Auf Dünnem Eis (T-FLAC) (German Edition)
voneinander zu unterscheiden. Lily fröstelte. Von hier aus konnte sie das Loch im Eis, in das sie gestürzt war, zwar nicht sehen, aber es war da. Sie war hineingefallen. Es wäre fast zu ihrem eisigen Grab geworden.
Sie betrachtete die verstreuten Splitter und Bruchstücke ihres Schlittens. Er hatte keine Sinn, sie aufzusammeln. Es war unmöglich, sie wieder zusammenzubauen und den Schlitten fahrtauglich zu machen.
Das Rennen war für sie vorbei, doch wenigstens lebte sie noch. Es war zweitrangig geworden, das Rennen zu gewinnen. Sie wrang so viel Wasser wie möglich aus ihrer Jacke und breitete sie zum Trocknen dicht neben dem Feuer aus. Dann fing sie an, das Zelt abzubauen. Das Gewehr war die ganze Zeit über griffbereit.
Der Jäger war jetzt der Gejagte.
Derek folgte den Fußspuren, die vom Fluss wegführten. Er fand die Stelle, von der aus der Kerl auf Lily geschossen hatte. Er entdeckte drei Zweiundzwanziger-Hülsen und die Fußspuren des Mannes, die auf dem Schnee wie ein dunkles Zickzackband aussahen, das sich zwischen den Bäumen hindurch den Hügel hinaufzog.
Wind kam auf und blies ihm eisig ins Gesicht. Er setzte die Schneebrille auf, zog den Schal über die untere Gesichtshälfte und kämpfte sich durch den tiefen Schnee.
Hier war der Kerl langsamer geworden. Derek schaute sich um, um zu erkennen, was der Schütze gesehen hatte. Jetzt, nachdem es dämmrig wurde, hatte man einen guten Blick auf den Fluss. Hier war der Schütze stehen geblieben. Hatte Lily ins Eisloch stürzen sehen. Aber hatte er sie auch wieder herauskommen sehen? Hatte er Derek gesehen?
Er studierte die Trittspuren des Mannes. Der Kerl war nicht lange geblieben. Vielleicht lange genug, um sich an Lilys Anblick zu weiden; aber nicht lange genug, um sich des Erfolges sicher sein zu können.
Der Schnee reichte Derek bis zu den Waden, was das Gehen erschwerte. Er hörte ein leises Geräusch und hielt inne. Ein stotternder Motor? Ja.
Ich hab dich!
Er machte die Augen zu, um das Geräusch in der dünnen Bergluft zu lokalisieren. Er änderte die Richtung und stapfte nach Norden weiter. Der Kerl würgte den Motor des Schneemobils ab. Mit etwas Glück würde der Idiot sich selber matt setzen und ein leichtes Ziel werden …
Das Satellitentelefon vibrierte auf seiner Brust. Verdammt. »Was?«
»Schön dich zu hören, du bist stets so gut gelaunt«, lachte Dare.
»Mach schnell«, sagte Derek und sprintete durch den Schnee. »Ich bin auf der Jagd.«
»Ash hat es geschafft. Deine Bullensperma-Typen sind alle in Haft«, informierte ihn Darius und ratterte ein halbes Dutzend Namen herunter, die Derek vertraut waren; ein paar der Männer waren Rancharbeiter, die Sean engagiert hatte, während Derek auf einer seiner »Reisen« gewesen war. Dazu noch Barry Campbell, ihr Anwalt. Das passte. »Ach ja, bei eurem Stalker handelt es sich um einen gewissen Clay Barber«, sagte Dare. »Sag ihm ein Hallo von mir, falls du ihn siehst. Ich schicke dann den Räumtrupp, um die Leiche abzuholen.«
Die Leitung war tot. »Danke«, knurrte Derek trocken. Er stellte das Gerät ab, lauschte auf den leisen Bass des stotternden Motors und fing zu rennen an. Genau wie Sam Croft war auch Barber ein Angestellter, allerdings hatte Derek das Gesicht momentan nicht vor Augen. Auf den beiden Ranches arbeiteten Hunderte von Leuten.
Er ließ sich vom Geräusch des röchelnden Motors leiten und rannte die nächste Meile. Unter den Bäumen, wo der Schnee nicht so dick war, war es leichter, und der felsige Grund gab besseren Halt. Während er den Hügel hinaufstieg, entdeckte er einen, über das Schneemobil gebeugten Mann, der ihm den Rücken zukehrte. Derek lehnte sein Gewehr an einen Baumstamm und näherte sich lautlos dem Mann, der unablässig fluchte und sich mit dem Motor der Polaris abmühte.
Der Mann merkte erst, dass er nicht mehr allein war, als ein Arm um seinen Hals schnellte und eine Pistole sich in seinen Rücken bohrte. »Was, zur H…«
Derek drückte dem Kerl den Lauf der Baer ans Rückgrat und zog ihm den Arm so fest um den Hals, dass jeder weitere Versuch zu sprechen sinnlos war. »Barber.«
Clay zerrte an Dereks Arm, bekam etwas Luft und keuchte: »Hey, Mann. Bin ich froh, dich zu seh…Verdammt, Wright.« Er zwang sich zu einem Lachen, schüttelte den Kopf und hob beide Hände, die Handflächen nach vorn. »Beruhige dich, Mann.«
Derek war nicht in Plauderlaune. »Lass den Unsinn. Ich weiß, dass du versucht hast, Dr. Munroe
Weitere Kostenlose Bücher