Auf ein prima Klimakterium
die brachialen Eichhörnchen-Jagden der schießwütigen männlichen Bevölkerung im fernen Arkansas von Mittelamerika. Zwölf erlegte ›Squirrels‹, wie man dort die putzigen Nussliebhaber nennt, entsprechen einem bayerischen Hirschen der Kategorie Zwölfender. Die Flinkheit der Eichhörnchen erschwert wohl die Trefferquote und erhöht bei Treffern den Heldenstatus, geht es durch meinen Kopf.
»Johannes, warum tauchen jetzt, gerade hier am Platz deiner letzten Ruhe, diese Erinnerungen auf, die doch vor allem dem Patriarchat des Mittleren Westens zuzuordnen wären? Hat das mit dem Schatten deines brachialen Vaters zu tun? Meine Dreharbeiten für die dritte Percy-Adlon-Filmrolle in Rosalie Goes S hopping , die mir von ihm wieder auf den runden Leib geschrieben worden war, fanden in Stuttgart/Arkansas, USA, statt. Cast: Brad Davis, Judge Reinhold und all die anderen wunderbaren Schauspieler, meine sieben Filmkinder, die ich mir für diese absurde Familienstory gewünscht hatte und die bald darauf zwischen den Zeilen des Drehbuchs das Zelluloid-Weltlicht erblicken durften. An Rosalies Seite, also auch an meiner, Fahrer und Schutzpatron Johannes aus Hamburg. Hauptstadt von Arkansas war Little Rock, Domizil von Governor Bill Clinton und seinem nimmersatten Saxophon, kleiner Inside-Joke, wenn du weißt, was ich meine. Das war eine schöne Zeit, als sich damals unsere Wege trafen.
Dry country, brown bags, Coke, Sprite, Hamburger, hunting season, from cow to duck to squirrel, guns all over the day, all over the daily life, inside and outside the cars, only forbidden at the airport. Alle Warnungen der Kollegen ignorierend, bat ich dich inständig, mich auf einen Fußmarsch durch die üppige, berauschende Natur zu begleiten, und schon nach kurzer Zeit pfiffen einige scharfe Schüsse an unseren Konterfeis vorbei.
»Schießwütig, genauso bekloppt wie mein Stiefvater«, kam aus deinem Mund und die Ausdünstung dieser Worte stülpte sich wie eine dunkle Wolke über deine Stirne, während wir uns geistesgegenwärtig auf den Boden warfen, um dem Kugelhagel zu entgehen. »Haben wohl gedacht, ein ausgebüxtes Rhinozeros samt Wärter vor der Linse gehabt zu haben«, scherzte ich kleinlaut, denn schnell hatte ich den Ernst der Lage in this part of the United States geschnallt, Waffenbesitz und seine tägliche Anwendung. Ich hatte begriffen, warum mich meine Freunde aus Kalifornien in der Midwest-Zone nicht besuchen wollten.
Eingekehrt hinter den Schutzwall eines einladenden kleinen Lokals, das sich im Besitz einer kreolischen Familie befand, gab es bei einer herrlich duftenden Hühnersuppe mit Ingwer und Kokosmilch deine Vergebung, nach kleinlauter Entschuldigung für mein gedankenloses Ansinnen, dich auf diese gefährliche Fährte gelockt zu haben. Ein zahnloser Einheimischer berichtete uns von Indianern auf heißen Sohlen, die so lange neben ihren eigenen Pferden herliefen, bis sie wahrnahmen, dass die feindlichen Soldaten auf dem Rücken ihrer Pferde ritten, und diese Alternative künftig zu ihrem Nutzen umzusetzen wussten. War das wahr oder Jägerlatein?, hinterfragte ich diese Geschichte, während wir uns zwischen alten Grabsteinen eines Friedhofs aus der Zeit des Civil War bewegten. Dieses Gelände, über zwei Hektar groß, wurde während der sechswöchigen Drehzeit zu meinem erkorenen Refugium. Diese schussfreie Zone erlebte meine Spaziergänge, Sonnenanbetungen und die Picknicks unseres Teams, das entdeckte Lokal mit feinstem Cajun-Food und den liebevollen Besitzern erfuhr durch unsere hungrige Truppe einen Boom der besonderen Art. Bis zu dreißig Meilen legten wir täglich nach Drehschluss zurück, um uns in die Teller mit den herrlich gewürzten kreolischen Speisen zu stürzen. Das Wasser läuft mir jetzt noch im Munde zusammen, geht ja leider bei dir nicht mehr. Tschuldigung, Johannes!
Was für ein sicheres Gefühl, von dir morgens mit offenem Jeep abgeholt und wohlbehalten zum Drehort gebracht zu werden. Du mein großer Seelenbruder mit den stahlblauen Augen, deinem muskulösen und doch so feingliedrigen Körper, umflort von einer tiefen inneren Ruhe, die mir quirligem Weibsbild so wohltat, die ich aber heute noch einmal anders zu deuten wüsste. Das Aufblinken der stillen Trauer in deinen Augen war mir nicht entgangen, als ich mein Auge zum ersten Mal auf das Foto deiner aparten Lebensgefährtin werfen durfte und sie bei ihrer Stippvisite am Drehort auch persönlich zu Gesicht bekam. Johannes, dein spontanes,
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