Auf einmal ist Hoffnung
Amerikaner, dem das Verfahren geglückt ist?« fragte Patrick besonnen.
»Nein, ein Finne«, antwortete Louis erstaunt, »Luikonen, vom Zentralen Gesundheitslabor in Helsinki.«
»Wie hat er das geschafft?« Jennifer sprach ruhig.
»Er hat mit Spenderblut gearbeitet«, erklärte Louis, »das von Blutkonserven übrig war. Er hat die Leukozyten, also die weißen Blutkörperchen, mit einem ungefährlichen Virus infiziert und ist auf diese Weise zu Superfexon gekommen. Nur sehr mühsam.«
»Ich verstehe nicht.« Patrick hob den Blick.
»Einundeinhalb Liter Spenderblut sind notwendig, um die durchschnittliche Tagesdosis für eine Superfexon-Behandlung zu erhalten«, gab Louis zu bedenken.
»Und wieviel braucht man im Durchschnitt für eine Behandlung pro Tag?« schaltete sich Jennifer ein.
»Ungefähr drei Millionen Einheiten«, sagte Louis sachlich, »das hört sich groß an, ist aber nur ein Bruchteil von einem Gramm.«
Patrick fragte im nächsten Atemzug: »Wie teuer kommt so eine Behandlung?«
»Ein Gramm kostet derzeit immer noch fünfzigtausend Dollar«, antwortete Louis und schränkte ein: »Aber man kann es auch für Millionen nicht kaufen.«
»Warum nicht?« Jennifers Blick lag auf Louis.
»Dazu muß ich noch einiges erklären«, sagte Louis, »die Gewinnung von Superfexon für den Menschen ist noch sehr kompliziert. Der Stoff bindet sich an Proteine. Das Spenderblut ist nicht immer sauber. Die Giftstoffe und Viren sind nur sehr schwer auszufiltern. Sogenanntes reines Superfexon enthält je nach Menge höchstens ein Prozent des tatsächlichen Wirkstoffes. Man kann sich also vorstellen, wie wertvoll der Stoff zur Zeit ist.«
»Gibt es keine Hoffnung, daß sich das ändert?« fragte Jennifer interessiert.
»Wie gesagt, wir kommen langsam voran. Millimeter für Millimeter. Doktor Pinter in England ist so eine Hoffnung. Seit ein paar Monaten züchtet er Zellen in großen Tanks und gewinnt den Stoff aus den Überständen der Zellen. Sein größter Erfolg ist, daß er den Reinheitsgrad steigern konnte.« Louis nippte am Kaffee und danach am Eiswasser.
Er wartete, ob sie etwas entgegneten. Als dies nicht geschah, rundete er seinen Gedankengang ab. »Aber trotz aller Erfolge sind die produzierten Mengen nach wie vor so gering, daß sie ausschließlich in der Forschung verwendet werden dürfen. Würde das Superfexon freigegeben, kämen wir wahrscheinlich nie zum Ziel.«
»Sie meinen, die Forschung am Menschen?« fragte Patrick.
»Ja, auch die Forschung am Menschen«, erwiderte Louis milde, »denn sie steht noch ganz am Anfang. Bethesda, Stanford, Sloan-Kettering, Karolinska, in Deutschland Heidelberg – es gibt noch nirgends ausreichende Studien.« Er seufzte. »Allright, wir kennen die Molekülstruktur des Leukozyten-Superfexons oder des Fibroblasten-Superfexons, also des Superfexons des Bindegewebes, aber wir wissen noch immer nicht genau, ob zum Beispiel das Immun-Superfexon hundertprozentig gegen Tumore wirkt.«
»Heißt das, die positive Wirkung von Superfexon bei Krebs steht noch nicht einmal fest?« fragte Jennifer überrascht.
»Die Frage ist für mich als Wissenschaftler zu allgemein formuliert. Wenn ich sie dir ebenso beantworten würde, müßte ich dir zustimmen. Leider. Aber im einzelnen lautet das Ergebnis anders. Bei manchen Krebskrankheiten konnte mit Superfexon schon nachweisbare, kurzfristige Erfolge erzielt werden. Das hatten wir jedoch zum Teil schon angesprochen: Brustkrebs, Leukämie, Knochenkrebs, Neuroblastom, also Nervenkrebs, vor allem bei Kindern.« Louis hob bedauernd die Schultern: »Aber generell können wir noch nicht abschließend urteilen.«
Ihre Blicke trafen ineinander. Wie schön sie doch ist, dachte er unwillkürlich, ein Gesicht zum Malen, ebenmäßig schmal, beherrscht von großen, dunklen Augen und weichen Lippen und umgeben von langen brünetten Haaren, die im Tageslicht glänzten.
Ob sie es wohl durchstehen würde, wenn sie die ganze Wahrheit erfuhr? Er zweifelte daran. In ihren gefühlsbetonten Äußerungen wirkte sie auf ihn seelisch zerbrechlich. Im stillen wünschte er ihr viel Kraft und Mut für die Zukunft. Er hielt ihrem Blick stand und fühlte sich in ihrem Leid mit ihr verbunden.
Patricks Frage riß ihn aus seinen Gedanken. »Wie viele Jahre wird es noch dauern, bis man über Superfexon endgültig Bescheid weiß?«
»Wenn wir vom Glück begünstigt sind, vielleicht zwei Jahre, vielleicht aber auch drei. Es steht in den Sternen.« Louis lehnte sich
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