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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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tausendmal sich zurückrief, um tausendmal die nämliche Marter zu fühlen. Jetzt war Schweigen in seinen Augen – ein Verbrechen. Er entschloß sich, für die Wahrheit auf dem nämlichen Schafott zu bluten, wo Corday, von Vaterlandsliebe entflammt, ihren Geist aufgegeben hatte.«
    Am 19. Juli erschien seine Flugschrift Über Charlotte Corday , die die Geliebte seiner Seele verherrlichte und Forster in größte Besorgnis versetzte. Er fürchtete, daß die Leidenschaft seines Zimmergenossen ihn mit in den Tod reißen würde. Um ihn zu schützen, schrieb Lux einen Abschiedsbrief an den »teuren Freund und Mitbürger«. Darin erklärte er förmlich, daß er sein Pamphlet ohne dessen Wissen verfaßt habe. »Ich bin sehr vergnügt darüber, mit Ihnen während unserer Verbannung gelebt zu haben – ich danke Ihnen für alle mir erwiesenen Freundschaftsdienste – und umarme sie von Herzen.
    Leben Sie wohl. Adam Lux.«
    Am 24. Juli wurde er verhaftet.
    Die Befürchtung, die sein Kollege bei ihm geweckt habe, sei eingetroffen, schrieb Forster an Therese. »Er ist diesen Morgen wirklich arretiert worden, weil er in der Tat entweder unvorsichtig oder heroisch, je nachdem mans nimmt, das Frauenzimmer hoch gepriesen hat, das mit so wunderbarem Mut den Dolch auf Marat gezückt und ihn ermordet hat. Der gute Mensch hat ganz den Kopf über dem Mädchen verloren und kennt nichts seligers als für sie sterben zu müssen und für die Partei, die ihm ausschließlich recht zu haben scheint.« Er habe Lux zugeredet, sich seiner Einbildungskraft nicht zu überlassen, »allein, alles war in den Wind geredet. Selbst die Bedenklichkeit mich zu kompromittieren, die einzige, die für ihn Gewicht hatte, hielt ihn nicht zurück. Es wird ganz unmöglich sein, das Geringste für ihn zu tun, was er denn auch gar nicht wünscht.« Was ihn selbst betreffe, so sei er ruhig und gefaßt. »Habe ich nicht alle Ursache mich für bessere Zeiten aufzusparen?« Seine Überzeugung lehre ihn, »daß alles Wirkenwollen über einen gewissen Kreis hinaus, durch die Ungewißheit des Erfolgs zum bloßen Hazardspiel wird und sich gemeiniglich durch Verfehlen des Zweckes und anderer übler Folgen selbst bestraft.«
    War das die Lehre, die er aus seinem Engagement in Mainz gezogen hatte? Wenn ja, so ließ Forster sich das nicht anmerken. Er argumentierte grundsätzlich. »Alles zu frühzeitige Pfuschenins Handwerk der Vorsehung, so wie der Natur, kann nur das Gute verrücken.«
    Adam Lux wurde ins Gefängnis gebracht, wo er noch einige Monate lang auf seinen Prozeß und den erwünschten Tod warten mußte, den seine Freunde so gerne abgewendet hätten. Besonders »der Hase« Wedekind setzte sich engagiert für ihn ein. Es gelang ihm sogar, den Herausgeber des jakobinischen Journal de la Montagne zur Veröffentlichung eines Artikels zu überreden, der auf mildernde Umstände für Lux plädierte: Er sei nicht zurechnungsfähig, die Liebe zu Charlotte Corday habe ihm den Verstand geraubt. Lux hat dieses Rettungsmittel mit einem öffentlichen Dementi entrüstet von sich gewiesen.
    * * *
    Seitdem er in Paris war, hatte Forster versucht, sich eine neue Existenz zu schaffen. Die Diäten, die er als Deputierter bezog, reichten zum Leben nicht aus und waren überdies befristet. Einkünfte aus schriftstellerischen Arbeiten hatte er nicht mehr. Thomas Christie, wahrscheinlich auch John Hurford Stone, versuchten ihn als Mitarbeiter für ihre Verlagsprojekte zu gewinnen. »Man bietet mir hier an, mich auf Buchdruckerkunst zu legen.« Das scheint ihn nicht interessiert zu haben. Statt dessen bemühte er sich um eine Stellung im Dienste der Regierung. Für das Außenministerium verfaßte er eine Denkschrift, in der er für eine politische Mission nach Indien warb, die das Ziel haben sollte, die Fürsten des Landes für ein gegen England gerichtetes Handelsbündnis mit Frankreich zu gewinnen. Er selbst wollte sie unternehmen und mit einer Forschungsreise verbinden. »In einigen Tagen fange ich an persisch zu lernen. Kleinigkeit!« schreibt er Therese. »Ich könnte vier bis sechs Jahre ausbleiben, oder noch länger, ohne zu alt zum Genuß des Überrests meines Lebens in die Arme meiner Kinder zurückzukehren, und indem ich sie glücklich wiederfände, für die Erfüllung Deiner mütterlichen Pflicht auch Dir einen dankbaren Freund wieder zuzuführen.« Dazu kommt es nicht. Immerhin wird er, zusammen mit einem Kollegen, dem citoyen Petry, als Agent in den Norden Frankreichs

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