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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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aber ich hatte das Gefühl, mir Mut antrinken zu müssen.
    »Wenn du unter Mordverdacht stündest, würdest du dann wollen, dass ich dein ganzes Leben offen lege, um deine Unschuld zu beweisen?«, fragte Antti plötzlich.
    »Ich hab keine dunklen Geheimnisse. Warum fällt es dir eigentlich so schwer, zu akzeptieren, was ich tue?«
    »Ich weiß nicht … Vielleicht bin ich ein winziges bisschen eifersüchtig … Warum machst du dir so viel Umstände wegen Kimmo?«
    Beinahe hätte ich laut losgelacht. Was ich für Kimmo empfand, war höchstens schwesterliche Zuneigung. »Für dich würde ich mir fünfzehnmal mehr Umstände machen«, beruhigte ich Antti. »Außerdem will ich einfach die Wahrheit rausfinden. Hinter dieser Geschichte steckt garantiert mehr, als es den Anschein hat.« Ich dachte an das, was Minna über Sannas Tod gesagt hatte. Darüber wollte ich allerdings vorläufig noch nicht sprechen, nicht einmal mit Antti.
    Er begleitete mich zur Bushaltestelle. Meine Monatskarte hatte ich nirgends finden können, offenbar hatte ich sie gestern bei meinem Sturz verloren. Ärgerlich, sie war nämlich noch zwei Wochen gültig. Ich stieg beim alternativen Jugendzentrum Lepakko aus, und obwohl ich auf dem Weg ins Industriegebiet Ruoholahti nur zwei Menschen traf, hatte ich das Gefühl, pausenlos angestarrt zu werden.
    Ich musste eine ganze Weile auf meinen Pfennigabsätzen durch das verlassene Areal staksen, bevor ich die richtige Lagerhalle fand. Alle diese Gebäude sollten bald abgerissen werden, um einem neuen Wohnviertel Platz zu machen. Aus der Halle dröhnte Techno, am Eingang stand ein glatzköpfiger Bursche im dicken Lederoverall. Ich freute mich auf den Abend, seit ewigen Zeiten hatte ich keine wilde Fete mehr mitgemacht.
    Drinnen sah es toll aus: Die beiden ineinander übergehenden alten Lagerhallen wurden nur von einigen Lampen und Dutzenden Kerzen beleuchtet. Vereinzelte Tische, kaum Stühle, weiter hinten eine Bartheke und eine Bühne, auf der die merkwürdigsten Gerätschaften lagen. Die Musik wechselte, jetzt war Abba dran, mit »Gimme Gimme«. Bei einem jungen Mädchen in Glitzerperücke und schwarzem Samt kaufte ich eine Eintrittskarte.
    »Weißt du, ob der Engel schon da ist?«, fragte ich sie.
    »Da drüben an der Bar, die mit den langen Haaren.«
    Im vorderen Raum liefen zwei Videos, eins von Madonna und ein amateurhaftes Sexvideo. Ich stöckelte in den hinteren Raum. Überraschend viele Männer waren in normaler Alltagskleidung erschienen, ich spürte ihre Blicke. Nie zuvor hatte ich mich so eindeutig als Sexobjekt gefühlt.
    Die Engelsfrau war tatsächlich die mit den längsten Haaren. Ich hatte diesen Blondschopf schon öfter gesehen, an der Uni, irgendwann auch mal beim Aerobic. Die goldblonden, leicht gewellten Haare fielen in dichten Kaskaden über den Rücken hinab bis zu den Oberschenkeln.
    Auch sonst machte Engel ihrem Namen alle Ehre. Ihr Gesicht hätte auf ein Renaissancegemälde gepasst, und sie war klug genug, es nicht mit zu viel Make-up zu übertünchen. Die Kleidung bildete einen faszinierenden Kontrast zum Gesicht: Sie trug ein hautenges schwarzes Latexkleid, das in Kniehöhe aufsprang und in einen breiten, bodenlangen Seejungfernschwanz überging. Es hatte lange Ärmel und einen weiten Ausschnitt, der die strahlend helle Haut zur Geltung brachte. Wahrhaftig ein Engel, von dem garantiert viele träumten.
    »Du bist sicher Engel, also Elina. Ich bin die Maria, die wegen Kimmo Hänninen angerufen hat.«
    »Ah ja, grüß dich. Hol dir was zu trinken, dann verziehen wir uns ein bisschen in den Hintergrund und reden.«
    Also erstand ich an der Bar eine Halbliterflasche Weißwein, ersparte mir das umständliche Hantieren mit dem Glas und nahm den ersten beruhigenden Schluck direkt aus der Flasche.
    Ich bat Engel um die Erlaubnis, unser Gespräch aufzunehmen, mit dem praktischen kleinen Diktaphon, das ich mir in meiner Zeit bei der Polizei gekauft hatte und mit dem ich mir vorkam wie Dale Cooper in Twin Peaks. Die ganze Situation war unwirklich, ich musste mir Mühe geben, nicht mit offenem Mund die Leute anzustarren, die in den unglaublichsten Kreationen in die Lagerhalle strömten. Die Schwaden, die von Zeit zu Zeit aus dem Nebelwerfer quollen, verstärkten den irrealen Eindruck ebenso wie die Musik, die nach Klaus Nomi klang.
    Ich fragte Engel nach der Tätigkeit des Clubs. Es schien sich um einen ganz normalen Verein zu handeln, wo mancher seinem Hobby nachging, nur dass das Hobby ein

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