Auf einmal ist Hoffnung
Höhe von Rotebro sagte er zögernd: »Ich habe dir etwas verschwiegen.« Sie sah weiter zum Fenster hinaus und reagierte nicht. Er fuhr fort: »Ich habe Igor die Geschichte von Lopez erzählt. Die Sache mit der Ulanowa, meine ich.« Er machte eine Pause, um ihr Gelegenheit zu einem Einwand zu geben.
Doch sie tat, als höre sie nicht zu.
»Er hat sofort John Ransopher angerufen«, sprach er weiter, »und der hat es ihm bestätigt.«
»Was?« Sie fuhr ärgerlich herum.
»Du weißt, daß Ransophers Fachkenntnis von niemandem angezweifelt wird?«
Sie ignorierte die Frage und sagte streitbar: »Was hat er bestätigt?«
»Die Ulanowa hat zwar ein paarmal in Madrid gastiert, aber immer nur für einen Abend. Und nie mit Schwanensee. Auch wenn sie gewollt hätte, wäre es ihr nicht möglich gewesen, während der Tournee eine Woche lang bei Freunden in Madrid zu wohnen. Ihre Tourneen waren immer vollgepackt mit Auftritten. Ein Abend in Madrid, der nächste in Wien, dann in Paris, und so weiter.« Sein Blick war nachdenklich auf sie gerichtet. Sie tat ihm leid.
Ihre Augen blitzten aufgebracht, aber sie schwieg.
Sie erreichten Solna. Nach dem Norra-Friedhof fuhr der Fahrer von der einem Highway gleichenden Uppsala Vagen herunter in die weite Schleife zur Karolinska Vagen hinein. Das Klinikgebäude war ein ganzer Stadtteil für sich. Das Gustav-V.-Institut. Die Thorax-Klinik. Die chemischen Labors. Das Nobel-Institut für Medizin. Die Nervenklinik. Das Radium-Institut.
Auf der Solna Vagen hielten sie vor den modernen Betonbauten des Karolinska Instituts. Im U-förmigen Trakt war die Klinik untergebracht, im L-förmigen die Forschungsabteilung und im ein wenig kleineren Haus die Verwaltung.
An der Informationstheke saß eine behäbige blonde Frau. Jennifer nannte ihren Namen, wies ihr den Brief vor und deutete auf das Aktenzeichen K-F-A-7. »An wen muß ich mich wenden?«
Patrick schwieg und hielt sich im Hintergrund.
Die behäbige Blonde warf einen flüchtigen Blick auf den Brief und antwortete träge: »Professor Sellenstett.«
»Ist er schon im Haus?« fragte Jennifer.
»Er ist meistens der erste.« Die Blonde schien an etwas anderes zu denken.
»Ich würde ihn gerne sprechen«, sagte Jennifer.
»Sind Sie angemeldet?«
»Ja«, log Jennifer und setzte hinzu: »Wir sind heute deshalb eigens aus New York gekommen.«
»Einen Moment.« Die Blonde betätigte eine Sprechtaste und beugte sich über eine Membrane: »Professor Sellenstett var snäll och.«
Es dauerte eine Weile, bis aus dem Lautsprecher die Antwort eines Mannes kam: »Hej?«
Die beiden tauschten ein paar kurze Fragen und Antworten aus, die Blonde nannte Jennifer Kahns Namen, wartete danach die Antwort aus dem Lautsprecher ab und wandte sich wieder an Jennifer: »Der Professor kann sich nicht erinnern, daß Sie angemeldet sind.«
»Ich habe mit ihm telefoniert, vor zwei Tagen, von New York aus«, sagte Jennifer ungehalten und war ratlos.
»Der Professor ist sehr beschäftigt«, machte sich die Blonde wichtig.
Da griff Patrick ein und lächelte sie verbindlich an. »War das eben der Professor am Lautsprecher?«
»Sein Assistent, warum?« antwortete die Blonde und gab das Lächeln zurück.
»Wir haben in Stockholm nur zweieinhalb Stunden Aufenthalt und wollen Professor Sellenstett nur eine einzige Frage stellen«, sagte Patrick und setzte seinen ganzen Charme ein. »Glauben Sie, daß Sie den Professor persönlich an die Leitung bekommen könnten?«
»Das wird schwierig sein. Ich darf ihn bei der Arbeit nicht stören. Die Gespräche gehen immer über Doktor Hellgrup, seinen Assistenten.« Sie dachte angestrengt nach. »Es sei denn, er macht gerade Pause.« Es bezog sich auf Sellenstett.
»Nehmen wir diesen günstigen Fall an«, ermunterte er sie.
Sie sah ihn verstohlen an und drückte von neuem die Sprechtaste. »Doktor Hellgrup.« Wieder meldete sich der Doktor mit einem »Hej?« Nach einem kurzen Dialog fragte die Blonde abschließend: »Hur länge tid tar det?«, und Hellgrup antwortete: »Inte lang.«
Sie lächelte Patrick an. »Vielleicht haben Sie Glück. Ann besten, sie warten hier, bis Doktor Hellgrup mir Bescheid gibt.«
Jennifer und er nahmen auf den Stahlrohrstühlen Platz, die an der Fensterfront aufgereiht standen. Eine Zeitlang schwiegen sie. Sie betrachteten gelangweilt die karge Einrichtung der kleinen Empfangshalle. Die deckenhohe Wandkarte des Klinikviertels. Die drei Ölgemälde, die Motive aus Stockholm zeigten, die Gamla
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