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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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Abendbrot im Winnebago, schlendern wir zum Clubhaus zurück. Hank hat angedeutet, dass er möglicherweise etwas über Tony McKay weiß und unter Umständern sogar bereit wäre, uns diese Informationen zukommen zu lassen. Zu welchen Konditionen ist nicht klar.
    Im Clubhaus ist um diese Uhrzeit richtig was los und wir können das Gejuchze schon aus einiger Entfernung hören. Das Leben im Cloud 9 Retirement Village scheint eine einzige Party zu sein. Wir treten in eine nahezu solide Wolke aus süßlichem Rauch, durch die wir schemenhaft fünf Leute um einen Tisch herum sitzen und Karten spielen sehen. Sie befinden sich in verschiedenen Stadien der Entkleidung. Hank ist einer der Kartenspieler, sowie zwei Damen aus Dougs Entourage, ein schwarzhaarig gefärbter alter Mann mit Stirntolle, den die anderen Aaron nennen und ein sehr großer dünner Mann mit einem nervösen Tick am rechten Auge. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob sie eine Art Strip-Poker spielen. Genau überlegt, möchte ich die eigentlich lieber nicht nackt sehen. Hank legt den Herz-Buben auf den Tisch und sagt, ‘The cactus has spines.’ - ‘Der Kaktus hat Stacheln.’
    Die anderen Spieler atmen zischend ein und eine der Damen zieht einen ihrer schwarzen Netzstrümpfe aus. Einige der Umstehenden applaudieren. Die Dame links von Hank zieht die Karo-Neun und sagt, ‘Jimmy Hoffa’. Pfiffe aus dem Publikum, der lange dünne Mann entledigt sich seines T-Shirts und entblößt eine haarige, runzelige Brust.
    Britta und ich werfen uns fragende Blicke zu - keine Ahnung, was hier abgeht. Rosa dreht sich zu uns um und flüstert, ‘Der, der aussieht wie ein achtzigjähriger Elvis Presley, zieht gleich die Pik-Dame,’ und siehe, er legt die Pik-Dame auf den Stapel, macht eine Kunstpause und sagt, ‘Caught in a trap.’ - ‘In der Falle.’
    Tosender Beifall ertönt vom Publikum, der Mensch steht auf und macht einen etwas unbeholfenen Hüftschwung, wobei er ausrutscht und sich mit Mühe am Tisch festhalten kann. Die anderen Mitspieler falten ihre Karten in Frustration und legen jede/r ein Kleidungsstück ab. Die beiden Damen haben nurmehr ein Unterkleid und jeweils einen Netzstrumpf an (schwarz beziehungsweise rot), Hank sitzt in grünen Boxershirts und schwarzen Kniestrümpfen am Tisch und der lange Dünne in einem String-Tanga.
    Britta tippt mich an und sagt, ‘Du, ich glaube die spielen eine Kombination aus Calvin-Ball und Strip-Poker.’
    Ich fürchte, sie hat Recht. Ich vergleiche die Szene hier mit dem, was ich in dem einzigen Seniorenheim in H. gesehen habe, in dem meine Oma lebt. Verglichen mit dem tristen Alltag der Senioren dort, wirken diese hier wesentlich aktiver und lebensfroher. Vielleicht sollte man der Landesregierung mal vorschlagen, das Gebäck, das zur Kaffeezeit gereicht wird, mit stimmungsaufhellenden Substanzen anzureichern.
    Rosa dreht sich zu uns um, hält ihre ausgestreckte Hand mit den Fingern in Richtung ihres Halses und bewegt die Hand schnell hin und her, das Zeichen, dass wir lieber die Biege machen sollten, denn wenn wir auch gehofft hatten, dass das Spiel vielleicht an diesem Punkt ein Ende finden würde, so hat die Jimmy Hoffa-Dame neu gemischt und ist gerade am Austeilen. Ich glaube keiner von uns möchte gerne das Ende dieser Runde erleben.
    Wir treten vor das Club-Haus, das eigentlich nichts anderes als ein besserer Schuppen ist. In dem Swimming-Pool mit dem grünen Wasser steht ein dicker Mann im Bademantel und einer Tüte in der Hand. Wir gehen näher. Er gibt seltsam schnalzende Geräusche von sich und greift immer wieder in die Tüte, um den Inhalt im Wasser zu verstreuen. Eine Entenfamilie kommt und beginnt um ihn herum zu schwimmen, während er ‘Alle meine Entchen’ mit einem dicken, englischen Akzent singt. Er dreht sich zu uns um, grinst glücklich und sagt, ‘All my ducklings, swimming in the pond!’
    Dann wendet er sich wieder seinen Babys zu und singt für sie.
    Ein Haufen Irrer. Verglichen mit den Irren in Texas allerdings, wirken diese hier vergleichsweise harmlos, sind also nur untereinander, oder viel mehr miteinander, irre und ziehen Außenstehende nicht in ihre Paranoia hinein.
    Doug kommt zu uns nach draußen und sagt, ‘They’re passing round the cactus now - you want to join us?’
    Wir gucken uns fragend an. Vielleicht ist das ja ein abgefahrener Kaktus-Kult hier und die versammeln sich alle um Mitternacht um dem Über-Kaktus in der nächsten Dimension zu huldigen. Daher auch die ganzen

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