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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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teilte die Monate in drei Dekaden, von Primedi bis Décadi , dem neuen Sonntag, und hängte die fünf überzähligen Tage am Ende des Jahres an. Alle vier Jahre gab es einen Schalttag.
    Mit der weiteren Ausgestaltung wurde eine Kommission unter der Leitung des Schriftstellers Fabre d'Églantine beauftragt, die dieses moderne, rationalistische Modell nostalgisch im Geiste Rousseaus und der Physiokraten überformte. Das französische Volk soll durch den Kalender, »das von allen Menschen am häufigsten benutzte Buch«, zur Agrikultur als »dem politischen Lebenselement des französischen Volkes« geführt werden. Er gibt den Monaten Namen, die von den Jahreszeiten, dem Wetter, dem Zyklus des bäuerlichen Jahres inspiriert sind. Außerdem wird jeder Tag mit einem Attribut versehen, die gewöhnlichen Tage mit Pflanzen, die Décadi mit Tieren und landwirtschaftlichen Geräten. Die jours complémentaires sollen Sansculottides heißen und verschiedenen nationalen Festen gewidmet sein.
    Eine Kalender-Dichtung ganz nach dem Herzen von Helens Freund Jacques-Henri Bernardin de Saint-Pierre, Ingenieur, Reisender, Schriftsteller, Intendant des Jardin des Plantes. Er war ein sonderbarer Heiliger, ein großes Kind, empfindsam und launisch, auf die verrückteste Weise vernünftig, ein pragmatischer Träumer, ein Grüner, ein Jünger Rousseaus, dessen zivilisationskritische Lehren er in seinen Schriften propagierte. Als passionierter Botaniker hatte er sich mit naturschwärmerischen Plaudereieneinen Namen gemacht und war dann ganz unerwartet mit einem kleinen Roman zu Ruhm gekommen, in dem die Natur eine Hauptrolle spielt. Sein Schauplatz, die französische Kolonie Mauritius, ist nämlich weit mehr als nur reizvolle exotische Kulisse für die Geschichte von Paul und Virginie, deren aus einer Kinderfreundschaft erwachsene Liebe unerfüllt bleiben und unglücklich enden muß, weil die in Standesvorurteilen und Konventionen befangene geldgierige, ehrsüchtige Gesellschaft des Mutterlandes Frankreich taub ist für die Natur, für die einfache, wahre Stimme des Herzens.
    Eine Moral nach dem Herzen der Frauen, die den mit Mitte Fünfzig noch immer unverheirateten Gefühlspropheten umschwärmten und mit Anträgen bestürmten. »Schließlich ließ er es zu, daß er angerührt wurde«, wie sein Biograph Arvède Barine zu berichten weiß. »Die Tochter seines Druckers, Félicité Didot, hatte ihn schon lange geliebt. Sie ›hatte keine Angst, ihm das zu gestehen‹, und wurde dafür belohnt: Er stimmte einer Heirat mit ihr zu.« Félicité war zwanzig Jahre alt.
    Allerdings stellt der Bräutigam Bedingungen. Er wünscht eine heimliche Trauung. Außerdem soll ihm sein Schwiegervater in spe auf einer Seine-Insel ein Haus bauen lassen. »Ich werde ein Haus, eine Insel und eine Frau haben, ohne daß irgend jemand in Paris etwas davon weiß. Ich werde Sie auf meiner Insel etablieren, mit einer Kuh, etwas Geflügel und mit Madelon, die Expertin in deren Aufzucht ist. Es versteht sich, daß ich Sie so oft wie möglich besuchen komme.«
    Dem sich anschließenden Briefwechsel kann man entnehmen, daß dieses Arrangement nicht nach dem Geschmack von Mademoiselle Didot war. Sie träumte davon, im Glanz seines Ruhms zu leben, und er verbannte sie aufs Land und bot ihr den Posten einer Haushälterin an. Die heimliche Heirat konnte sie dem Geliebten ausreden, aber was das Leben auf dem Lande anging, gab er nicht nach und erklärte, daß er nur dort glücklich sein könne. »Wenn meine Geschäfte mich dazu zwingen, in Paris zu bleiben, werde ich Ihnen oft schreiben. Sie werden die Belohnung für meine Arbeit sein; ich werde an Ihrem Busen die Unruhen und Wirren der Stadt vergessen.« Und dann entwarf er einen exakten Tages- und Lebensplan für sie beide, vom Aufstehen bei Sonnenaufgang bis hin zum einfachen Mahl um neun Uhr abends. Mademoiselle Didot fügte sich in ihr Schicksal.
    Auf seltsame Weise sind dieser eigensinnige Liebhaber und seine gedichteten und gelebten Idyllen mit den dramatischsten Momenten von Helens Leben verflochten.
    »Eines Abends, als Bernardin de Saint-Pierre, der Verfasser des reizenden kleinen Romans von Paul und Virginia, bei mir zum Tee war und ich seiner Beschreibung eines kleinen Hauses lauschte, das er kürzlich in der Mitte einer schönen Insel erbaut hatte und mit dessen Ausstattung er nun beschäftigt war und wo er einige der bezaubernden Szenen realisieren wollte, die seine lebhafte Phantasie von Mauritius geschildert hat,

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