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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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Unsicherheit und Besorgnisse. Dann gibt es Leute wie diesen Lafontaine, die auf diesem Klavier spielen und Ängste schüren.
    Viele Politiker würden einwenden, dass man für Prinzipien von Wählern abgestraft werden kann.
    Das ist eine Ausrede, um selber schuldlos dazustehen. In jedem Land der Welt kommt es vor, dass Entscheidungen notwendig sind, die den eigenen Wählern nicht einleuchten. Trotzdem muss man einer Notwendigkeit gehorchen, auch wenn man deshalb vielleicht sein Mandat verliert. Jemand, der dieses Risiko nicht eingehen will, taugt nicht für die Demokratie.
    Ein großes Wort.
    Ja, meine ich auch so.
    Aber nur selten haben Politiker diesen Mut oder diese Selbstlosigkeit.
    Auf Selbstlosigkeit will ich nicht bestehen, wohl aber auf Prinzipientreue. Ich kann aus meinem eigenen Leben auf den berüchtigten Nato-Doppelbeschluss hinweisen: Es war klar, dass sich meine Leute und auch sonst kaum jemand dafür erwärmen lassen würden. Aber nach meiner Überzeugung war es eine Notwendigkeit. Also musste es gemacht werden.
    Es hat Ihnen nur bedingt geschadet.
    Es hat mir sehr geschadet, ich wurde aus dem Amt gejagt!
    Aber nicht Ihrem Ansehen.
    Jedenfalls hat es meiner Gesundheit keineswegs geschadet, sondern genützt. Wenn ich das Amt noch lange behalten hätte, wäre ich nämlich längst tot.

    28. Juni 2007

[ Inhalt ]
    Was der Krieg leider lehrt
    Verpasste Jugend und
kaum Rebellion
    Lieber Herr Schmidt, es gibt ein berühmtes Wort von Ihnen, das mich immer geärgert hat. Die Generationen nach Ihnen seien nicht »durch die Scheiße gegangen« …
    Nicht alle Generationen nach mir, sondern die nächste Generation.
    Jedenfalls klingt dieser Satz wie ein Vorwurf an die Jüngeren.
    Nein, die haben ja Glück gehabt. Das kann man ihnen doch nicht vorwerfen.
    Aber Sie sagten zugleich, sie seien deswegen auch nie ganz erwachsen geworden.
    Nein, das ist nicht der Sinn dieser Bemerkung gewesen. Wenn darin ein Vorwurf enthalten war, dann an die Generation derjenigen, die heute regieren, weil sie in meinen Augen allzu leichtfertig bereit sind, mit militärischen Mitteln in anderen Ländern zu intervenieren. Leute, die keinen Krieg erlebt haben, wohl aber selbst Krieg führen oder provozieren, wissen nicht, was sie Furchtbares anrichten.
    Reden Sie gelegentlich noch mit jungen Leuten?
    Das mache ich jedes Jahr viele Male. In diesen Tagen traf ich zum Beispiel junge Studenten der Harburger Technischen Universität.
    Interessieren die sich noch für Politik wie in den Jahren, als Sie in der Politik waren?
    Die damalige Jugend war etwas stärker politisiert – nicht notwendig parteipolitisch engagiert – durch die Medien und durch die öffentliche Aufmerksamkeit, die sich durch den Kalten Krieg ergab. Andererseits gab es nach der Nazizeit für die Deutschen ziemlich ungewöhnliche innenpolitische Kämpfe zwischen Christdemokraten und Sozialdemokraten. Die Bundestagsdebatten füllten die Medien; heutzutage finden sie nur noch auf Seite vier der Tageszeitungen statt.
    Waren Sie selbst als Jugendlicher jemals rebellisch?
    Wenn ich rebellisch gewesen wäre, dann wäre ich im KZ gelandet oder vor dem Volksgerichtshof geendet und umgebracht worden. Aber ich war natürlich gegen die Nazis, schon deswegen, weil ich einen jüdischen Großvater hatte und meine sogenannte arische Abstammung nicht in Ordnung war.
    Haben Sie nach Kriegsende mal was nachholen wollen an Rebellischem?
    Nein, dazu war ich inzwischen zu erwachsen.
    Auch nicht bei den jungen Genossen vom SDS ?
    Der SDS zu meiner Zeit, ich war Bundesvorsitzender in den Jahren 1947 bis 1948, der ist mit dem, washeutzutage mit dem gleichen Namen verbunden wird, nicht zu vergleichen. Wir waren in den ersten Nachkriegsjahren zutiefst geprägt von der Ablehnung der Diktatur durch die Nazis, wir waren ähnlich negativ durch die Diktatur durch die Kommunisten geprägt; und wir bemühten uns, Demokratie zu lernen.
    Kein Bedürfnis nach Feiern, nach Unbeschwertheit?
    Doch, wir haben auch einen sehr, sehr kleinen Teil der Jugend nachgeholt, die wir vorher verpasst hatten.
    Haben Sie Ihre Tochter als Jugendliche immer verstanden?
    Es gab auch eine schwierigere Phase. Meine Tochter lebte hier in Hamburg, später in einer anderen Universitätsstadt, und ich war in Bonn. Das heißt, es gab ein Familienleben nur an jedem zweiten Wochenende. Schon die räumliche Distanz: Damals flog man nicht mal eben von einer Stadt in die andere, das gab es nicht, das konnte man sich nicht leisten. Sehr viel

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