Auf die feine Art
ob sie von Ekis Verhältnis mit Sanna gewusst hatte, aber das brachte selbst ich nicht fertig. Außerdem sollte sie meinen Anruf so schnell wie möglich vergessen.
Hellströms Anrufbeantworter ließ mich wissen, dass der Herr Doktor ab zwölf Uhr anzutreffen sei. Also würde ich heute Mittag mit ihm reden, ob es ihm passte oder nicht. Die dumme Lüge, die ich Eila Henttonen aufgetischt hatte, ging mir immer noch im Kopf herum, aber ich versuchte trotzdem, mich auf meine anderen Fälle zu konzentrieren. Fast zwei Stunden lang vertiefte ich mich in die Feinheiten von Verleumdungsklagen. Ich hatte mir im Polizeidienst eine gewisse Schizophrenie antrainiert, weil ich dort ständig gezwungen war, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen. Jetzt kam mir diese Fähigkeit zugute: Während ich die einschlägigen Paragraphen durchlas, überlegte ich mir, was ich meinen Schwestern heute Abend vorsetzen würde – das Putzen wollte zum Glück Antti übernehmen.
Hellströms Praxisräume rochen nach Desinfektionsmittel. Die Putzfrau hatte Überstunden machen müssen, nachdem die Polizei Hellströms Praxis auf den Kopf gestellt hatte, um Informationen zu finden, die Licht auf Armis Tod warfen. Die Empfangsdame des Ärztezentrums sagte, vorläufig kümmere sie sich um die Terminreservierungen, während eine der Sprechstundenhilfen des Zentrums Dr. Hellström bei Bedarf assistiere.
»Eine furchtbare Geschichte, Erik ist um Jahre gealtert«, erklärte sie gerade, als Hellström hereinspazierte.
»Entschuldigen Sie, hätten Sie ein paar Minuten Zeit für mich?« Hellström nickte steif, zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich die Nase.
»Schon wieder schrecklich erkältet«, klagte er. »Ich weiß wirklich nicht, wo ich mir ständig diesen Schnupfen hole. Komm gleich mit in mein Zimmer.«
Wir gingen in ein typisches Gynäkologensprechzimmer. Ein Schreibtisch mit PC, ein Regal, zwei Stühle für Patienten, Waschbecken, Verbandstisch mit Zangen, Tupfern und Einmalhandschuhen, ein Wandschirm, hinter dem der entsetzliche Untersuchungsstuhl stand. Eigentlich absurd, dass sich die Patientinnen hinter einem Wandschirm auszogen, um sich anschließend mit entblößtem Unterleib auf den Stuhl zu legen. Ich setzte mich in einen der Patientensessel und erwartete fast, dass Hellström mich nach Menstruationsbeschwerden fragte. Aber diesmal war es an mir, die Fragen zu stellen.
»Ich möchte mit Ihnen über Sanna Hänninen sprechen. Sie war doch Ihre Patientin, wie ihre Mutter und Marja Laaksonen?«
»Du kannst mich ruhig duzen, Maria. Wir gehören doch beide irgendwie zur Familie, ich habe Antti schon als Dreikäsehoch gekannt.« Hellströms trotz Schnupfen charmantes Lächeln stürzte mich in Verwirrung. Ein Sonnenstrahl fiel auf seine Haare und wurde von den silbergrauen Strähnen reflektiert. Es sah fast aus wie ein Heiligenschein. »Ja, Sanna Hänninen war meine Klientin. Wieso?«
»Sie hat zweimal abgetrieben. Haben Sie … hast du eine Ahnung, wer der Vater dieser ungeborenen Kinder war beziehungsweise die Väter?«
»Informationen dieser Art kann ich selbst nach dem Tod der Klientin nicht herausgeben!«
»Es geht hier um einen Mord«, sagte ich aus alter Gewohnheit und begriff im selben Moment, dass ich nicht befugt war, die Herausgabe irgendwelcher Daten zu verlangen. Ich war eben nicht mehr bei der Polizei. »Ich meine, ich habe den Verdacht, dass auch Sanna Hänninen ermordet wurde, aber ich hänge mit meinem Verdacht in der Luft, solange ich keine Beweise habe. Ich brauche Hilfe.«
Vielleicht lag es am weißen Kittel oder an der väterlichen Miene, jedenfalls sprach ich offener mit Hellström als je zuvor.
»Sanna soll ermordet worden sein? Wieso denn?« Er gab sich Mühe, interessiert zu wirken. Wie er es als Frauenarzt gewohnt war.
»Vermutlich hatte sie ein Verhältnis mit jemandem, für den das gefährlich werden konnte. Mit einem verheirateten Mann. Hat sie jemals von einem solchen Verhältnis gesprochen?«
Jetzt sah Hellström völlig verwirrt aus.
»Mit einem verheirateten Mann? Aber Sanna war doch mit dem jungen Ruosteenoja befreundet. Der Vater des zweiten Kindes war ein gewisser Hakala, der vor anderthalb Jahren wegen einer Drogengeschichte ins Gefängnis musste. Sanna war auch irgendwie in die Sache verwickelt. Das erste Kind war von einem anderen Halunken. Natürlich habe ich ihr beide Male den Schein für den Abbruch ausgestellt. Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn sie die Kinder bekommen hätte,
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