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Auf die Ohren

Auf die Ohren

Titel: Auf die Ohren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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sein sollte. Und wenn du dir das jetzt nicht anhörst, werde ich verdammt sauer, denn ich habe dieses Lied nur für dich geschrieben.«
    Ich stehe wie festgefroren da und kann mich nicht bewegen. So fühlt man sich also als größter Trottel des Universums. Meine unvergleichlich wunderbare Freundin, das schönste Mädchen der Welt, mein schwarzer Engel hat einen Song für mich geschrieben – und ich Depp hatte nichts Besseres zu tun, als sie des Hochverrats zu bezichtigen. Dass ein einzelner Mensch so dumm sein kann, hätte ich nicht für möglich gehalten. Ich hätte ihr vertrauen müssen. Und Christopher natürlich auch. Aber ihr noch viel mehr, schließlich liebe ich sie. Stattdessen habe ich ihr und allen anderen den Auftritt verdorben, und zwar mehr als gründlich. Beschissener als ich fühlt sich jetzt gerade wahrscheinlich niemand auf der ganzen Welt.
    Jemand greift nach meinem Arm, eine Hand legt sich auf meinen Rücken und ich werde nach vorne in Richtung Bühne geschoben.
    »Sorry, ich hab’s auch eben erst erfahren«, zischt Lisa in mein Ohr. »Aber das konnte ja wohl keiner ahnen, oder?«
    Sie stellt mich direkt vor Clarissa ab und zieht sich dann ein paar Meter zurück, wie der Rest des Publikums.
    Mein schlechtes Gewissen möchte es zwar mit aller Gewalt verhindern, aber dann schaffe ich es doch noch, nach oben zu gucken.
    »Es … es tut mir so …«, stammele ich.
    »Scht«, sagt Clarissa und legt ihren Zeigefinger an die Lippen. »Zuhören, Danny. Einfach nur zuhören.«
    Sie nickt Christopher zu, das Licht geht aus, nur ein einzelner Scheinwerfer bleibt auf Clarissa gerichtet an.
    Christopher fängt an zu spielen. Ich erkenne die Melodie sofort, das ist die Ballade, die er uns beim Proben vorgespielt hat. Aber jetzt klingt sie irgendwie gar nicht mehr langweilig, sondern einfach nur wunderschön. Mark steigt nach dem zweiten Lauf mit einer sanften, melodiösen Basslinie ein. Und dann fängt Clarissa an zu singen.
    Was ich in dir sehe,
    können Worte nicht sagen.
    Was ich in dir sehe,
    können Augen nicht sehen.
    Was ich in dir sehe,
    kann die Sonne nicht schlagen.
    Was ich in dir sehe,
    bleibt für immer bestehen.
    Ein ganzer Schwarm Gänse breitet sich auf meiner Haut aus. Das ist … das ist … einfach unbeschreiblich. Dass sie singen kann, wusste ich ja schon, aber dass sie so singen kann … Ihre Stimme, jeder Ton geht direkt in mein Herz und jeder Schlag fühlt sich so an, als wäre es der allererste in meinem Leben.
    Wenn du mich lässt, halt ich dich fest
    für alle Zeit und auch den Rest.
    Ich bin bereit für jeden Test.
    Wenn du mich lässt, halt ich dich fest.
    Das ist kein Refrain. Das ist der Gesang eines Engels. Meines Engels. Sie sieht mich die ganze Zeit über an, singt mir ganz tief in die Augen, und ich könnte schwören, dass jetzt, in diesem Augenblick, nur wir beide in dieser Halle, auf dieser Welt, in diesem Universum existieren.
    Was ich in dir sehe,
    können Lippen nicht singen.
    Was ich in dir sehe,
    können Götter nicht träumen.
    Was ich in dir sehe,
    bringt die Erde zum Schwingen.
    Was ich in dir sehe,
    will ich nie mehr versäumen.
    Wenn du mich lässt, halt ich dich fest
    für alle Zeit und auch den Rest.
    Ich bin bereit für jeden Test.
    Wenn du mich lässt, halt ich dich fest.
    Als der letzte Ton ausklingt, streckt sie mir ihre Hand entgegen. Ich greife nach ihr und lasse mich zu ihr hoch auf die Bühne ziehen.
    »Ich liebe dich, du Dummkopf«, sagt sie leise, aber da das Mikro noch an ist, hört es die ganze Halle.
    »Das musst du nicht extra sagen«, erwidere ich grinsend. »Das weiß ich doch.«
    »Dann ist’s ja gut.«
    Wir küssen uns und die Halle fängt an zu toben.
    Scheiß auf das Konzert, denke ich. Scheiß auf den Sony-Typ. Scheiß auf die Rockstar-Karriere. Auf einer Bühne zu stehen und unter tosendem Applaus das beste Mädchen der Welt zu küssen, nachdem es das schönste Liebeslied aller Zeiten nur für dich gesungen hat – mehr Rock ’n’ Roll geht nicht!

18.
    »Ich muss mich bei euch entschuldigen«, sage ich. »Tut mir echt verdammt leid, dass ich euch den Auftritt versaut habe.«
    »Hä? Was meinst du?«, fragt Steffen sichtlich erstaunt. »War doch supergeil!«
    »Genau!«, stimmt Robbie ihm zu. »Mich haben bestimmt schon fünfzig Leute gefragt, wann und wo wir das nächste Mal spielen!«
    »Was, echt?«, wundere ich mich. »Bei dem Scheiß, den ich die ganze Zeit gespielt habe? Das war doch unter aller Sau, ist mir echt

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