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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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Afghanistan einmarschiert. Ich hörte, dass es in Washington Stimmen gab, die zur Strafe die Olympischen Spiele in Moskau boykottieren wollten. Ich hielt das für dummes Zeug und rief den amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter an. Er sagte, da sei nichts dran. Daraufhin habe ich den deutschen Sportverbänden gesagt: Ihr könnt fahren. Nach nicht allzu langer Zeit rief mich Carter an und sagte, er hätte seine Meinung geändert,die Amerikaner würden nicht nach Moskau fahren – und wir sollten das auch nicht.
    War das ein Befehl?
    Er hat auf alle Natopartner in Europa Druck ausgeübt – auch auf die Engländer und die Franzosen. Die haben aber gesagt: »Ihr könnt uns mal« und sind trotzdem gefahren. Nur drei haben nachgegeben. Das waren die Länder, die an ihrer Grenze unmittelbar mit der sowjetischen Militärmacht konfrontiert waren, nämlich Norwegen, die Türkei – und die Bundesrepublik.
    Hatten Sie wirklich keine Wahl?
    Ich hatte zu der Zeit ohnehin erhebliche Auseinandersetzungen mit den Amerikanern – denken Sie nur an den Konflikt über die Neutronenbombe oder über die Finanz- und Währungspolitik – und kam mit großen Bauchschmerzen zu dem Ergebnis, dass wir Deutschen uns einen zusätzlichen Konflikt mit Amerika nicht leisten können.
    Aber Sie finden den Boykott bis heute falsch?
    Es hat nichts gebracht. Die russischen Fernsehzuschauer haben gar nicht gemerkt, dass ein paar Staaten gefehlt haben. Um auf Herrn Bach zurückzukommen: Ich habe damals wohl den Sportfunktionären erklärt, dass ich die amerikanische Verteidigungsbereitschaft im Falle einer sowjetischen Pression auf uns nicht gefährden durfte – die verdammten sowjetischen SS-20-Raketen, jede mit drei Atomsprengköpfen bestückt, waren noch auf deutsche Städte gerichtet.
    Vielleicht liegt es an der Erfahrung von damals, dass Herr Bach heute nichts von einem China-Boykott hält.
    Ich halte auch nichts davon.
    Soll denn jeder Schurke die Chance bekommen, sich vor der Weltöffentlichkeit schön darzustellen?
    Nein. Gleichwohl würde ich es begrüßen, wenn der internationale Sport von politischen Einflüssen so frei wie möglich bliebe.
    War es naiv zu glauben, dass Olympia mehr Demokratie und Menschenrechte nach China bringen würde?
    Derartige Annahmen waren in der Tat naiv.
    Warum sind Sie bei diesem Thema so gereizt?
    Gereizt bin ich nicht. Was mich aber stört, ist der missionarische Wahn mancher amerikanischer Politiker, es sei ihre und die Aufgabe ihrer Verbündeten, überall auf der Welt ihre Vorstellung von Ordnung durchzusetzen.
    Die Vorstellung von Demokratie ist nicht so schlecht.
    Richtig. Gleichwohl halte ich fest an dem für jede Regierung geltenden völkerrechtlichen Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates.
    Welche Sportart werden Sie bei den Spielen in Peking am liebsten sehen?
    Fußball. Es hat übrigens lange gedauert, bis Fußball zu einer olympischen Disziplin geworden ist.

    10. April 2008

[ Inhalt ]
    Tausend Orden,
aber nie im Krieg
    Über Uniformen und andere Kleidungsstücke
    Lieber Herr Schmidt, haben Sie Respekt vor Uniformierten?
    Nee!
    Kann ich mir nicht vorstellen: Sie waren Soldat.
    Ich habe meine Vorgesetzten bei der Wehrmacht respektiert. Was ich innerlich von ihnen gehalten habe, war sehr gemischt: von einigen überhaupt nichts, das waren Scheißkerle. Die meisten hingegen waren anständige Leute. Aber vor der Gestapo und der SS hatte ich Angst. Die Gestapo waren alles SS-Leute.
    Wann haben Sie selbst zuletzt eine Uniform getragen?
    Das vorletzte Mal im Kriegsgefangenenlager, das letzte Mal im Jahre 1958. Damals habe ich eine Reserveübung bei der Bundeswehr gemacht, um die aus der Weimarer Zeit stammende tiefe Kluft zwischen Sozialdemokraten und bewaffneten Streitkräften einebnen zu helfen. Das haben mir viele Leute sehr übel genommen. Einige verrückte Linke in der SPD hielten mich für einen Militaristen.
    Was hatten Sie im Kriegsgefangenenlager für eine Uniform?
    Da hatte ich eine Luftwaffenuniform an, bereits ziemlich zerfleddert.
    Fühlten Sie sich erleichtert, als Sie diese Uniform endlich ablegen konnten?
    Erleichtert war ich, weil ich durch einen freundlichen Zufall aus dem Kriegsgefangenenlager im belgischen Jabbeke entlassen wurde. Die anderen kamen noch zwei Jahre in ein nordfranzösisches Bergwerk.
    Was für ein Zufall?
    Die Engländer hatten in diesem Kriegsgefangenenlager offenbar ihre Spitzel; und die müssen ihnen berichtet haben, dass

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