Auf der Suche nach Zach (German Edition)
kompetent zu sein; ein Mann von kleiner Statur mit einem Busch aus braunem Haar, der auf seinem Kopf empor stand, zu dick, um flach zu liegen. „Ich habe mit Zach gearbeitet, seit er vor fünf Tagen hier eingeliefert wurde. Der Großteil der Arbeit war, ihn erst mal dazu zu kriegen, sich zu entspannen. Er hat die ersten zwei Tage in der Fötusposition gelegen, er war außer sich vor Angst. Aber in den letzten Tagen hat er enorme Verbesserung gezeigt.”
„Sie sind der Psychologe?”
„Psychiater, ja. Ich bin Spezialist für Trauma-Opfer. Dr. McKinnon ist der Doktor der Zachs physischen Zustand behandelt. Zach ist in schlechter Verfassung, zum größten Teil aufgrund schwerer Unterernährung. Zur Zeit sind wir viel mehr besorgt um seine psychologische Konstitution. Sie werden Dr. McKinnon später am Nachmittag treffen.”
„Wann können wir meinen Sohn sehen?” fragte Jane besorgt.
Duffey lächelte sie an. „Bald”, sagte er beruhigend. „Aber ich muss ihnen ein paar Dinge sagen, die Sie wissen sollten, bevor Sie hineingehen. Um Sie vorzubereiten.”
„Uns auf was vorzubereiten?” drängte Richard.
Der Doktor rieb sich die Stirn. „Sie haben Ihnen gar nichts über ihn erzählt, nicht wahr?”
„Sie haben immer wieder gesagt, wir sollten warten, bis wir mit ihnen reden können. Was ist mit Zach passiert?”
„Außer, dass er sehr ausgemergelt ist durch Unterernährung, ist er schwer traumatisiert und nonverbal.”
„Was meinen Sie mit 'nonverbal'?” fragte Jane.
„Er spricht nicht.”
„Wir wissen, was 'nonverbal' heißt”, sagte Richard ungeduldig, „aber was heißt das in Zachs Fall? Ist etwas mit seiner Kehle passiert? Ignoriert er Sie, wenn Sie mit ihm reden? Gibt er seltsame Laute von sich? Gibt er überhaupt irgendwelche Laute von sich?”
„Er bellt.”
Es wurde still in dem kleinen Warteraum, dann sagte Richard ruhig: „Was, zum Teufel, meinen Sie mit, 'er bellt'?”
„Er bellt. Er winselt, manchmal wimmert er. Er verhält sich, als ob er ein Hund sei.” Dr. Duffy schüttelte den Kopf. „Von dem, was der Lieutenant, der ihn hergebracht hat, erzählte, entnehme ich, dass er in den letzten fünf Jahren wie ein Hund behandelt wurde. Er wurde in einem Käfig gehalten, hatte ein Halsband um, gefüttert wurde er mit Essensresten, gelegentlich wurde er an der Leine geführt – allerdings nicht oft. Seine Beinmuskeln sind verkümmert und er wird lange Zeit Physiotherapie benötigen, ehe er mehr als ein paar Schritte ohne Stütze gehen kann.”
„Oh mein Gott”, sagte Jane, die Hand vorm Mund. Richard murmelte: „Himmel.”
„Es wird noch schlimmer”, warnte Duffy. Die beiden sahen ihn an. „Ich schlage vor, Sie beide setzen sich hin.”
„Mein Gott”, wiederholte Richard, aber sie gehorchten. Er griff nach Janes Hand und hielt sie fest umschlungen.
„Er wurde vergewaltigt, nicht wahr?” fragte Jane. Richard blinzelte und schaute sie an. Sie schaute zurück und sagte einfach, „Er ist schön, Richard. Natürlich würde jemand ihn auf diese Art verletzen. Böse Menschen wollen immer Schönheit zerstören – sie verstehen sie nicht.”
„Ja. Physische Anzeichen deuten darauf hin, dass er über lange Zeit sexuell missbraucht wurde. Er hat Narben, sowohl in der Genital- als auch der Analgegend. Allerdings deutet nichts auf bleibende Schäden hin. Keine Zeichen von Geschlechtskrankheiten. Sobald er genesen ist, sollte alles wieder normal funktionieren.”
Richard schnaubte. „ Aber es ist doch die Genesung, die hier in Frage steht, nicht wahr? Wie erholt man sich von so etwas?”
„Sehr langsam, befürchte ich.” Dr. Duffy schüttelte den Kopf. „Die Tatsache, dass er nach fünf Tagen in Behandlung noch nicht spricht, ist kein gutes Zeichen. Ich hoffe, dass jetzt, wo Sie da sind, sich seine Verfassung erheblich verbessern wird.”
„Das bezweifle ich”, sagte Richard bissig. Er stand auf und ging ein paar Schritte weg. Er starrte aus dem Fenster, so wie er es in dem Konferenzraum getan hatte, in dem Vorort von Colorado Springs. Der Ausblick hier war weniger erhebend – nur der Krankenhaus Parkplatz.
„Richard”, flüsterte Jane.
„Nun, Jenny, es stimmt doch. Er hat keinen Grund, uns zu lieben. Er war zum ersten Mal in seinem Leben verliebt und wie sind wir damit umgegangen? Wir haben ihn in ein Flugzeug gesteckt und ihn alleine in die Hände dieser Bastarde geschickt, die ihn vergewaltigt und zerstört haben – alles nur, um ihn von jemandem
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