Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Taro die vergiftete Peitsche gedrückt hatte. Schon bald pochte meine Handfläche, die Haut war aufgescheuert. Trotzdem arbeitete ich weiter, während mir die Dämpfe der Schlingpflanzen wie bitterer Kalk auf Zunge und Zähnen lag. Die stickige Luft war erfüllt vom Knacken der Panzer dicker Käfer, die zertreten wurden, vom unverkennbaren, dumpfen Geräusch von Macheten, die Schlangen enthaupteten, vom Jammern hungriger Kinder und den Streitereien gereizter Männer.
Ich arbeitete mit Kobos und Car Manopus Leuten zusammen, neben meinen Freundinnen Rutvia und Makvia. Der alte Kobo und seine Sippe hatten ihre Macheten gehorsam an Sa Gikiro auf ihre Matten gelegt, sie weggegeben, die von Car Manopu jedoch hatte ihre vergraben. Je weiter der Tag fortschritt, desto gereizter wurde wegen dieser Sache die Stimmung zwischen den beiden Sippen. Erschöpft, weil sie die Schlingpflanzen mit bloßen Händen vom Mauerwerk reißen mussten, beschwerten sich Kobo und seine Brüder knurrend über die Gottlosigkeit gewisser anderer Personen. Car Manopus Sippe dagegen spottete über die klägliche Menge an Ästen, die einige im Vergleich zu ihrer Ernte gesammelt hatten.
Ein Wort gab das andere, führte zu Gewalt und schließlich zu einem gewaltsamen Tod, als Car Manopu sich hitzig über den Imperator ausließ.
Er hätte es besser wissen sollen, so vor Kobo, dem Eiferer, über den Imperator zu sprechen. Aber er war nicht umsonst Danku Re Car Manopu genannt worden, Junge Eisenfaust des Töpferclans, denn er war ebenso muskulös und rebellisch wie sein legendärer Namensgeber.
Danku Re Car Manopu war ein breitschultriger, korpulenter Mann mit Nabelschnüren zum Clan der Silberschmiede. Wie viele andere kräftige Männer der Malacariten war ihm während der Namenausrufungszeremonie der Name Eisenfaust gegeben worden. Viele Car Manopus lebten in Brutstätte Re, die allesamt nach Zarq Car Mano benannt waren, Malacars berüchtigtem Krieger-Helden.
Vielleicht habt Ihr nicht von ihm gehört, obschon ich das schwer vorstellbar finde, denn die Geschichten seiner Taten reisen mit Seekaufleuten und Sklavenhändlern selbst bis jenseits des Ozeans von Derwent. Da jedoch die Geschichte von Zarq Car Mano unabdingbar für das Verständnis der Geschichte Malacars ist, erlaubt mir einen kurzen Vortrag.
Malacar, unsere geliebte belagerte Nation, ist so häufig überfallen worden, dass die Malacariten schon aus Notwendigkeit eine recht kurze Sicht der Geschichte bevorzugen und sehr häufig das Vergessen als Überlebenstechnik benutzen.
Wir sind zweimal von den Lud y Auk überfallen worden, damals, als die Insel und ihre wilden, braunhäutigen Bewohner noch nicht unter der Herrschaft des Imperators standen. Wiederholt haben wir Invasionen der Xxelteker überstanden, der blonden Fremdlinge, die denselben Kontinent mit uns teilen und dennoch durch die Gletscherkette im Norden von unserer Küstennation getrennt sind. Die Bewohner von Selut y Din, der halbmondförmigen Insel, die am westlichen Rand des Archipels liegt, Heim des Throns des Imperators, haben sich zu unseren häufigsten Invasoren aufgeschwungen. Es gibt sogar Beweise, dass die legendäre Rasse, welche die Felseninsel von Nan y Nan bewohnt, einst mit einer Armee an unseren Gestaden landete.
Aber von all den Invasionen hat keine dem gemeinen Malacariten so viel Zwist und Not gebracht wie der Streit zwischen unseren eigenen Volksgenossen.
Wir hegten schon immer eine makabere, ja beinah nekrophile Liebe zum Tod, wir Malacariten. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich diese perverse Besessenheit zu einer Art Politik entwickelt: Wenn ein Mann an einem Ort sterbend eine große Tat vollbrachte, wurde er ein Held, und es entstand ein eigenes kleines Land, einzig und allein aus der glühenden Begeisterung heraus, mit welcher der Bestattungsturm dieser Person vor Dieben und Rivalen beschützt wurde. So entstand die erste Roshu Paras , eine Art Miliz, die sich der Aufgabe widmete, die Toten vor den Lebenden zu schützen.
Eigentlich lächerlich, aber ist nicht jeder Besitzanspruch auf ein Stück Dreck albern, wenn man einmal jegliche Romantik außer Acht lässt? Also haben wir gegeneinander gekämpft, als würden wir angegriffen, und das alles nur aus Liebe zu Kadavern. Grenzen bildeten sich.
Bis Zarq Eisenfaust kam.
Er war rücksichtslos, arrogant und ungeheuer kräftig – der ultimative malacaritische Mann -, und er hämmerte die verschiedenen zerstrittenen Länder zu einer einzigen Nation
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