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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
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Barockschränken.
    »Dort drüben«, flüsterte er ihr zu und deutete mit einer Kopfbewegung die Richtung an, »das ist der Frankfurter Schrank. Kapiert?«
    Sie nickte einfältig.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?« May Tsang, die zierliche Chinesin, stand auf einmal neben einem der Bücherschränke. Der Summton hatte sie aus dem Büro geholt, wo sie mit Monroe Kahn die Ergebnisse des Wochenendes durchgegangen war.
    Dick Wehovsky starrte sie einen Moment lang an. Sie hatte ihn erschreckt. Doch gleich darauf hatte er sich wieder gefangen. Er fühlte sich der alten Frau, deren wache, dunkle Augen ihn höflich ansahen, überlegen. »Wir suchen was Hübsches für unsere Bibliothek.«
    Er hatte sich die Worte vorher genau zurechtgelegt. Bibliotheken beeindruckten ihn nun mal. Nicht zuletzt die Bibliothek auf der ›Sea Baroness‹, neben der er, Wand an Wand, arbeitete. Er hob selbstbewußt das Kinn an.
    May Tsang verwies auf die Bücherschränke von George Hepplewhite, doch er tat es mit einer Handbewegung ab. »Wir suchen etwas Besonderes. Ma'am.«
    »Oh, es ist etwas Besonders, Sir«, entgegnete May Tsang taktvoll, »George Hepplewhite zählt zu den begehrtesten Designern des achtzehnten Jahrhunderts.«
    »Das ist mir egal, Ma'am«, sagte er gutgelaunt, »aber ich will keinen Hepplewhite. Und es muß auch kein Buchetschrank sein.« Der Alkohol beschwingte ihn.
    »Selbstverständlich, Sir«, pflichtete May Tsang ihm bei und bedeutete ihnen mit einer einladenden Handbewegung sie sollten ihr in den hinteren Teil des Ladens folgen.
    Dick machte Lucie versteckt ein Zeichen, zurückzubleiben. Dann ging er ein paar Schritte hinter May Tsang her. Doch sobald Lucie außer Sichtweite war, murmelte er für May Tsang undeutlich eine Entschuldigung, er wolle seine Frau nachholen, und lief zu Lucie zurück. »Los, in den Schrank.« Er hielt ihr die Schranktür auf, sie stieg hinein, und er schob sie lose hinter ihr zu.
    Ein paar Sekunden später war er wieder bei May Tsang und gab sich aufgeregt: »Meiner Frau ist nicht gut, sie wartet auf der Straße.«
    May Tsang nickte höflich und bat ihn stumm, ihr weiter zu folgen.
    Der Laden war geräumig, und die wertvollen Möbel, an denen Dick vorbeikam, standen im hinteren Teil zusehends enger beisammen.
    May Tsang deutete auf einen Schreibtisch mit Aufsatz, dessen Intarsien aus hellem Satinholz waren. »Wie wär's mit einem Sheraton?« Sie kannte ihr Publikum. Triomas Sheraton war den in Kunstgeschichte nicht allzu beschlagenen Kunden allein schon wegen der gleichnamigen Hotelkette ein Begriff.
    »Oh, Sheraton!« rief Dick erfreut aus, als treffe er auf einen alten Bekannten.
    »Gefällt er Ihnen, Sir?«
    »Hm.« Er wog mit Kennermiene ab und strich sich übers Kinn. »Ich weiß nicht recht. Kann sein, daß er zu klein ist.«
    Er sah May Tsang nachdenklich an. »Ich glaube, es ist besser, ich hole meine Frau dazu.« Noch ehe May Tsang etwas entgegnen konnte, lief er mit eiligen Schritten den Weg zurück.
    Er hörte, daß die Chinesin ihm gemessen folgte. Er lief schneller und erreichte den Frankfurter Schrank, ohne daß May Tsang ihn sehen konnte.
    Er klopfte leise dagegen. Lucie öffnete ihm. Sie wollte sich lauthals darüber beklagen, daß sie die Luft im Schrank als ausgesprochen unzumutbar empfand, aber er hielt ihr schnell den Mund zu, stieg zu ihr hinein und schloß hinter sich die schwere, eichene Tür.

22
    Teds Bar lag schräg gegenüber vom West Side Arts Theatre. Die ausgeblichene rote Fahne hing im Nieselregen schlaff von der dreistöckigen Backsteinfassade. Es war eine bescheidene Bar, aber die Getränke, die es dort gab, waren in Ordnung. Kalifornischer Weißwein, guter amerikanischer Whisky, Gin und natürlich auch Miller- oder Schlitz-Bier.
    Ein paar kleine runde Tische mit Marmorplatte, dunkle Stühle mit geschwungenen Lehnen, an den zwei Fenstern in halber Höhe eine Messingstange, an der eine helle Gardine die Gäste vor Blicken von draußen schützte, eine kurze Theke, dahinter ein Regal, in dem die vollen Flaschen aufgereiht standen. Hier verkehrten im allgemeinen einfache Menschen, die in dieser Gegend ihrem Job nachgingen: Garagenarbeiter, Angestellte von Transportunternehmen oder vom Hafen und, seitdem die New Broadway Dance Company ihr Studio nur ein paar Schritte gegenüber hatte, auch Tänzer.
    Am späten Nachmittag war sogar Igor Negolescu hier. Er saß mit Jennifer Kahn zusammen, hatte sie zu einem Besuch der Bar überredet.
    Jennifer hatte ihre dritte

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