Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt
Entwurf einer Erklärung der menschlichen Verantwortlichkeit gegeben haben. Das ist ein ergänzendes Gegenstück zur Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass der Mensch nicht nur Rechte hat, sondern auch Verantwortung. Das haben wir in einem Dokument niedergeschrieben, an dem wir beinahe ein Jahrzehnt gearbeitet haben – unter Mitwirkung von muslimischen, hinduistischen, buddhistischen und christlichen Führungspersonen. Dann hat es der Generalsekretär der Vereinten Nationen auf die Tagesordnung der Generalversammlung gesetzt.
Und was ist mit dieser Erklärung passiert?
Sie ist bis heute nicht verabschiedet worden.
28. August 2008
[ Inhalt ]
Ein Bürger namens Schmidt
Wahlkampf in den Fünfzigern
Lieber Herr Schmidt, durch Zufall habe ich erfahren, dass Sie ein Pionier des modernen Wahlkampfs waren.
Das weiß ich nicht mehr.
Vor mehr als einem halben Jahrhundert, im Jahre 1953, waren Sie Hauptdarsteller eines zehnminütigen Werbefilms mit dem Titel: »Ein Bürger namens Schmidt«.
Richtig. Der war kurz genug, damit die Leute, die den U- oder S-Bahnhof verließen, kurz stehen blieben und sich den Film ansahen.
Das war also mobiles Kino?
Ja, das war ein Volkswagenbus mit einem Projektor, der dieses Filmchen auf die Wand eines Brückenpfeilers warf. Das war aber nicht meine Idee, der Pionier war der Produzent Gyula Trebitsch, er hatte das erfunden. Wir waren befreundet, und ich bin darauf mit Vergnügen eingegangen.
Können Sie sich erinnern, was man in diesem Film sah?
Nein, ich habe den später nie wieder gesehen.
Der Film begann mit einer Aufnahme des Klingelschildes und sollte wohl zeigen: Ich bin ein Bürger wie ihr auch. Es war sehr volksnah.
Ich erinnere nur noch, dass es ein Bild darin gibt, wo ich mit Frau und Tochter zusammen abgebildet bin.
Und die beiden sind zu einigen Vorführungen auch mitgefahren. Susanne bekam währenddessen einen Apfel, damit sie ruhig war.
Vielleicht ist das einmal so gewesen. Aber so klein war sie ja nicht mehr, sie war immerhin schon sechs.
Und wissen Sie noch, wie die Zuschauer reagierten?
Sie haben sich das angeguckt und sind dann nach Hause gegangen.
Standen Sie gern vor der Kamera von Herrn Trebitsch?
Das weiß ich nicht mehr. Trebitsch war übrigens ein sehr erfolgreicher Unternehmer, dem es bei den Filmen und später auch bei den Fernsehproduktionen weniger auf seinen Umsatz und seinen Gewinn ankam als vielmehr auf die Qualität dessen, was er tat. Und er war politisch interessiert.
Er war mit einer Kommunistin verheiratet.
Das war nicht entscheidend. Er kam aus dem KZ; das war der entscheidende Punkt. Erna Trebitsch war übrigens eine fabelhafte Frau.
Hat Gyula Trebitsch Ihnen erzählt, was ihm in den Konzentrationslagern der Deutschen angetan worden war?
Ja, das hat er.
Haben Sie sich als ehemaliger Wehrmachtsoffizier dafür geschämt?
Ich habe mich nicht geschämt, denn ich hatte nicht das Gefühl, dafür Verantwortung zu tragen. Sie wissen doch, dass ich selbst einen jüdischen Großvater hatte und nur mit Glück durch das Dritte Reich gekommen bin. Wir haben die sogenannte arische Abstammung fingiert. Wenn das rausgekommen wäre, weiß man nicht, was uns, insbesondere meinem Vater, passiert wäre.
Zurück ins Jahr 1953: Der Film von Herrn Trebitsch sollte helfen, Sie zum Berufspolitiker zu machen.
Ich bin durch Zufall Bundestagskandidat geworden. Einige Sozialdemokraten hatten mir angeboten, in ihrem Wahlkreis zu kandidieren, und ich entschied mich dann für einen, der nahe lag – das war Hamburg-Nord. Natürlich war ich längst sozialdemokratisch gesinnt, aber die ersten vier Jahre im Bundestag haben dazu geführt, dass ich innerlich mit der Politik verheiratet wurde.
Wenn Sie sich heute im Fernsehen sehen, schauen Sie hin oder schalten Sie um?
Ich schaue mir das kritisch an, sowohl den Inhalt als auch die Rhetorik und die Darbietung.
Und wie finden Sie sich dann?
Im Durchschnitt bin ich ganz zufrieden. Aber man lernt auch, wenn man sieht, dass man Fehler gemacht hat.
Immer noch?
Ja, bis auf den heutigen Tag.
4. September 2008
[ Inhalt ]
Lale Andersen, Grace Kelly
und die Dietrich
Ikonen der frühen Jahre
Lieber Herr Schmidt, immer wieder werde ich gefragt, ob es in Ihrem Leben Schauspieler oder Sänger gab, für die Sie geschwärmt haben.
Geschwärmt, sagen Sie …
Ja, der Produzent Gyula Trebitsch zum Beispiel, von dem Sie vergangene Woche so anerkennend gesprochen
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