Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
Vom Netzwerk:
so hitzig, wie es nur das Bewußtsein persönlicher Gefahr hervorbringen kann. Einige Male gab uns Vergniaud in seiner reinen, glanzvollen Sprache so etwas wie einen Vorgeschmack der bewundernswürdigen Reden, die er an die Jakobiner richtete. Wie mir schien, sprach er mit unwiderstehlicher Überzeugungskraft; seine Sätze waren wohlklingend und melodiös. Zu den Dingen, die ich bedaure, gehört, daß ich mich nicht mehr an die Formulierungen dieses eloquenten Redners erinnern kann, der sich in privaten Unterhaltungen mit Hingabe über grundsätzliche Fragen der Politik verbreitete. Vergniaud sprach bei mir ganz frei, weil ihm meine Gesinnung bekannt war und weil er sie schätzte.«
    Vielleicht haben sie und ihre Gäste auch den Probelauf von Vergniauds berühmter Rede vom ersten April gehört, einer Antwort auf Danton und Robespierre, die die Girondisten wieder einmal als modérés  – Gemäßigte – beschimpft hatten.
    »Manche Leute glauben, die Vaterlandsliebe bestünde darin, zu quälen und Tränen fließen zu lassen. Ich meine, sie sollte die Menschen glücklich machen. Man meint die Revolution durch den Schrecken vollenden zu können; ich wollte sie durch die Liebe vollenden.«
    Am 2. Juni, nach zwei Anläufen an den vorausgegangenen Tagen, gelang den Jakobinern mit Hilfe der Kommune, des radikal-revolutionären Stadtrats von Paris, der Sturz der sogenannten »Zweiundzwanzig« [ 22 ] der Gironde. Sansculotten [ 23 ] stürmten die Nationalversammlung und erzwangen die Proskription der »Verräter«. Die meisten wurden in den nächsten Tagen verhaftet. Nur wenigen gelang die Flucht, freilich wollten manche auch gar nicht fliehen, sie verschmähten dieses Rettungsmittel aus Stolz. Rabaut Saint-Étienne fand für einige Stunden bei Helen Asyl, bevor er sich anderswo versteckte. Monsieur Roland konnte entkommen. Madame Roland blieb und wurde verhaftet. Helen besuchte sie im Gefängnis und fand sie heiter, lebhaft und gesprächig wie gewöhnlich, bereit, als Märtyrerin der Freiheit in den Tod zu gehen.
    Auch für sie und ihre Landsleute wurde die Lage immer ungemütlicher. »Nicht lange nachdem die Herrschaft Robespierres begonnen hatte, wurden keine Pässe zum Verlassen des Landes mehr ausgestellt, und der Nationalkonvent dekretierte die Verhaftung der Engländer, die in Frankreich residierten; aber am gleichen Tag wurde diese Verfügung zurückgenommen, weil französische Kaufleute ihre Unklugheit deutlich gemacht hatten. Daraus schlossen wir, daß wir in Zukunft keine solchen Maßnahmen mehr zu befürchten hätten. Aus einer, wie wir glaubten, zuverlässigen Quelle erfuhren wir, daß die Engländer möglicherweise ausgewiesen werden würden. Währenddessen ballten sich die politischen Wolken in der Hemisphäre zusammen. Wir hörten Gerüchte von Strenge und Terror, die jenen dumpfen Geräuschen glichen, die im dunklen Schlund eines Vulkans rumoren und seine gefährlichen Ausbrüche ankündigen. Aber niemand konnte voraussehen, wie weit das drohende Unheil reichen würde und was für eine breite Schneise der Verwüstung es schlagen würde. Schon war eine beträchtliche Anzahl von Menschen als verdächtig eingekerkert worden – verdächtig! dieses ungenaue Wort, das für jede Ungerechtigkeit und Unterdrückung herhalten mußte und das wurde, was die Franzosen ein mot de ralliement nennen, eine Parole für Gefangenschaft und Tod.«

Schuldig, in England geboren zu sein
    » Section de la Montagne , Allgemeines Sicherheitskomitee, am 20. des ersten Monats der Dekade, im zweiten Jahr der einzigen und unteilbaren französischen Republik [11. Oktober 1793] – Das Komitee verhaftet die nachstehenden Hélène Williams, Alter fünfzig Jahre, gebürtig aus Perle [Perth?] in Schottland, Perlis [Persis] Williams, Alter …, Hélène-Marie Williams, Cécile Williams, Jeannette Partoubas, alle fünf Engländerinnen, wohnhaft in Paris, rue Helvétius, im Bereich unserer Sektion, damit sie unverzüglich in Sicherheitsgewahrsam in den Palais du Luxembourg verbracht werden, gemäß dem Gesetz vom 18. des ersten Monats der Dekade [9. Oktober 1793], um die noch festzusetzenden Tage und Jahre in Unfreiheit zu verbringen.
    Thorel, Präsident; Mottet, Kommissar, Lemercier, Kommissar; Delasseaux, Kommiss.; Simon, Kommiss.; Jobert, Kommiss.; Boissière, Kommiss.; Jarlat, Sekretär.«
    * * *
    Seit dem 5. Oktober 1793 galt in Frankreich ein neuer Revolutionskalender, dessen Beginn auf den 22. September 1792 zurückverlegt wurde. Er

Weitere Kostenlose Bücher