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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Es wunderte mich nun doch, dass sich die Lenkstange einfach so gelöst hatte, ich hatte das Rad doch gerade erst überholt und alle Teile gecheckt. So unangenehm es war, im Meer zu landen, es hätte noch viel schlimmer ausgehen können. Wäre ich zum Beispiel in meinem üblichen Tempo durch eine scharfe Kurve gerast … Ich trug ja nicht mal einen Helm.
    Hatte mir jemand einen Streich gespielt? Mein Fahrrad war schon öfter ramponiert worden, immer wieder hatte man mir die Ventile geklaut, einmal sogar die Reifen aufgeschlitzt. Das alte, leuchtend grün lackierte Herrenrad war eine echte Persönlichkeit, auf der ganzen Welt gab es kein zweites, das so aussah, ich mochte es nicht missen. Vielleicht hatte mein auffälliges Gefährt jemanden irritiert? Oder war ich es, die jemandem auf die Nerven ging?
    Klapperten meine Zähne auf den letzten Metern zum Haus nur vor Kälte? Ich zog die nassen Klamotten aus, ließ sie im Ankleideraum auf den Fußboden fallen und duschte zehn Minuten lang, so heiß es nur ging.
    Als ich endlich, in einen dicken Bademantel gehüllt, ins Wohnzimmer kam, sah Antti mich besorgt an.
    »Was ist passiert?«
    »Ich bin mit dem Fahrrad im Meer gelandet. Möchtest du einen Tee?« Ich gab mir große Mühe, ruhig zu sprechen, obwohl die Angst allmählich Überhand nahm. Dass wir uns am frühen Abend gestritten hatten, spielte keine Rolle mehr, ich war heilfroh über Anttis Anwesenheit.
    »Wie? Wo?«
    »An der Mole von Toppelund, ausgerechnet auf der Brücke ist mir die Lenkstange abgegangen.«
    »Einfach so? Wir haben das Rad doch gerade erst gründlich überholt!«
    »Wahrscheinlich hat mir jemand einen Streich spielen wollen.« Antti ließ sich von meinem gewollt munteren Ton nicht täuschen.
    »Du Arme, du musst einen furchtbaren Schreck gekriegt haben!« Er zog mich an sich. »Deine Nase ist ganz kalt. Zieh dir Wollsocken an, damit du dich nicht erkältest! Ich hol die Vitamintabletten.«
    Seine Fürsorglichkeit rührte mich zu Tränen. Der Tag war viel zu lang gewesen, und ich hatte Angst. Wer hatte an meinem Rad herumgepfuscht? Antti streichelte mir über die Haare, und Einstein schubberte mitfühlend gegen meine Knöchel. Mochte draußen ein Mörder herumlaufen, ich wurde von einem Mann und einer großen Katze beschützt.

Acht
Schwarz glänzende Nacht
    Ich saß an der Mole und schaute über das Meer. Plötzlich ragten Arme aus dem Wasser, von Algen und grünem Schleim bedeckt, und wollten mich in die Tiefe ziehen. Unter dem Wasserspiegel sah ich Sannas grünes Gesicht und ihren schuppigen Körper, der in einem Seejungfrauenschwanz endete. Sie war gekommen, um mich zu holen …
    Ich schrak auf, als Einstein, den mein Gestrampel störte, vom Bett sprang und das Radio umstieß. Es war fünf Uhr früh, draußen lärmten die Vögel. Ich zog das Kissen über den Kopf, schmiegte mich enger an Anttis Rücken und fiel für ein paar Stunden in unruhigen Schlaf. Nach dem Frühstück inspizierten wir mein Fahrrad supergründlich, ohne eine natürliche Erklärung dafür zu finden, dass die Lenkstange sich gelöst hatte. Nun wurde auch Antti nachdenklich.
    »Vielleicht hat sich jemand über deinen originellen grünen Drahtesel geärgert. Trotzdem, ich kann mir kaum jemanden vorstellen, der mit einem Schraubenschlüssel in der Hand durch die Gegend läuft und Lenker losschraubt. Hast du etwa heimliche Feinde?«, fragte er nur halb im Scherz.
    Ich wurde wieder nervös. Hatte mir jemand Schaden zufügen wollen? Wer? Annamari war während meines Besuchs draußen am Schuppen gewesen. Kannte sie sich gut genug mit Fahrrädern aus, um an den richtigen Schrauben zu drehen? Dann dachte ich an all die Stellen, wo mein Rad in den letzten Tagen gestanden hatte, und war so klug wie zuvor.
    »Bist du sicher, dass dein Unfall nichts mit Armis Tod zu tun hat?«, fragte Antti noch, als ich abfahrbereit auf dem Hof stand. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, und um nicht lügen zu müssen, fuhr ich wortlos davon, zur Kanzlei.
    Es war kühler als in den letzten Tagen, über dem Meer lag Nebel, und auf dem Uferweg führten weniger Leute ihre Hunde aus als sonst. Ich fuhr langsamer als gewöhnlich, weil mein Knie noch ziemlich wehtat.
    Kurz nach zwölf besuchte ich Kimmo und bekam einen Wutanfall, als ich hörte, dass Pertsa ihn ohne Rechtsbeistand zwei Stunden lang vernommen hatte. Wäre Ström noch auf dem Präsidium gewesen, hätte ich ihn zur Schnecke gemacht. Ich riet Kimmo, Beschwerde einzulegen und die

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