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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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und Teetrinker. Die Whiskeys in der Bar trinken die Gäste.
    Wer mixt die Drinks, wenn die Gäste kommen? Ich habe einmal einen Ihrer ehemaligen Sicherheitsbeamten als Barmann gesehen.
    Richtig, das ist Otti. Der ist freundlich genug, und es macht ihm auch Spaß, den Barkeeper zu machen. Wenn ich mit den Gästen zusammen in der Bar sitze oder stehe, dann trinke ich manchmal eine Bloody Mary, Tomatensaft und Gin, aber ohne Pfeffer. Das ist die einzige Ausnahme von meinen Trinkgewohnheiten.
    Haben Sie es in der Politik auch manchmal so gehalten, dass Sie mit einem Politiker einen trinken gegangen sind?
    Nicht nur mit deutschen, auch mit Ausländern.
    Ist es ein Klischee, dass russische Politiker gerne trinken?
    Es mag ein Klischee sein. Außerdem ist es die Wahrheit.
    Kann man da mithalten, wenn man kein Russe ist?
    Nicht ewig. Ich erinnere mich an ein Essen, das wir in Bonn für Breschnew gaben. Links von Breschnew saß Walter Scheel, der war Bundespräsident. Rechts von Breschnew saß ich als Regierungschef. Breschnew trank den Wodka aus Wassergläsern. Er leistete sich einen persönlichen Diener, Aljoscha, der hatte einen großen Flachmann in der Brusttasche und musste immer nachschenken. Ein Wasserglas voll Wodka haben Scheel und Schmidt mitgetrunken. Das zweite Wasserglas voll Wodka haben wir auch noch mitgetrunken. Beim dritten Glas hat Schmidt gestreikt.
    Früher wurde ohnehin mehr getrunken, auch in Redaktionen. Heute ist das verpönt.
    Das mag so sein. Die rauchen ja auch nicht mehr. Rauchen nicht, trinken nicht – langweilige Menschen. (Lacht)
    Hatten Sie schon mal einen richtigen Rausch?
    Wahrscheinlich das letzte Mal vor fast 60 Jahren. Der Anlass war ein Betriebsfest des Amtes für Verkehr in Hamburg. Das war ein einziges Mal im Leben, und es war nicht wirklich ein Rausch. Immerhin habe ich damals meine Brieftasche sicherheitshalber meiner Frau übergeben.
    Konnte man so eine Feier nur mit Alkohol ertragen?
    Nein, die war ganz gemütlich. Ich weiß auch noch, wo das war: in einer Kneipe in der Nähe der Michaelis-Kirche.
    Hatten Sie auch keinen Kater am nächsten Morgen?
    Nee. Habe ich nie gehabt.
    Es gibt Leute, die kriegen schon nach zwei Gläsern einen Kater.
    Ich habe mich letzte Woche mit einem sehr interessanten Russen unterhalten, wir haben außer Wasser nur skandinavischen Aquavit getrunken.
    Den Sie gut vertragen haben, nehme ich an?
    Oh ja.
    Und der Russe auch?
    Ja, er musste doch.

    >31. Juli 2008

[ Inhalt ]
    »Ganz rauskommen
darf man nicht«
    Politiker in den Ferien
    Lieber Herr Schmidt, was bedeutet es, wenn fast alle Politiker in Deutschland gleichzeitig in die Ferien fahren?
    Das bedeutet gar nichts.
    Die klügsten Köpfe des Landes sind im Urlaub – und das soll keine Auswirkungen haben?
    Sie sind alle erreichbar und funktionstüchtig, falls etwas entschieden werden muss. Ich finde, Politiker sollten Urlaub machen. Die brauchen auch mal Zeit, um ihr Gehirn auszuruhen und um zu lesen.
    War das in Ihrer Zeit auch schon so, dass man in die Ferien fuhr, aber trotzdem permanent erreichbar blieb?
    Aber ja.
    Sind Sie immer mit einem Referenten gefahren, der den Überblick behalten hat?
    Ja. Man behielt selber den Überblick und war natürlich über Fernschreiber und Telefon mit dem eigenen Stab verbunden.
    Hatten Sie eine Regelung gefunden, womit Sie belämmert werden wollten und womit nicht?
    Das haben wir nicht formal geregelt, das hat sich durch Übung ergeben. Natürlich haben sie mich nicht mit jeder Kleinigkeit behelligt, das hätte ich sonst abgestellt.
    Haben Sie es denn mal geschafft, einen Tag Ruhe von allem zu haben?
    Wahrscheinlich ist das vorgekommen, ziemlich selten.
    Wie viele Wochen Ferien braucht man denn, um runterzukommen und rauszukommen aus der Mühle?
    Ganz rauskommen darf man nicht. Aber um von der Tretmühle runterzukommen reichen zwei Tage, wenn man gesund ist. Wenn man krank ist, dauert es länger.
    Fühlten Sie sich nach dem Urlaub wieder bei Kräften?
    Ich bin sehr viel krank gewesen. Das haben wir der veröffentlichten Meinung weitgehend verheimlicht. Ich habe inzwischen den fünften Herzschrittmacher, wenn ich richtig gezählt habe. Die ersten habe ich bekommen, während ich in Ämtern war. Ich hatte nicht nur Herzprobleme, auch Schilddrüsenprobleme und alles Mögliche. Die Kräfte haben immer gereicht, wenngleich ich nie kerngesund gewesen bin.
    Aufgrund Ihrer Arbeitsbelastung?
    Vielleicht. Wohl auch wegen des Krieges. Ich bin mal aus Russland nach Hause

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