Auf die feine Art
sitzen? In einem Krimi von Dorothy L. Sayers wäre es ihm gelungen, unbemerkt das Gefängnis zu verlassen, Sanna und später Armi zu ermorden und in seine Zelle zurückzuschlüpfen. Oder ein anderer säße an seiner Stelle im Gefängnis, und der wahre Ode würde mit blond gefärbtem Haar unter dem Namen Make Ruosteenoja sein Unwesen treiben …
Antti öffnete die Küchentür, als ich gerade dabei war, mir Kamillentee zu kochen.
»Teemu Laaksonen hat angerufen. Er kommt morgen nach Helsinki und könnte sich bei der Gelegenheit auch mit dir treffen. Wie geht’s Koivu?«
Antti sah mich besorgt an, als ich ihm von unserem unverhofften Einsatz erzählte.
»Du lebst ja gefährlicher als damals bei der Polizei!«
»Ich kann eben nicht aus meiner Haut. Ich bin darauf trainiert, in gefährlichen Situationen einzugreifen, ich kann mich nicht raushalten.«
»Ich will dich nicht verlieren, Maria. Kannst du nicht ein bisschen vorsichtiger sein, meinetwegen?« Antti schaute mich an, in seinen Augen lag noch die Wärme von heute Morgen, und ich mochte nicht streiten, sondern schmiegte mich an ihn wie ein zahmes Kätzchen.
»Ich geh morgen zum Professor und bringe ihm die nächsten zwei Kapitel der Dissertation«, sagte Antti nach einer Weile.
»Wenn er keine wesentlichen Beanstandungen hat, kann ich wahrscheinlich schon im November promovieren.«
»Gehst du dann nach Weihnachten an die Uni zurück?«
»Ich weiß nicht. Die Assistentenstelle könnte ich ja noch anderthalb Jahre haben, aber … Ursprünglich wollte ich ja nach der Promotion ins Ausland gehen, nach Amerika oder Dänemark. Darüber will ich auch mit dem Prof reden.«
»Wann wäre das denn? Gleich um die Jahreswende?« Obwohl mir der Kopf entsetzlich wehtat, wollte ich dem Thema nicht ausweichen.
»Ja, oder erst im nächsten Wintersemester … Das hängt auch von dir ab, Maria. Ich wollte gestern schon darüber sprechen, und heute Morgen auch, aber ich hatte Angst, uns die Stimmung zu verderben. Was tust du, wenn ich ins Ausland gehe? Kommst du mit? Oder wartest du auf mich? An einem Auslandssemester würde unsere Beziehung doch nicht zerbrechen, oder?«
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Bisher hatten wir in den Tag hineingelebt, eigentlich waren wir nur zusammengezogen, weil es sich gerade so ergeben hatte. Sicher, ich liebte Antti, aber wie fest wollte ich mich an ihn binden? Immer wieder bis morgen oder gleich für den Rest meines Lebens?
»Ich hab doch gerade den neuen Job angefangen, da will ich natürlich nicht gleich wieder kündigen«, sagte ich, ohne zu erwähnen, dass ich bald arbeitslos war, falls Eki tatsächlich zweimal gemordet hatte. »Irgendwann muss ich natürlich auch noch mein Referendariat machen. Ich kann nicht einfach so mit dir ins Ausland gehen. Und was meinst du mit Warten? Dass du dich in Amerika amüsierst, während ich hier rumsitze und hoffe, noch gut genug für dich zu sein, wenn du zurückkommst?«
»Dummkopf, so hab ich das nicht gemeint! Ich hab nur gedacht … Na, vielleicht lassen wir das heute lieber, wenn du so kratzbürstig bist.«
»’tschuldige. Ich hab Kopfschmerzen.«
Schweigend tranken wir unseren Tee. Ich versuchte, an etwas anderes zu denken.
»Wie gut kennst du diesen Teemu Laaksonen?«, fragte ich, als ich die erste Tasse geleert hatte.
»Ich bin ihm ein paar Mal begegnet. Wieso?«
»Was ist das für ein Typ?«
»Ein ganz normaler Mann. Nett und ruhig, wie Kimmo. Oder ich. Kein Mördertyp. Darauf willst du doch hinaus?«
»Ja, wahrscheinlich … Ich dachte nur, wenn er vielleicht doch Armi damals am Steuer gesehen hat … Aber das kann ja nicht sein, wenn sie gar keinen Führerschein hatte.«
»Wie kommst du denn darauf, dass Armi keinen Führerschein hatte? Klar hatte sie einen, ich bin selbst ein paar Mal mit ihr gefahren.«
Ich atmete tief durch und straffte die Schultern.
»Sag das nochmal! Warum hat Mallu dann behauptet, Armi könnte nicht Auto fahren?« Dumme Frage, um den Verdacht von sich abzulenken natürlich. Und ich Idiotin war nicht auf die Idee gekommen, ihre Behauptung nachzuprüfen!
Trotz Kamillentee und Tabletten wurde der Kopfschmerz immer schlimmer. Morgen gab es viel zu tun. Ich hatte das Gefühl, der Lösung ganz nah zu sein, obwohl noch vieles offen war.
»Schade, dass du für Verbrechen mehr Interesse aufbringst als für unsere Beziehung«, sagte Antti beleidigt und stand auf. »Um welche Zeit kommen deine Schwestern morgen?«
Um Himmels willen, Eeva und Helena
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