Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen
deswegen ist es so schwierig, Psychopathen zu erkennen.
Bei dem einen oder anderen Baustein werden Sie sicher denken: »Ich kenne jemanden, auf den das passt«. Möglicherweise werden Sie sogar etwas von sich selbst darin wiedererkennen. Das muss nicht gleich ein Grund zur Sorge sein. Die eine oder andere Besonderheit allein macht noch keinen Psychopathen aus.
Robert Hares »75-%-Regel« folgend muss ein Mensch mindestens fünfzehn der insgesamt zwanzig Bausteine aufweisen, also dreißig von vierzig möglichen Punkten bekommen, um als voll ausgeprägter Psychopath eingestuft zu werden. Wenn jemand so viele deutlich ausgeprägte psychopathische Eigenschaften hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er mit seinem Verhalten anderen Menschen schadet – egal ob legal oder illegal.
Stellen Sie sich einen Menschen ganz ohne psychopathische Eigenschaften als »weiß« vor und einen Menschen, der alle zwanzig psychopathischen Eigenschaften aufweist – und somit vierzig Punkte erreicht – als »schwarz«. Dann sind alle Menschen, die Werte dazwischen erreichen, mehr oder weniger stark »grau«. Die Faustregel dazu lautet: Je psychopathisch »grauer« ein Mensch ist, umso unangenehmer kann sein Verhalten für seine Umwelt werden.
Eine große, schimmernde Seifenblase –
Wie der Psychopath sich selbst sieht und mit anderen umgeht
1. Mehr Schein als Sein
– Der Selbstüberschätzer
Der Psychopath überschätzt seine eigenen Fähigkeiten und glaubt deshalb, den meisten anderen Menschen überlegen zu sein. Daraus leitet er ab, dass er wichtiger als andere ist und daher auch seine Bedürfnisse. Er stellt sich, sein bisheriges Leben, seine Leistungen und Erlebnisse oft »geschönt« dar. Zumindest verschweigt er alles, was ihn nicht großartig oder gar in einem schlechten Licht erscheinen lässt. Stattdessen stellt er alle Dinge heraus, mit denen er angeben kann. Vieles davon kann aber auch frei erfunden sein.
Boris, einer meiner Interviewpartner mit stark ausgeprägten psychopathischen Eigenschaften, verdient sein Geld hauptsächlich in einem Beruf, der seiner Meinung nach nicht genug beeindruckt. Nebenberuflich ist er in Bereichen tätig, die ihn besser dastehen lassen. Er äußert sich dazu mit den Worten: »Jeder Mensch möchte sich doch möglichst gut vor anderen darstellen. Ich lüge die Leute genau genommen nicht an, sondern erzähle von den coolen Bereichen, in denen ich nebenbei auch arbeite. Dabei lasse ich nur weg, was weniger gut klingt. Das kann doch eh keiner überprüfen, wo ich was wie lange mache.«
Jeder Psychopath muss zumindest in einem Bereich besonders erfolgreich sein, um seine Geltungssucht zu stillen. Am liebsten will er möglichst schnell und mühelos Karriere machen, um dadurch Macht, Geld und die Bewunderung der anderen zu gewinnen. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, erfolgreich aufzutreten.
Christian fährt nicht nur einen Sportwagen und ist stolz auf seinen attraktiven Körperbau, er berichtet auch bereitwillig von seinen Frauen-Eroberungen. Dann erzählt er, dass er gerne mehrere Sexualpartnerinnen parallel hat und dass diese »darauf stehen«, mit ihm eher ungewöhnliche Sexpraktiken auszuleben. Eher normale Menschen finden diesen Lebensstil erstaunlich und wollen wissen, wie er das hinbekommt. Christian antwortet dann, dass seine Partnerinnen, selbst wenn sie im Bilde sind, eine sexuelle und teils auch eine emotionale Beziehung aufrechterhalten wollen. Er ist außerdem stolz darauf, dass diese Partnerinnen oft gebildet und beruflich erfolgreich sind: »Dummheit turnt mich ab.«
Auf meine Frage, warum er im Gegensatz zu vielen anderen Männern keine Eifersucht empfindet, sondern es sogar begrüßt, wenn auch seine Partnerinnen weitere sexuelle Beziehungen haben, antwortet er: »Wahrscheinlich ist mir einfach klar, dass ich Frauen mit denselben sexuellen Vorlieben wie ich extrem gut befriedigen kann und dass andere Sexualpartner denen kaum dieselbe Befriedigung bieten können.«
2. Ein Charmeur und Herzensbrecher
– Der Blender
Der Psychopath will auf seine Mitmenschen einen möglichst guten Eindruck machen. Deshalb verhält er sich, so lange es ihm nützt, freundlich und charmant, er wirkt selbstsicher und zieht andere in seinen Bann. Er drückt sich gekonnt aus, spricht von Themen, die ihn gebildet erscheinen lassen, und ist gut darin, andere zu unterhalten. Er redet gern und viel und hat damit schnell die Aufmerksamkeit.
Diese Fähigkeit bemerke ich auch bei einigen meiner
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