Auf die Ohren
geil!«, sagt sie freudestrahlend. »Ich freu mich schon tierisch auf heute Abend!«
»Schön für dich«, brumme ich, weil ich für einen kurzen Moment das Runterschlucken vergessen habe.
»Was ist denn los mit dir?«, fragt Clarissa besorgt. »Freust du dich denn gar nicht? Stimmt irgendwas nicht?«
Ja, allerdings, so einiges. Aber wenn ich ihr das jetzt an den Kopf werfe, können wir den Gig heute Abend vergessen.
»Nein, nein«, brummele ich, ohne sie anzusehen. »Alles okay. Wahrscheinlich die Nervosität.«
Ich kann ihre verräterische Nähe gerade sehr schwer ertragen und brauche schnell eine Ausrede, um mich von ihr zu entfernen.
»Und Durst hab ich«, sage ich deswegen. »Wo kriegt man hier denn was zu trinken?«
»Frag einfach Linus, der gibt dir was«, antwortet Clarissa. »Sag ihm, dass es für die Band ist, das wird extra abgerechnet, zahlt das Abi-Komitee.«
»Linus?«, frage ich, weil ich niemanden kenne, der so heißt.
»Ist der Chef hier«, erklärt Clarissa und zeigt auf das andere Ende der Halle. »Da drüben, hinter dem Tresen, der mit der Brille.«
Ich drehe mich wortlos um und laufe los in Richtung Tresen.
»Nein, danke!«, ruft Clarissa mir leicht angepisst hinterher. »Du brauchst mir nichts mitzubringen, ich habe schon was!«
»Dann ist’s ja gut«, brumme ich und laufe einfach weiter.
Am Tresen angekommen spreche ich diesen Linus an.
»Kann ich bitte was zu trinken haben?«
»Klar, was darf’s denn sein?«, fragt er zurück.
»Eine Cola, wenn’s geht«, antworte ich.
Eigentlich ist mir ja gerade sehr danach, meinen Frust mit jeder Menge Bier runterzuspülen, aber so unverantwortlich bin ich dann doch nicht. Betrunken Schlagzeug zu spielen, ist keine gute Idee, das habe ich einmal beim Proben ausprobiert und mich ständig dabei verhauen.
»Kein Problem«, sagt Linus, holt eine Flasche Cola aus einem der beiden großen Kühlschränke, öffnet sie und stellt sie vor mir auf den Tresen.
»Glas dazu?«, fragt er.
»Nein, danke«, sage ich. »Geht so.«
Ich nehme einen tiefen Schluck.
»Geile Mucke, übrigens«, sagt Linus. »Richtig schöner Old-School-Punkrock, steh ich total drauf.«
»Danke, freut mich zu hören«, sage ich.
»Vielleicht können wir ja mal was zusammen machen. Ich plane hier für Herbst ein kleines Festival, hab auch selbst ’ne kleine Band.«
Normalerweise würde ich mir jetzt über die Aussicht auf einen weiteren Gig ein Loch in den Bauch freuen, aber wird es unsere Band im Herbst überhaupt noch geben? Oder gibt es dann nur noch eine weich gespülte Akustik-Verräter-Band ohne Schlagzeuger? Fuck, ich will da jetzt gar nicht drüber nachdenken!
»Ja klar, mal schauen«, sage ich.
»Wir heißen Lovepump 11«, erklärt Linus. »Ist eine Anspielung auf Spinal Tap. Kennst du, oder? Geilster Rockband-Film aller Zeiten.«
Da hat er allerdings Recht, Spinal Tap ist wirklich Weltklasse, da wäre ich vor Lachen fast gestorben.
»Ja klar, kenn ich, sehr geil«, sage ich.
»Wir machen Power-Pop«, sagt Linus.
»Wie bitte, was macht ihr?«, frage ich, weil ich diesen Begriff entweder falsch verstanden oder noch nie gehört habe.
Mittlerweile gibt es ja für jeden quer liegenden Musikerfurz eine eigene Bezeichnung. Nu Metal, Dark Metal, Death Metal, Noise Rock, Gothic Rock, Hardcore, Hatecore – was Musik betrifft, existieren heutzutage mehr Schubladen als in jeder IKEA -Küchenschrank-Abteilung.
»Power-Pop«, wiederholt Linus. »Das ist Pop nur mit richtig Umpf dahinter. Gibt’s schon ewig. The Who haben zum Beispiel Power-Pop gemacht.«
»Aha«, sage ich, weil mir nichts anderes dazu einfällt.
Natürlich kenne ich The Who, hatte sie allerdings immer als Rockband eingestuft.
»Das würde auf jeden Fall gut passen, wenn wir zusammen spielen«, sagt Linus. »Gib mir mal deine Nummer, dann melde ich mich bei dir, sobald was feststeht.«
Er legt einen Zettel und einen Kuli vor mir auf die Theke und ich schreibe meine Nummer auf.
»Alles klar«, sagt er und steckt den Zettel ein. »Dann mal viel Erfolg und Spaß heute Abend.«
»Danke, werden wir haben«, sage ich, obwohl ich alles andere als überzeugt davon bin.
Ich gehe mit meiner Colaflasche in der Hand ein paar Schritte in Richtung Hallenmitte. Vor der Bühne sehe ich Clarissa, Christopher und Mark zusammenstehen. Sie unterhalten sich fröhlich angeregt. Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist kurz nach fünf, noch knappe drei Stunden, bis es losgeht.
Nein, diesen Anblick ertrage ich
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