören, wie Bloch, getrieben von dem Dämon seiner schlechten Erziehung, der ihm eben schon den Sinn getrübt hatte, sie fragte, wobei er bei dem väterlichen Spruch auflachte:
    »Habe ich nicht irgendwo von ihm eine gelehrte Untersuchung gelesen, in der er auseinandersetzt, aus welchen unwiderleglichen Gründen der Russisch-Japanische Krieg mit dem Sieg der Russen und der Niederlage der Japaner enden müsse? 1 Ist er nicht bereits etwas trottelig? Ich meine, ich hätte ihn doch gesehen, wie er seinen Stuhl erst fest ins Auge faßte, bevor er wie auf Rollen hinrutschte, um sich daraufzusetzen?«
    »Aber nie im Leben! Warten Sie einen Augenblick«, sagte die Marquise, »ich weiß gar nicht, wo er bleibt.«
    Sie schellte, und da sie in gar keiner Weise verheimlichte, sondern sogar gern zeigte, daß ihr alter Freund den größten Teil seiner Zeit bei ihr verbrachte, trug sie dem eintretenden Diener auf:
    »Sagen Sie doch Monsieur de Norpois, er möge kommen, er ordnet gerade Papiere in meinem Büro. Er wollte in zwanzig Minuten hier sein, und jetzt warte ich bereits eindreiviertel Stunden auf ihn. Er wird mit Ihnen über die Dreyfus-Affäre sprechen, über alles, was Sie wollen«, setzte sie in grämlichem Ton zu Bloch gewandt hinzu, »er billigt nicht sehr, was zur Zeit geschieht.«
    Monsieur de Norpois stand sich nämlich schlecht mit dem gegenwärtigen Kabinett, doch wurde Madame de Villeparisis durch ihn politisch auf dem laufenden gehalten, auch wenn er es sich nicht erlaubt hätte, ihr Leute aus Regierungskreisen ins Haus zu bringen (sie hielt trotz allem an dem Stolz der Dame aus dem Hochadel fest und blieb abseits der und über den Beziehungen, die er zu pflegen gezwungen war). Ebensowenig aber hätten die betreffenden Politiker des Regimes von Norpois verlangt, daß er sie Madame de Villeparisis vorstelle. Mehrere unter ihnen hatten ihn aber bei ihr auf dem Lande aufgesucht, wenn sie seine Unterstützung in einer schwierigen Lage brauchten. Die Adresse war bekannt. Man betrat zwar das Schloß, sah jedoch die Schloßherrin nicht. Beim Abendessen sagte sie dann: »Ich habe gehört, Monsieur, daß man sie heute belästigt hat. Gibt es Positives zu verzeichnen?«
    »Sie haben es doch nicht eilig?« wandte sich Madame de Villeparisis an Bloch.
    »Nein, nein, ich wollte nur gehen, weil ich nicht ganz wohlauf bin; ich soll sogar eine Kur in Vichy machen wegen meiner Gallenblase«, setzte er hinzu, indem er diese Worte mit

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