Auf Dunklen Schwingen Drachen1
zusammen, die er Malacar nannte, Land des Eisens, als Hommage an sich selbst. Eine fieberhafte Zeit intensiven nationalen Patriotismus folgte, eine Zeit, die wir stolz und fälschlicherweise die Drachengesegneten-Tage-der-Blüte nennen. Unter Zarq Car Manos Herrschaft überfielen Armeen aus Malacar sogar die Inseln des Archipels, wenngleich die Berichte über die gewaltigen Schlachten und die gemachte Beute maßlos übertrieben sind.
Leider war auch Zarq Car Mano nur sterblich. Er verreckte qualvoll und langsam an einer Blutvergiftung, die durch seine mangelnde Hygiene kam, seine wahllosen sexuellen Kontakte und durch fortgeschrittene Paarungspusteln. Sein Verscheiden und das gleichzeitige Auftreten eines neuen, gerissenen Imperators des Archipels warf Malacar zurück in seine jämmerliche Gewohnheit, Opfer von Invasionen zu werden, mit dem Unterschied, dass Malacar diesmal vollkommen erobert wurde.
Nach diesem Car Mano wurde auch ich benannt.
Ich habe Mutter häufig gefragt, warum sie ausgerechnet diesen Namen für mich wählte.
»Es ist ein guter Name, ein ehrenvoller Name, oder nicht?«, erwiderte sie.
»Es ist vor allem ein Jungenname.«
»Ein Name hat weder Brüste noch Bart.«
»Schon, aber … aber …«, an diesem Punkt gab ich immer auf. Bis es mir eines Tages dämmerte. »Es ist nicht traditionell, ein Mädchen Zarq zu nennen. Es ist falsch.«
Ich errötete vor Stolz auf meine clevere Antwort. Mutter war längst nicht so beeindruckt.
»Also hat die Tradition immer recht, heho?«, murmelte sie. »Aber hat Zarq Car Mano nicht mit der Tradition gebrochen und unsere rivalisierenden Länder zu einer Nation vereint? Niemand soll der Tradition kritiklos folgen, Zarq. Sie ist selten so rein und richtig, wie sie immer dargestellt wird. Tradition bedeutet nur, dass etwas mit der Zeit akzeptiert wurde. Das ist alles. Und es ist gut, solche Dinge infrage zu stellen.«
Es ist gut, die Tradition infrage zu stellen, Mutter? Vielleicht. Möglicherweise aber nur in der Sicherheit der eigenen Gedanken oder mit Nabelverwandten, denen man sein Leben anvertrauen kann. Du wärst eine Närrin gewesen, wenn du die aktuelle Version der Tradition vor einem fanatischen Traditionalisten in Zweifel gezogen hättest. Schlimmer noch als ein Narr, wenn du seine Überzeugungen herabsetzt, wo er gerade alles durch eine besonders fragwürdige Sitte verloren hat, die von einem ungeliebten, ausländischen Despoten eingesetzt wurde.
Was nicht heißen soll, dass Danku Re Car Manopu dümmer als ein Narr gewesen wäre. Nein. Er war hungrig, ihm taten alle Muskeln weh, er war durstig, und die Sonne brannte vom Himmel. Sein Stolz hatte doppelt gelitten, weil er hatte zusehen müssen, wie sein Clan von Nachbarn ausgeplündert wurde, und weil er es als Demütigung empfand, dass die Silberschmiede, sein eigener Nabelclan, sich weigerten, Dracheneier und Öl zu einem vernünftigen Preis zu verkaufen.
Und er hatte den Namen, Car Mano, der seine Gedanken gegen den Tempel des Imperators lenkte.
Solche Gedanken schwelten an diesem Tag zweifellos im Hinterkopf vieler Töpfer, Gedanken, dass, wenn jeder Clan sich einen eierlegenden Drachen leisten könnte, wie in den Drachengesegneten-Tagen-der-Blüte Zarq Car Manos, kein Sa Gikiro, keine Abendfeier und von daher auch keine achttägige Armut einen Clan plagen müsste. Vielleicht dachte ich auch so etwas, doch ich war nur eine naive Neunjährige.
Aber ich hörte solche Gedanken laut ausgesprochen, von betrunkenen Töpfern, die im Hof herumlagen, über Politik stritten und bis zum Morgengrauen rauchten.
Viele hingen dem Glauben an, dass der Besitz eines Drachen nicht nur dem Tempel vorbehalten sein sollte. Es kursierten Geschichten, dass vor hundertsiebzig Jahren Drachen nicht einmal als heilig angesehen wurden. Das war jedoch in einer Zeit, bevor Malacar vom Imperator regiert wurde, vor seiner theologischen Tyrannei, bevor der Tempel festlegte, wie und von wem Drachen benutzt werden konnten.
Wie alle Kinder von Leibeigenen war ich in dem impliziten Traum erzogen worden, dass die Dinge auch anders sein könnten. In meinem Blut und mit jedem Herzschlag keimte die Hoffnung – wenngleich nur selten von einem Erwachsenen oder Kind laut geäußert -, dass eines Tages ein Clan wieder seinen eigenen eierlegenden Drachen besitzen könnte. Der ihn aus der Armut und von der Macht des Tempels befreite. Eines Tages.
Also muss man gerechterweise sagen, dass Car Manopu vom Töpferclan der Re nur das
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