Auf die feine Art
schafften wir es, den Kerl festzuhalten, bis der Streifenwagen eintraf.
»Und wer seid ihr?«, fragte der Streifenbeamte, nachdem der Messerheld abgeführt worden war.
»Hauptmeister Pekka Koivu und Maria Kallio, Oberhauptmeister a. D.«, antwortete Koivu. »Ich bin beim Gewaltdezernat in Fasila, du erreichst mich über die Zentrale, wenn du noch irgendwelche Angaben brauchst.«
»Und ihr seid dazwischengegangen, obwohl ihr nicht im Dienst seid?«, wunderte sich der Streifenpolizist. Offenbar war ihm das a. D. hinter meinem Namen entgangen.
»Hätten wir etwa zugucken sollen, wenn einer abgestochen wird?«, gab ich leicht nervös zurück. Ich war ja eigentlich gar nicht berechtigt, einzugreifen; mit meiner Kündigung im letzten Herbst hatte ich auch meine polizeilichen Befugnisse aufgegeben.
Mürrisch bedankte sich der Uniformierte. Wir setzten uns wieder an unseren Tisch.
»He, Koivu und Dings oder wie ihr nun heißt! Für den Rest des Abends seid ihr meine Gäste«, rief der Wirt.
»Na dann, habt ihr Dom Perignon?«, witzelte ich. »Zur Not tut’s auch ein Guinness.« Koivu bestellte sich finnisches Bier. In meinen Adern kreiste noch reichlich Adrenalin, ich war überdreht. Wir frotzelten eine Weile mit den Kellnern, während die anderen Gäste uns anstarrten wie Sehenswürdigkeiten. Vielleicht hatten sie für die Polizei nicht viel übrig, vielleicht meinten sie, Polizisten dürften nicht aussehen wie normale Menschen und schon gar nicht gemütlich ein Bier trinken. Ich überlegte, ob wir das Lokal wechseln sollten, aber hier war es so schön billig, und das gab den Ausschlag.
»Auf erfolgreiche Zusammenarbeit.« Wir stießen an. »Weißt du was, Maria, ich wünschte, du wärst immer noch mein Partner. Warum bist du nicht mehr bei der Polizei? Du hast keine Angst, auf dich kann man sich verlassen.«
»Natürlich hab ich Angst, gerade eben hatte ich wahnsinnig Schiss, dass der Kerl Hackfleisch aus seinem Kumpel macht!«
»Na, wenigstens leidet deine Urteilsfähigkeit nicht darunter. Du weißt doch, wie es mit Saarinen oder Savukoski ist. Die kriegen in so einer Situation weiche Knie und sind zu gar nichts mehr fähig. Saarinen ist sowieso schon so klapprig, er kann kaum noch laufen. Mit deiner Ausbildung könntest du bei der Polizei übrigens ganz schön Karriere machen.«
»Wie kommst du denn jetzt darauf?« Ich war verwirrt. Zu viele hatten in den letzten paar Tagen meine Berufswahl kritisiert, angefangen bei Pertsa, auf dessen Meinung ich allerdings nicht viel gab. Jetzt fing Koivu auch noch damit an. Und ich musste zugeben, dass ich selbst gelegentlich …
»Du bist eine von den Besten, die ich bei der Polizei erlebt hab. Und es macht Spaß, mit dir zu arbeiten.« So hatte ich Koivu noch nie reden hören.
»Warst du auf einem von diesen amerikanischen Kursen, wo man den Leuten aufträgt, täglich einen Mitmenschen zu loben?« Er errötete und sah dabei richtig niedlich aus.
»Nee, aber wo wir doch jetzt beide nicht mehr solo sind, kann ich dich endlich loben. Früher hab ich mich nicht getraut, damit du nicht denkst, ich wollte mit dir anbändeln …«
Wir redeten noch eine Weile über unsere Pläne für den Sommer, und ich lud Koivu und Anita nach Tapiola ein. Obwohl wir gratis trinken durften, brachen wir zeitig auf. Ich war nach der kurzen Nacht im Zelt müde, und als der Adrenalinpegel absackte, überfielen mich heftige Kopfschmerzen.
Es war noch hell. Statt direkt zur Bushaltestelle zu gehen, machte ich einen Umweg über die Lapinlahdenkatu und spazierte von dort zum Friedhof Hietaniemi. Ich wollte Sannas Grab besuchen. Antti hatte gesagt, sie sei im Familiengrab der Hallmans, der Familie ihrer Mutter, im alten Teil des Friedhofs beigesetzt worden. Ich entdeckte zwei Grabsteine, die in Frage kamen, nur Sannas Name war nirgends zu sehen. Typisch, dachte ich wütend, nicht mal ein Grabstein soll die Hänninens an Sannas Existenz erinnern. Meine Kopfschmerzen wurden immer bohrender.
Als ich nach Hause kam, spielte Antti Klavier. Scarlattis Sonaten wirkten beruhigend, aber gegen das Kopfweh halfen sie nicht. Ich nahm zwei Tabletten, duschte und las dann die Strafregister von Ode Hakala und Sanna durch, die Koivu mir gegeben hatte. Sie enthielten nichts Überraschendes; Hakalas Register war allerdings noch länger, als ich erwartet hatte. Einige Drogendelikte, Diebstähle und tätliche Angriffe. Er hätte einen wunderbaren Tatverdächtigen abgegeben. Warum, zum Teufel, musste er im Knast
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