Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

auf der ganzen Linie siegen – aber mein Gott, wie viele Opfer fallen durch das Schwert und die Guillotine! – Das Blut gefriert mir in den Adern, und der Gedanke an eine Revolution, die soviel Blut und bittere Tränen kostet, macht mich ganz krank.«
    Dann bekommt Fanny auch noch die Pocken. Mary, die den Provinzärzten nicht traut, behandelt sie selbst, mit einer Therapie, die ihr durch die Vernunft geboten scheint. Ein Reinigungsritual. Jeden Tag badet sie das Kind in warmem Wasser, und es kommt tatsächlich durch.
    Mitte August konnte die »Maria Margareta« endlich absegeln. Bald danach fuhr Mary mit Fanny nach Paris zurück. »Der Wagen, in welchem sie reiste, fiel zwischen Havre und Paris nicht weniger als viermal um.« Imlay war schon vorher in dringenden Geschäften nach London abgereist, hatte Mary aber versprochen, »daß seine Abwesenheit von kurzer Dauer sein würde. In zwei Monaten wollte er wieder in Paris sein. In Wirklichkeit war dieser Abschied das Vorspiel zu einer Trennung für immer.«
    Inzwischen liefen beunruhigende Gerüchte über die »Maria Margareta« um. Das Schiff sei gesunken, das Silber verschwunden. Das mit dem Schiff stimmte nicht, wie sich etwas später herausstellte, das mit dem Silber schon. Kapitän Ellefsen bestritt, daß es überhaupt eine Silberladung gegeben hatte. Imlay wird wahrscheinlich versucht haben, von London aus legale Schritte gegen ihn einzuleiten.
    »Es muß ihm klar gewesen sein, daß die ›Maria Margareta‹ rechtlich gesehen seit ihrer Abreise aus Le Havre in rauhen Wassern gesegelt war«, schreibt sein Biograph Wil Verhoeven. »Da er das Schiff und seine Ladung ›neutralisiert‹ hatte, war Frankreich für den Fall nicht zuständig. Nach englischem Recht hatten wahrscheinlich beide Parteien gegen das Gesetz verstoßen. Da Norwegen zu dieser Zeit zu Dänemark gehörte, lag Imlays einzige Chance auf Entschädigung in der Anrufung dänischer Gerichte.«
    Tatsächlich wurde in Kopenhagen eine Kommission eingesetzt, die den Fall untersuchte und (im Februar 1795) die Verhaftung von Ellefsen anordnete. Auf Druck seiner einflußreichen Familie wurde er allerdings bald wieder freigelassen.
    Novelle
    Helden stellt man sich wie Archibald Hamilton Rowan vor: von imponierender Gestalt, tapfer, ritterlich, romantisch, rebellisch und mit einem abenteuerlichen Lebenslauf. 1757 geboren, aus einer alten anglo-irischen Familie stammend, begann er sein Studium am Queen's College Cambridge, wurde aber der Universität verwiesen, weil er versucht hatte, seinen Tutor in den Fluß Cam zu werfen. Auch an der Dissenter-Akademie in Warrington, die er um die Zeit besuchte, als Vater Forster dort unterrichtete, hatte er Probleme mit den Autoritäten. Nach Abschluß seiner Studien unternahm er ausgedehnte Reisen in Europa, Nordafrika und Amerika, diente dem Gouverneur von South Carolina als Privatsekretär und war eine Zeitlang Offizier in der portugiesischen Armee. 1781 ging er eine Liebesheirat mit der mittellosen Sarah Dawson ein. Bald danach ließ er sich mit seiner Familie im irischen County Kildare nieder und wurde zu einem engagierten Kämpfer für die Unabhängigkeit Irlands. Aufsehen aber erregte er zunächst als Anwalt eines jungen Mädchens, der vierzehnjährigen Mary Neal, die in ein Bordellin Dublin gelockt und dort von einem gewissen Lord Carhampton vergewaltigt worden war. Er schrieb ein Pamphlet gegen den Lord und seine Helfershelfer und trat ihnen auch in Person gegenüber. Sie saßen beim Essen in einem noblen Club, als er in Begleitung seines riesigen Neufundländers den Speisesaal betrat und drohend die shillelagh [ 53 ] gegen sie schwang.
    Wegen eines Pamphlets, das Propaganda für die United Irishman machte, wurde Rowan zu zwei Jahren Haft verurteilt. Anfang 1794 trat er seine Strafe im Newgate-Gefängnis in Dublin an, wo es ihm ziemlich gutging. Das Essen wurde ihm von zu Hause in seine Räume gebracht, und er durfte jederzeit Besuch von Familie und Freunden empfangen. Etwa zwei Monate hatte er abgesessen, als Reverend William Jackson in Begleitung eines Freundes zu ihm kam, um mit ihm Pläne für eine irische Revolution gegen die Engländer zu besprechen. Etliche seiner Mitverschworenen betrieben dieses Projekt von Frankreich aus, unter ihnen auch Helen Maria Williams' Freund John Hurford Stone.
    Durch einen Spitzel erfuhr die Regierung davon. Jackson wurde unter der Anklage des Hochverrats verhaftet. Rowan wußte, daß er fliehen mußte, um dem gleichen