Auf der Suche nach Tony McKay
der Lehrer auf Klassenfahrt, der die Anstandsdame für seine Schüler spielt.
Vor uns liegt der Hyde Park, der zu einer kleinen Detour einlädt. Wir spazieren am südlichen Ufer der Serpentine entlang bis zur Brücke, die wie ein Gürtel das Gewässer in der Mitte zusammendrückt. Der Vollmond spiegelt sich auf dem Wasser. Es sind außer uns kaum Menschen unterwegs, im Hintergrund hören wir die Geräusche der Großstadt.
‘So ähnlich stelle ich mir den Central Park vor,’ sagt Heiko, ’in Gedanken war ich da schon oft, und dann war das immer ein bisschen so wie jetzt hier.’
‘Mit Maggie und mir im Arm,’ sagt Rosa.
Heiko und ich müssen lachen.
Piotrek steht neben uns mit der rot-weiß-blauen Reisetasche und summt eine kleine Melodie. Er scheint in Gedanken versunken. Etwas abseits ans Geländer gelehnt stehen Britta und Staszek eng umschlungen, bei diesem Licht nicht auszumachen wo die eine aufhört und der andere anfängt. Britta kichert leise.
Piotrek guckt sich um und sieht die beiden. Er seufzt und nickt lächelnd, dann guckt er zu uns.
‘Ist schön die junge Leute zu sehen so glücklich. Freut mich auch besonders für die Staszek. Der hatte Freundin in Polen, ganz hübsche Mädchen, aber die hat sich gefunden ein Amerikaner im Internet und ist gegangen nach Amerika den zu heiraten. Die wollte Mann mit viel Geld und große Auto. Arme Staszek war ganz traurig. Und dann ist gekommen mit mich nach England, um auch zu verdienen bisschen mehr Geld.’
‘Und wir freuen uns für Britta. Die hatte nämlich auch einen Freund, aber der hat sie sitzen lassen und ihr Geld mitgenommen,’ sage ich.
‘Nein, wirklich? Hat von sie geklaut?’ fragt Piotrek empört.
‘Ja, der hat ihr die halbe Wohnung ausgeräumt und ist dann abgehauen.’
‘Gearbeitet hat der auch nicht,’ sagt Heiko, ‘Britta musste immer für den bezahlen.’
Piotrek schüttelt den Kopf. ‘Also so ist der Staszek nicht, würde nie Geld nehmen von Frau. Ist ganz ehrliche Mann.’
Wie schön für Britta, denn die hat nach ihrem Pech zur Abwechslung mal einen Netten verdient. Wir schlendern langsam weiter, über die Brücke und am anderen Ufer wieder zurück. Die Geräusche der Stadt werden lauter. An der Park Lane gehen wir links hoch zum Dorchester.
Dort angekommen, trägt Piotrek in Begleitung von Fräulein von Waldenegg die Tasche mit den Kaffeebohnen zum Lieferanteneingang. Wir anderen warten an der Strasse.
Während wir dort so stehen, tritt ein großer, blonder Mann mit einem Mops auf dem Arm aus dem Hotel auf die Straße, der Wagenmeister zieht seinen Hut und winkt einer schwarzen Limousine.
‘Ist das nicht...?’ fragt Heiko mich.
‘Ja,’ sage ich, ‘Thomas Mustermann.’
Thomas hat immer noch ein etwas verschwollenes Gesicht und trägt eine große Sonnenbrille, wahrscheinlich, um sein Veilchen zu verdecken. Tina und er sind wie auch bei unserer ersten Begegnung im Partnerlook, diesmal aber nicht im Schottenmuster, sondern mehr Armani.
Thomas Mustermanns Blick fällt auf Heiko und mich. Er öffnet den Mund, es kommt aber kein Laut heraus. Sein Wagen fährt vor, bereit für ihn zum Einstieg. Der Wagenmeister tritt an ihn heran und spricht ihn an, aber Thomas steht nur da, bewegt sich nicht und starrt weiter zu Heiko hinüber.
‘Günther?’ ruft er in unsere Richtung.
‘Antworte bloß nicht, sonst haben wir den wieder die ganze Nacht am Hals,’ zische ich Heiko zu.
Der Wagenmeister geleitet Thomas Mustermann nun vorsichtig zu seinem Auto. Der starrt immer noch Heiko an, steigt dann aber ein. Das Auto fährt an. Als es auf unserer Höhe ist, summt das Fenster nach unten und Thomas lehnt sich hinaus.
‘I’ve missed you, Günther,’ sagt er traurig als das Auto an uns vorbei rollt.
Heiko guckt mich betreten an. Ihn und Tina auszusetzen war für alle Beteiligten eine traumatische Erfahrung - jetzt auch noch so zu tun, als ob wir ihn nicht kennen, macht den Verrat nur noch schlimmer. Ich klopfe Heiko auf die Schulter.
‘Der wird schon in Ordnung sein, sieht auf jeden Fall so aus, als ob er ein gutes Zuhause gefunden hat,’ sage ich zu ihm. Heiko nickt.
Kurze Zeit später sind Rosa und Piotrek, die rot-weiß-blaue Reisetasche sauber gefaltet unter seinen Arm geklemmt, wieder da. Wir betreten die beeindruckende Empfangshalle des Dorchester. Rosa marschiert direkt zur Rezeption und kommt prompt mit einem Umschlag voller Geld zurück.
‘Und jetzt zum gemütlichen Teil des Abends!’ sagt sie.
Wir
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