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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - Proust, M: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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Dr. Robert Proust, hat sich zusammen mit den Verlagsleitern der Nouvelle Revue Française, Jacques Rivière und Jean Paulhan, um die Herausgabe der letzten Bände der Recherche gekümmert. 1923 erschien La Prisonnière (Sodome et Gomorrhe III) , 1925 Albertine disparue , 1927 Le Temps retrouvé .

    Sozusagen nahtlos nimmt der letzte Band der Recherche die Handlung dort wieder auf, wo sie im vorletzten Band endet, nämlich mitten in der Episode von Tansonville. Immerhin darf der Abschnitt über das Zimmer, das Marcel im Hause von Gilberte de Saint-Loup bewohnt und von dem schon in der Ouvertüre der Recherche die Rede ist, als eine Art von Neuanfang gelesen werden. Schon in den am Ende der Flüchtigen erzählten Szenen in Tansonville wird deutlich, daß sich der Roman langsam seinem Ende nähert. Damit er gerettet werden kann, muß der Romanheld zuerst in einen Zustand völliger Desillusionierung, völliger Hoffnungslosigkeit geführt werden. Eine nach der anderen werden die Illusionen und Überzeugungen aus der Kindheit des Romanhelden korrigiert: Die Gegenden von Méséglise und von Guermantes sind nicht zwei völlig voneinander getrennte Welten; die Geste Gilbertes bei derersten Begegnung bedeutete nicht Verachtung, sondern Begehren. Zu Beginn der Wiedergefundenen Zeit äußert sich das Bewußtsein, den Glauben der Jugend verloren und das Leben verpaßt zu haben – ein Bewußtsein, ohne das es keine »wiedergefundene Zeit« gäbe –, an dem teilnahmslosen Blick, den Marcel aus seinem Zimmer auf die Wälder von Méséglise und den Kirchturm von Combray richtet. Es folgt eine längere Passage über Robert de Saint-Loups Homosexualität, von der schon im vorangehenden Band die Rede war. Es bedeutet für Marcel eine weitere Enttäuschung, feststellen zu müssen, daß derjenige, der für ihn der Inbegriff des homme à femmes war, auch zu den hommes-femmes gehört – und wohl schon immer gehörte. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß Proust sich mit dem Gedanken trug, die Betrachtungen über Robert und Morel, Robert und Gilberte sowie über Legrandin und Théodore zu einem Sodom und Gomorrha IV oder V auszubauen. Die nächste Phase in dem Prozeß von Enttäuschung und Ernüchterung wickelt sich in der literarischen Sphäre ab. Als thematische Überleitung verwendet Proust Balzacs Roman La Fille aux yeux d’or , in dem von einer lesbischen Beziehung die Rede ist. La Fille aux yeux d’or wird Gilberte zugeordnet, Marcel dagegen liest in dem unveröffentlichen Tagebuch der Brüder Goncourt den Bericht über ein Diner bei den Verdurins, über Brichot, Cottard, Swann, Elstir … Prousts virtuoses Pastiche bewirkt auf der Ebene der Handlung, daß sein Romanheld an der Literatur verzweifelt. Wenn das die Literatur ist, sagt er sich, dann lohnt es sich gewiß nicht, sein Leben dafür herzugeben. Er muß sich auch sagen, daß er offensichtlich über keine Beobachtungsgabe verfügt und deshalb nicht zum Schriftsteller taugt. Immerhin läßt der Erzähler ein Türchen offen, heißt es doch jetzt schon, er sehe zwar nicht die Oberfläche, dafür aber die darunterliegenden psychologischen Gesetze.
    Es folgt eine ausführliche Erzählsequenz, deren Handlung während des Ersten Weltkriegs spielt. Proust überspringt die Jahre zwischen dem Aufenthalt in Tansonville und dem Krieg, indem er seinen Romanhelden in ein Sanatorium steckt. Dieser kehrt 1916 kurz nach Paris zurück. Wie er es schon bei der Dreyfus-Affäre getan hat, nimmt Proust den Krieg zum Anlaß,gesellschaftliche und individuelle Verhaltensmuster zu beschreiben und zu analysiern. Das Kriegsgeschehen ist zwar durchaus präsent, aber immer nur als Vorwand oder als Hintergrund. Madame Verdurin und Madame Bontemps avancieren zu gesellschaftlichen Größen. Im Salon Verdurin, wo man früher den Protagonisten der Dreyfus-Affäre begegnen oder Morel zuhören konnte, orientiert man sich jetzt aus erster Hand über das Geschehen an der Front und in den Ministerien. Wie sich die einzelnen Personen im Ernstfall verhalten, zeigt Proust auch in einem eingeschobenen Rückblick auf einen ersten kurzen Aufenthalt Marcels in Paris bei Kriegsausbruch 1914. Saint-Loup verbirgt seinen Patriotismus, tut aber heimlich alles, um an die Front geschickt zu werden; in der Gewißheit, wegen seiner Kurzsichtigkeit nicht eingezogen zu werden, posaunt Bloch seinen Patriotismus aus – bis er dann doch eingezogen wird; der Hoteldirektor von Balbec wird als gebürtiger Deutscher in ein Lager

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