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Auf die feine Art

Auf die feine Art

Titel: Auf die feine Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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der anderen Seite des Hauses sah ich die halbe Sitzgruppe und den vereinsamten Fernseher. Sonst nichts. Ich rannte zum Schlafzimmerfenster. Es war höher als das Küchenfenster, ich musste halb auf das Fensterbrett klettern, um hineinschauen zu können.
    Mallu lag mit geschlossenen Augen schlaff auf dem Bett, umgeben von klassischen Merkmalen für Selbstmord: einer auf den Boden gerollten leeren Pillendose, einer halb vollen Weißweinflasche und einem Stück Papier.
    Ich lief zurück zum Wohnzimmerfenster, suchte einen geeigneten Stein und warf die untere Scheibe ein. Nachdem ich mit der Schuhspitze die größten Scherben beiseite geschoben hatte, kroch ich hinein.
    Ich schnappte mir das Telefon – zum Glück ein tragbares –, wählte den Notruf und hatte schon einen Blick auf die Pillendose geworfen und Mallus Puls gefühlt, bevor sich jemand meldete. Mallus Herz arbeitete noch, aber der Herzschlag hatte sich bereits verlangsamt, und sie atmete unregelmäßig. Vergeblich versuchte ich sie wachzurütteln.
    Um keine Fingerabdrücke zu verwischen, zog ich den Ärmel meiner Bluse über die Hand, bevor ich den Zettel aufhob. Mallu hatte eine winzige Handschrift, ihre Zeilen neigten sich jäh. Ich kann nicht mehr. Ich bin schuld an Armis Tod. Marja. Ich überlegte, ob es möglich wäre, den zweiten Satz herauszureißen, die Unterschrift aber stehen zu lassen. Nein, das ging nicht, also steckte ich den Zettel kurzerhand ein. Als die Sanitäter kamen, gab ich ihnen die Telefonnummer von Mallus Eltern und sagte, ich sei nur zufällig vorbeigekommen. Jetzt strömten auch die Nachbarn herbei und versprachen, wegen der eingeschlagenen Fensterscheibe den Hausmeister anzurufen.
    Als die Männer Mallu vorsichtig auf die Krankentrage legten, verließ ich die Wohnung. Mallus Nachricht brannte mir in der Tasche. Ich musste sie Pertsa übergeben. Oder doch nicht. Ich wollte immer noch nicht glauben, dass Mallu die Mörderin war.
    Ich sprang auf mein Fahrrad und fuhr ohne Ziel davon. Etwas Rotes, Klebriges tropfte auf meine hellbraune Sandale. Ich sah meine Hände an und entdeckte am linken Handgelenk einen blutenden Kratzer. Ich musste mich geschnitten haben, als ich in Mallus Wohnung eindrang.
    Mallu musste gewusst haben, dass eine angebrochene Schachtel leichter Beruhigungsmittel und eine halbe Flasche Weißwein nicht ausreichten, um sich das Leben zu nehmen. Was bezweckte sie? Was hatte ihre Nachricht zu bedeuten?
    Ich musste in aller Ruhe nachdenken. Instinktiv fuhr ich in Richtung Meer, zuerst unter dem Westring hindurch, am muschelförmigen Mehrzweckgebäude vorbei und schließlich auf einem grasbewachsenen Weg bis zur Mole.
    Antti hatte mir erzählt, dass er als Kind oft auf der Mole gesessen und sich vorgestellt hatte, er wäre ein Seeräuber auf der Fahrt zu neuen Abenteuern. Sannas Abenteuer dagegen hatten am Fuß der Mole geendet. Wie kalt und dunkel es gewesen sein musste, als sie starb! Es lag nicht einmal Schnee, der ein wenig Licht in die Märzlandschaft gebracht hätte. Im eiskalten Wasser war sie bestimmt sehr schnell ohnmächtig geworden, zumal sie betrunken war.
    Ich ging bis zur Mitte der Mole, fand eine kleine, geschützte Vertiefung, in der ich mich zum Nachdenken niederlassen konnte. Der rötliche Granitstein fühlte sich kühl an, das Moos, das aus einer Felsspalte drang und sich durch sein Grün vom Stein abhob, war weich wie Einsteins Fell. Auf dem Meer kreuzten ein paar Segelboote und ein einsamer Surfer.
    War Mallus Nachricht ein Geständnis oder ein Hinweis auf Teemu? Ich holte das Papier aus der Tasche, doch es verriet nicht mehr als die Worte, die darauf standen: Ich kann nicht mehr. Ich bin schuld an Armis Tod. Marja. Oder hatte jemand versucht, einen Selbstmord vorzutäuschen wie bei Sanna? Aber wer?
    Ich legte mein Gesicht an einen von bronzefarbenen Flechten gesprenkelten Stein und dachte nach. Wie in einem Kaleidoskop kreisten mir Bilder von vergangenen Ereignissen im Kopf herum. Die hoch gewachsene Gestalt im schwarzen Mantel, die mit Sanna an der Mole gewesen war. Sannas Liebhaber. Die Beruhigungsmittel. Der Herr Feind in Sannas Magisterarbeit. Der blonde Autofahrer, der Armis Tuch um den Hals trug. Der Würger, dem Armi ein Glas Saft angeboten hatte. Der Herrenclub bei Ristos Geburtstagsfeier, der über mich herzog. Die warnende Stimme am Telefon, eine Männerstimme, dessen war ich mir sicher.
    Männergesichter zogen vorbei: Kimmo, Risto, Make, Hellström, Eki, Teemu … Sylvia Plath’ Gedicht

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