Auf einmal ist Hoffnung
verstrichen ein paar Augenblicke, ohne daß einer sprach. Zu stark waren sie alle drei noch bei dem Geschehen im Konzentrationslager.
Louis zerriß schließlich das bedrückte Schweigen. »Ich bin ein schlechter Gastgeber.« Er stand entschlossen auf. »Will jemand Kaffee? Whisky?« Er nahm die Flasche vom Regal und hielt sie ihnen hin. Als sie beide stumm verneinten, stellte er die Flasche zurück und setzte hinzu: »Es gibt in diesem Haus auch noch irgendwo eine Dose mit ausgezeichneten Keksen.«
Er gab sich bewußt aufgeräumt, um der niedergeschlagenen Stimmung ein Ende zu bereiten.
Jennifer lehnte das Angebot mit einem kaum hörbaren »Nein, danke« ab. Patrick aber sagte: »Wenn das Suchen keine zu große Mühe macht?«
»Es kommen nicht allzu viele Plätze in Frage«, antwortete Louis im Scherz und ging hinaus in die Küche. Patrick folgte ihm. »Kann ich Ihnen helfen?« Und ehe Louis zu einer Entgegnung ansetzen konnte, öffnete Patrick schon den Küchenschrank.
Louis stutzte und fragte amüsiert: »Sind Sie süchtig auf Kekse?«
»Ich wollte mit Ihnen allein sein.« Patrick dämpfte die Stimme, damit Jennifer in der Bibliothek nichts hören konnte. Als Louis ihn erwartungsvoll betrachtete, sagte er: »Sie waren vorhin ganz erstaunt, als Jenny Sie gefragt hat, ob der Tod ihres Vaters vielleicht mit seinem Krebs in Zusammenhang gebracht werden könne. Erinnern Sie sich, Louis?«
»Sehr gut sogar. Was wollen Sie wissen, Patrick?« Seine Aufgeschlossenheit wirkte nicht natürlich.
»Sie waren erstaunt gewesen und haben zurückgefragt: ›Meinst du medizinisch?‹ Stimmt's?«
»Ja. Und?«
»Diese Rückfrage hat mich noch lange beschäftigt. Ihr Erstaunen war nämlich echt gewesen. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß Sie irgend etwas verschwiegen haben.«
»Meinen Sie?« Louis war befangen, Patrick spürte es deutlich.
»Auch diese Frage jetzt bestärkt meine Vermutung.« Er bemühte sich um eine klare Sprache.
»Worauf wollen Sie hinaus, Patrick?« fragte Louis, zwang sich zu einem betont offenen Blick.
»Ich weiß es nicht.« Patrick hob bedauernd die Arme und ließ sie kraftlos herunterfallen.
Louis fand die Dose mit den Keksen im Brotfach und bot seinem Gast davon an. Gedankenverloren steckte sich Patrick ein Keks in den Mund. Das Verhalten, das Louis auf seine Fragen hin gezeigt hatte, war für ihn nach wie vor unbefriedigend.
Sie gingen zurück in die Bibliothek, und er wandte sich vor Jennifer bewußt hart an Louis: »Sie haben ihm also Superfexon ausgehändigt?«
»Ja.« Louis sah skeptisch auf Patrick.
»Um eine Schuld abzutragen?«
»Das wäre gar nicht möglich gewesen«, antwortete Louis aufrichtig. »Immerhin hatte Mon sein Leben für mich eingesetzt. Und ich konnte ihm nur Hoffnung geben.«
Sein Blick ging wie abwesend durchs Fenster hinaus auf den Zapotebaum, dessen Äste sich im Wind beugten.
»Wir müssen allmählich aufbrechen«, sagte Jennifer in die kurze Stille hinein.
»Ich hoffe, daß ich euch ein wenig habe helfen können«, wandte sich Louis sowohl an sie als auch, mit einem aufmunternden Blick, an Patrick, dessen Gesicht auch jetzt noch Verstimmung ausdrückte.
»Ja, Onkel Louis, du hast uns sogar sehr geholfen. Nicht wahr, Patrick?«
Patrick nickte. Dann drehte er sich Louis zu und fragte ohne Vorrede: »In welcher Form haben Sie ihm das Superfexon überlassen? Tabletten?«
»In Ampullen«, antwortete Louis sachlich, »Tabletten wären nicht wirksam genug.«
»Wie groß sind diese Ampullen, Louis?« Er sprach jetzt wieder verbindlich.
»Nicht allzu groß. Wie ein Streichholz.«
»Und wie viele waren es?«
»Warum wollen Sie das wissen, Patrick?«
»Es ist wichtig für uns.« Patrick bezog Jennifer mit ein.
»Es war eine ausreichende Menge für eine Behandlung«, erklärte Louis und verbesserte sich: »Für eine Testbehandlung, wie sie zum Beispiel auch am Sloan Kettering Cancer Center durchgeführt wird.«
»Mich interessiert dabei die Größe der Verpackung, die so eine Menge braucht.«
»Jetzt erst verstehe ich Sie, Patrick. Sie suchen nach Mons Superfexon.« Louis war auf einmal hellhörig.
»Habe ich das nicht gesagt?«
»Nein«, antwortete Louis verwundert.
»Wie groß war die Verpackung?«
»Die Ampullen waren zu je vier Stück in zylindrische Spezial-Gefäße gepackt, und diese Gefäße befanden sich in einer normalen Kühltasche«, antwortete Louis und erinnerte sich: »Ich glaube, die Tasche war hellgrün und aus Plastik.«
»Hatte die
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