Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen
das will ich nicht.«
Mein mittelgradig psychopathischer Interviewpartner Carl zeigt ähnliche Probleme, seine »Impulse« zu kontrollieren. Einerseits beschreibt er seinen notorischen Geldmangel mit den Worten »Warum ist das Geld zu Ende, lange bevor der Monat vorbei ist?« Andererseits kauft er am Monatsanfang immer wieder viele Dinge, die er spontan haben will, obwohl er weiß, dass er nicht viel Geld zur Verfügung hat. Daher ist er meist spätestens eine Woche vor Monatsende pleite.
Das Prinzip »Worauf ich Lust habe, das will ich sofort, egal zu welchem Preis« zeigt sich auch in anderen seiner Lebensbereiche. Carl hat sich – wie viele psychopathische Menschen – schon öfter Ärger eingehandelt, weil er einfach nicht treu sein kann. Das war besonders auffällig, als eine Beziehungspartnerin, mit der er – in weiser Voraussicht seines »Treue-Problems« – eine »offene Beziehung« ausgehandelt hatte, nach einiger Zeit gewisse »Einschränkungen« von ihm einforderte: Er sollte mit keiner Frau mehr als zweimal sexuellen Kontakt haben, und zu einer bestimmten überhaupt keinen.
Interessanterweise setzte sich Carl genau über diese beiden Regeln hinweg. Mit jener Frau, die ihm seine Freundin ganz »verboten« hatte, unterhielt er sogar eine längere sexuelle Beziehung. Als er mir die Geschichte schilderte, fragte ich ihn, warum er genau die beiden Dinge getan hatte, die seine Beziehung – als alles aufflog – schließlich zerstörten. Darauf antwortete er, typisch psychopathisch: »Ich hatte Lust dazu, und deshalb war es mir die Sache wert.«
13. Adel verpflichtet, Psychopathie aber nicht
– Der Verantwortungslose
Da Psychopathen immer sich selbst die nächsten sind, fühlen sie sich anderen Menschen gegenüber zu nichts verpflichtet. Wenn sie Abmachungen treffen oder etwas versprechen, sehen sie nicht ein, dass sie sich daran halten sollten. Dabei ist es ihnen auch egal, ob die Menschen, denen gegenüber sie wortbrüchig werden, ihre Eltern, Geschwister, Kinder, Partner, Freunde oder Arbeitgeber sind.
Geld, das sie sich leihen, zahlen sie nie oder nur sehr verzögert zurück. Wenn sie einer Arbeit nachgehen, erledigen sie ihre Aufgaben zwischendurch zu langsam oder fehlerhaft. Das liegt nicht daran, dass sie es nicht besser können, sondern dass sie gerade keine Lust auf ihre Aufgabe haben. Manche verhalten sich verantwortungslos im Straßenverkehr, fahren regelmäßig viel zu schnell, alkoholisiert oder unter Drogen Auto. Dass sie dadurch schwere Unfälle verursachen können, ist ihnen egal.
Am Arbeitsplatz fallen Psychopathen auch dadurch auf, dass sie sich häufig krankschreiben lassen oder ständig zu spät kommen. Einer meiner mittelgradig psychopathischen Interviewpartner erzählte, dass er über die Jahre bei jeder seiner Arbeitsstellen dafür bekannt war, häufig zu spät zu kommen. Selbst die Drohung, er würde deshalb seinen Ausbildungsplatz verlieren, beeindruckte ihn nicht.
Bei einer Gelegenheit sprach ihn ein leitender Mitarbeiter darauf an, dass er mit seinem ständigen Zuspätkommen – teils um Stunden – andere Mitarbeiter belaste: »Du solltest nach allem, was du dir unverschämterweise seit Jahren herausnimmst, endlich mal zu Kreuze kriechen.« Mein Interviewpartner erwiderte ruhig und lächelnd: »Zu Kreuze kriechen ist nicht so mein Ding.« Er räumte natürlich nicht den geringsten Fehler ein, blieb völlig gelassen und zeigte deutlich, dass ihm die Kritik des leitenden Mitarbeiters vollkommen egal war.
Wie sehr der leitende Mitarbeiter auch schimpfte, mein Interviewpartner lächelte nur und ging überhaupt nicht auf ihn ein. Schließlich wendete sich dieser Mitarbeiter wütend ab, da sein Ärger vollkommen wirkungslos blieb. Längst haben alle in seinem Betrieb aufgegeben, ihn auf seine Unzuverlässigkeit anzusprechen.
Mich wunderte, wie er es geschafft hat, diese Arbeitsstelle – in der auch er eine leitende Position hat – seit über einem Jahrzehnt zu behalten. Er erwiderte, über die Jahre habe er immer mehr Anschaffungen aus eigener Tasche gemacht, die dem kleinen Betrieb nützen. Würde er gefeuert werden, so würde er alles, was er angeschafft hatte, mitnehmen. Dann hätte der kleine Betrieb ein Problem, all die ihm gehörenden Arbeitsmaterialien schnell zu ersetzen. Damit hat er es geschafft, sich praktisch unkündbar zu machen. Dazu kommt sein freundschaftliches Verhältnis zum Chef – zusammengenommen eine clevere Strategie, mit der er für sich ideale
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