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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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stark psychopathischen Interviewpartner machte mehrere Berufsausbildungen und suchte sich dann eine Arbeit, bei der er sehr viel Abwechslung und vor allem flexible Arbeitszeiten hat. Obwohl er mit seinen Ausbildungen deutlich besser bezahlte Stellen hätte finden können, sind ihm Abwechslung und freie Zeiteinteilung wichtiger.
    Der psychopathische Serienmörder Jack Unterweger arbeitete nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis als Journalist. Außerdem hielt er öffentliche Lesungen aus seiner Autobiografie, wodurch er viel reisen konnte. Er berichtete als Journalist über die Mordserie an Prostituierten, die er selbst beging. Dabei sprach er auch immer wieder mit Polizeibeamten und schaffte es sogar, eine Nacht in einem Polizeiwagen auf Streife mitgenommen zu werden, um angeblich darüber berichten zu können. Er wird dabei ähnliche Kicks empfunden haben wie der Serieneinbrecher im genannten Beispiel.
11. Andere aussaugen um zu überleben
– Der Parasit
    Psychopathen versuchen nicht nur mit kriminellen Machenschaften an Geld zu kommen. Sie beeinflussen andere Menschen auch regelmäßig, damit diese ihnen finanziell helfen. Ein Beispiel dafür ist die schon erwähnte Mutter, die ihre Kinder erpresste, um für ihre hohen Schulden aufzukommen.
    Einige männliche Psychopathen leben lange Jahre davon, dass sie unsichere, alleinstehende Frauen ausnutzen. Ob in Kneipen oder über Kontaktanzeigen, mit ihrem gezielten, einnehmenden Auftreten haben sie schnell Erfolg. Hat sich eine solche Frau erst in einen Psychopathen verliebt, erfindet dieser immer neue Geschichten, damit sie ihm Geld leiht oder ihn sogar bei sich einziehen lässt. Bevor die Frau merkt, dass der Psychopath sie nur benutzt hat, macht er sich aus dem Staub und sucht sich die nächste Frau nach demselben Muster.
    Der bereits genannte psychopathische Serienmörder Jack Unterweger lebte weit über seine Verhältnisse. Er ließ sich von den wohlhabenden Damen, mit denen er Affären hatte, teure Geschenke machen. Als das nicht mehr reichte, überredete er seine feste Partnerin, sich zu prostituieren, um ihn finanziell zu unterstützen. Manche Psychopathen sind also wie eine besonders gefährliche Sorte von Mücken, die ihre Mitmenschen aussaugen und dann schnell weiterziehen. Sie tun genau das, was alle Parasiten tun: Sie ernähren sich von anderen Lebewesen, ohne jemals etwas zurückzugeben.
12. Ich will jetzt die Schokolade
– Der ungezügelte Genussmensch
    Eltern von Kindern zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr kennen das: Wenn ihr Kleines etwas haben will, dann will es das auch sofort, und es schreit und weint, wenn es nicht schnell seinen Willen bekommt. Die meisten Kinder entwickeln sich weiter und lernen, dass sie diesen Willen nicht einfach so durchsetzen können. Sie lernen, auf andere Rücksicht zu nehmen und ihre Wünsche, wenn es erforderlich ist, zurückzustellen. Viele psychopathische Menschen tun dies nie.
    Dass sie wie kleine Kinder auf etwas, worauf sie gerade Lust haben, nicht verzichten können, zieht sich als roter Faden durch ihr ganzes Leben. Stark ausgeprägte Psychopathen werden unter anderem deshalb früh kriminell, weil sie sofort Geld für Alkohol, Drogen, teure Kleidung oder schnelle Autos wollen. Dieses Geld auf »normalem« Wege zu verdienen, erscheint ihnen viel zu anstrengend und langwierig. Deshalb nutzen sie andere aus, begehen Betrugsdelikte, Einbrüche oder Überfälle.
    Dass sie anderen schaden, ist ihnen dabei vollkommen egal, dass sie sich selbst schaden, allerdings meistens auch. Eigentlich müsste ihnen klar sein, dass ihr kriminelles Verhalten sie über kurz oder lang ins Gefängnis bringt. In dem Moment, wo sie etwas unbedingt wollen, spielt das für sie aber keine Rolle. Ein junger Gewaltstraftäter, mit dem ich arbeitete, beschrieb es so:
    »Eigentlich müsste ich mir den Spruch ›Denk an die Strafe‹ auf die Hand tätowieren. Ich will nicht den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen. Aber wenn ich draußen bin und etwas unbedingt will, dann vergesse ich das. Ich fühle einfach keine Angst vor der Strafe und denke nur daran, wie ich möglichst schnell bekomme, was ich will. Durch die Therapie im Gefängnis habe ich verstanden, dass das ein echt großes Problem ist. Ich werde draußen jeden Tag bewusst daran denken müssen, dass mir die Angst vor Strafe fehlt und dass ich deshalb viel mehr als andere aufpassen muss, was ich tue. Wenn ich das vergesse, werde ich mein Leben im Gefängnis verbringen, und

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