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Auf der Suche nach Tony McKay

Auf der Suche nach Tony McKay

Titel: Auf der Suche nach Tony McKay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yt Genthe
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Kakteen-Kolonien in den Vorgärten. Vor meinem geistigen Auge stehen die alle im Kreis und ein kleiner runder Kaktus im Tontopf wird von Hand zu Hand gereicht, während die sich mit halb-geschlossenen Augen im Takt zu irgendeinem Sing-Sang wiegen.
    Wir treten ein. Die Leute sitzen verstreut im Raum herum an Tischen, die Calvin-Ball-Spieler zum Glück wieder einigermaßen bekleidet, und unterhalten sich, während zwei Damen mit Tabletts auf denen kleine gummiartige Scheibchen liegen, von Tisch zu Tisch gehen. Leute bedienen sich, stecken den Kram in den Mund und fangen an, darauf herum zu kauen. Eine der Frauen tritt lächelnd zu uns und bietet uns auch davon an. Heiko zuckt mit den Schultern und noch bevor wir ihn stoppen können, hat er sich eine Handvoll vom Tablett genommen und in den Mund gesteckt. Er kaut und verzieht das Gesicht.
    ‘Igitt, widerlich,’ sagt er, kaut aber weiter, wohl um die Leute hier in ihrer Gastfreundschaft nicht zu beleidigen.
    ‘Du, weißt du überhaupt, was du da gerade isst?’ fragt Rosa ihn.
    Heiko guckt sie fragend an, kaut aber mit angewidertem Gesicht weiter und schluckt dann alles hinunter.
    ‘Ich denke, das ist eine Art von Gelee-Gebäck. Ich muss mal was hinterher trinken, um den Geschmack los zu werden,’ sagt er und macht sich auf die Suche nach etwas Trinkbarem.
    Rosa schüttelt den Kopf.
    ‘Was war das denn für ein Zeugs?’ fragt Britta.
    ‘Na, wenn mich nicht alles täuscht, dann war das Peyote, ein Kaktus, der hier in der Wüste wächst und Meskalin enthält. Das Zeug hat ungefähr die gleiche Wirkung wie LSD, vielleicht noch ein bisschen härter.’
    Wir gucken zu Heiko hinüber, der gerade versucht, den Kaktusgeschmack mit Bier wegzuspülen.
     
    Heiko hängt über der nicht besonders sauberen Toilette des Clubhaus-Schuppens und kotzt. Ich hocke neben ihm mit einer Rolle Küchenpapier. Als es ihm für einen Moment besser geht sagt er,
    ‘Oh Gott, lass mich sterben...’ bevor er weiter kotzt. Britta und Rosa kommen herein.
    ‘Besser?’ fragt Rosa.
    ‘Nicht wirklich,’ sage ich.
    ‘Wie geht’s denn den anderen, sind die auch alle am Kotzen?’ will ich wissen.
    ‘Nee, eigentlich nicht,’ antwortet Britta, ‘vielleicht sind die den Kram schon gewohnt.’
    Wir helfen Heiko hoch und setzen ihn auf einen klapprigen Stuhl. Er lehnt sich gegen die Wand und schließt die Augen.
    ‘Komm,’ sage ich, ‘wir bringen dich zurück zum Winnebago und du legst dich erstmal hin und schläfst, vielleicht geht es hinterher dann besser.’
    Er hat seine Augen immer noch geschlossen und wimmert. Wir helfen ihm vorsichtig hoch und führen ihn aus dem Clubhaus heraus. Draußen ist es mittlerweile etwas gräulich geworden, die Sonne wird in Kürze aufgehen. Die anderen Kaktusesser sind auch auf den Beinen und gehen auf einem schmalen Trampelpfad zwischen den Wohnwagen hindurch zu einer Pforte in dem Zaun, der das Gelände umsäumt. Ob durch die frische Luft hier draußen oder aber weil die Wirkung langsam nachlässt, Heikos Lebensgeister scheinen zurück zu kehren. Er guckt mich mit großen Augen an, breitet seine Arme aus und beginnt, sie auf und ab zu bewegen. Wie automatisch löst er sich von uns und folgt den anderen auf dem Pfad.
    ‘Wir sollten besser bei ihm bleiben und ihn im Auge behalten,’ sage ich, also schließen wir uns dem Zug an. Durch die Pforte treten wir in ein ödes Feld und folgen einem kleinen Weg, der sich zwischen Steinen, Säulenkakteen und trockenen Büschen hindurch schlängelt und direkt in die Wüste führt. Hank führt den kleinen Zug an, gefolgt von Doug und seinem Damenklub. Viele der Pensionäre kichern, einige singen leise vor sich hin und immer mal wieder fängt jemand an, mit den Armen zu wedeln, wohl in dem Versuch zu fliegen.
    Nach einer ganzen Weile kommen wir zu einem Platz auf dem viele große Steine in einer Art Kreis stehen. Leute setzen sich. Der Dicke, der die Enten gefüttert und besungen hat, summt mit geschlossenen Augen vor sich hin. Da wird im Osten plötzlich eine rote Verfärbung am Himmel sichtbar, die Sonne beginnt aufzugehen. Heiko steht auf.
    ‘Ohhh, die Farben, Rosa, das ist wie flüssiges Gold,’ sagt er.
    Auch Hank ist jetzt auf den Beinen, etwas wackelig zwar, und starrt in Richtung der aufgehenden Sonne.
    ‘Feel the power of the sun,’ sagt er, ‘the sun feeds the cactus and the cactus brings us the light...’ Nicht sicher, ob die Kaktusesserei wirklich zur Erleuchtung führt.  
    ‘Ich seh jetzt alles

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