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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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habe keine Zeit für solche Reminiszenzen!«
    Meine Selbstbeherrschung zerbarst in tausend Stücke. »Beantwortet die Frage! Bei der Liebe Res, antwortet! Habt Ihr am Morgen der Zerstörung einen Mann behandelt, der eine ähnliche Wunde hatte wie dieser hier?«
    Drachenjünger Gen starrte mich an, als sähe er mich zum ersten Mal. Und nickte bedächtig.
    »Er hatte starkes Fieber, aber nicht so stark, dass er verloren gewesen wäre.«
    Mein Herz setzte ein paar Schläge aus. »Wo … wo sind sie?«
    Drachenjünger Gen schüttelte den Kopf. Das wusste er nicht.
    Ich schwankte, als hätte ich einen Schlag in den Unterleib bekommen.
    »Viele sind an jenem Tag in den Dschungel geflohen«, meinte er dann leise.
    »Aber sie sind nicht zurückgekehrt«, erwiderte ich.
    Er schnaubte. »Klug von ihnen, oder nicht? Hör zu, ich habe Gerüchte gehört, dass alle Makmakis, die es sich leisten konnten, sich ein neues Leben in einem benachbarten Clan erkauft haben. Vielleicht …?«
    Ich nickte, unfähig, ein Wort zu äußern. Ja, das war möglich. Mit dem Geldpapier, das sie für das Fell der Raubkatze bekommen hatten, hätten sie sich ohne Weiteres in einen anderen Clan einkaufen können.
    Kiz-dan lebte.
    Ihr Baby sicher und lebendig.
    Aber dieser Schädel, dieser kleine Schädel …
    … gehörte natürlich zu einem der Kigos! Es war der Schädel des kleinsten einbalsamierten Toten in dem Gawabe der Brüder gewesen, der Kigo, der Kiz-dan so beunruhigt hatte, weil er fast so klein war wie ihr eigenes Baby.
    Ich drohte ohnmächtig zu werden und klammerte mich Halt suchend am Arm des Drachenjüngers fest.
    »Er lebt«, stieß ich heiser hervor, während mir Tränen in den Augen brannten. »Ich dachte … ich dachte …«
    Er hüstelte, räusperte sich und tätschelte mit seinen schmutzigen, von Brandblasen übersäten Händen die meine. »Also gut. Bist du jetzt bereit, weiterzuarbeiten?«
    Ich nickte.
     
    Und wie ich arbeitete.
    Ich brachte Waisenkinder in die Haushalte von Gawabes, die verschont geblieben waren. Rannte mit improvisierten Schaufeln zu den kokelnden Balken in der Nähe, die immer wieder in Flammen aufgingen, und schaufelte wie verrückt Sand und Schlamm darauf, um die neuen Feuer zu ersticken. Ich brachte denen, die kein Obdach hatten, Essen und Wasser. Karrte Trümmer und Abfall an den Rand des Dschungels. Ich richtete die Knochen und heilte die Wunden derer, die verletzt worden waren, entweder bei der Zerstörung oder dem Verhör durch die Bayen, das, wie ich erfuhr, der Brandschatzung vorausgegangen war.
    Ich arbeitete so hart, dass ich nicht bemerkte, wie die Zeit verstrich, die Jahreszeiten sich änderten, bis ich eines Morgens mit dem Gedanken aufwachte: Es ist wieder die Zeit des Feuers. Oh, ich bin ein Jahr älter geworden. Jetzt bin ich siebzehn.
    Ich war siebzehn, trug den grünen Überwurf und die Kutte eines Akolyten, die mir Drachenjünger Gen gegeben hatte. Sie war rußverschmiert, mit Essensresten bekleckert, mit Salben und dem Blut der Verwundeten. Ich arbeitete unablässig an der Seite des hageren Hünen und Oteuls, versuchte auf meine bescheidene Weise das Unrecht wiedergutzumachen, das ich über die unschuldigen Bewohner der Zone der Toten gebracht hatte. Mein Haar hatte ich mit meiner Machete kurz gestutzt, und der Dreck überzog mich wie Teer, sodass ich genauso aussah wie ein ausgelaugter, hingebungsvoller Akolyt, wenngleich auch ein etwas … femininer.
    Ungeachtet der Echtheit meiner Verkleidung versteckte ich mich immer vor den Drachenjüngern, die unsere Zone häufig aufsuchten, um den Überfall eines Makmaki auf eine Bayen zu untersuchen.
    Das Herz hämmerte mir in der Brust, und die Furcht summte mir in den Ohren wie Hornissen, wenn ich während dieser Besuche davonschlich, mich am Rand des Dschungels oder in der Felskammer des Tempels verbarg. Dort blieb ich und starrte vor mich hin, bis mich Drachenjünger Gen oder Oteul holten.
    Häufiger war es der Drachenjünger, der mich erlöste, nicht sein ruhiger, frommer Untergebener. Oteul ging mir möglichst aus dem Weg. Ich fürchtete, dass er nicht ganz so vertrauenswürdig war, wie Drachenjünger Gen annahm, und dass dieser eines Tages die Ermittler in die Kammer würde führen müssen, damit sie mich holten, während sich der Verräter Oteul im Hintergrund hielt.
    Doch die Ermittlungen des Tempels verliefen im Sande; am Ende hielten sie den Angriff auf die Bayen für den willkürlichen Akt eines Verrückten, der sich als Diener der

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