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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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nur für dieses Land, sondern für ganz Europa haben wird, verlieren wir das Leiden des Einzelnen aus dem Blick, um über das Schicksal der Menschheit nachzusinnen. Während Sie das große Drama, das in Frankreich gespielt wird, aus der Ferne betrachten, sitze ich so nahe an der Bühne, daß ich jeden Blick und jede Geste der Schauspieler sehen kann und jede leidenschaftliche Reaktion, die sie beim Publikum auslösen. Ich werde mich deshalb bemühen, die Umrisse des Bildes auszufüllen, das Frankreich seit der denkwürdigen Epoche des 10. August geboten hat.«
    Als Verschwörer gegen die Sache der Freiheit klagt sie das Triumvirat des Schreckens an, angeführt durch den düsteren Robespierre, dessen Verbrechen nicht der Leidenschaft geschuldet seien, sondern einer außergewöhnlichen, tiefverwurzelten zerstörerischen Bosheit. Nach ihm Danton, »der zweitmächtigste und zweitverbrecherischste«, der, weil er weniger Selbstkontrolle habe, auch weniger gefährlich sei. Marat sei das Werkzeug, der Bluthund dieser beiden.
    »Neulich fragte ich einen Franzosen aus meiner Bekanntschaft, einen Mann von ausgezeichneten Gaben und passionierten Liebhaber der Freiheit, weshalb er sich nicht in die Politik einmische. ›Aus Ekel‹, sagte er. ›Unsere Revolution‹, fügte er hinzu, ›erinnert mich an die Werke eines berühmten italienischen Malers, der die bezauberndsten Gegenden mit den schönsten Ansichten und reizenden Spaziergängen zeichnete – aber die Figuren, mit denen er diese reizenden Gegenden bevölkerte, waren abstoßend und grotesk. – So erscheint mir unsere Revolution‹, sagte er. ›Die Theorie ist schön, die Grundsätze sind sublim, aber viele der Schauspieler sind hassenswert; und es ist ein System, dessen die jetzt lebende Menschheit nicht würdig ist.‹«
    Bevor Helen mit ihren Berichten dort fortfuhr, wo sie begonnen hatte – mit dem Tod des Königs – stellte sie »in chronologischer Ordnung« John Hurford Stones Berichte von den Kriegsschauplätzen aus dem Herbst 1792 voraus, als eine Art Trostpflaster für enttäuschte Freunde der Revolution. Wenn diese inzwischen auch unheilbar beschädigt war, so war für Helen doch wenigstens der Feldzug, der in ihrem Namen geführt wurde, »moralisch rein und unbefleckt«. Zum Glück sei sie in der Lage, ihren Lesern »darüber höchst interessante Einzelheiten mitteilen zu können, und zwar in Briefen, die mir ein englischer Freund schrieb, der mutig genug war, Strapazen und Gefahren zu trotzen und die Truppen zu besuchen, und der, da er die besten Gelegenheiten zur Beobachtung hatte, nicht nur die großen maßgeblichen Ereignisse so genau wie energisch nachzeichnen konnte, sondern auch viele kleine Episoden erzählt hat, die sehr wertvoll sind, da sie dazu dienen, die Stimmung der kämpfenden Parteien zu zeigen.«
    Helen war stolz auf den tapferen Freund. Bewunderung freilich verdient vor allem sie. Es hat Mut dazu gehört, in der Höhle des Löwen so kompromißlos gegen die Machthaber zu schreiben, und noch mehr, das Geschriebene zu veröffentlichen. Der Name der Verfasserin war in England ein offenes Geheimnis.
    Als Anna Seward von Helens neuem Buch über das revolutionäre Frankreich erfahren hatte, war ihr ganz mulmig geworden. »Daß sie es wagen würde, irgendetwas über dieses Thema zu schreiben, das keine Rechtfertigung der Dämonen der Anarchie war, erschien mir im höchsten Grade unwahrscheinlich. Mit ihrer Verteidigung würde sie sich den gerechten Zorn jedes Engländers und jeder Engländerin zugezogen haben, die nicht entweder töricht oder schlecht oder verrückt sind.
    Während ich damals um ihren Ruf fürchtete, zittere ich nun, nachdem ich ihr Buch gelesen habe, um ihr Leben. Wenn es durch eine Übersetzung nach Frankreich kommt, legt es ihren Kopf auf die Guillotine. Sie muß sicherlich die Flucht nach England geplant haben und hat dieses Buch als Palinodie [Widerruf] und Boten ausgeschickt, um ihren Empfang dort zu ebnen und um sich für die allzu zuversichtliche Siegesgewißheit ihrer früheren Bücher über die Französische Revolution zu entschuldigen. Ohne ihre Grundsätze zu verraten, zeichnet dieses jüngste Werk deren unheilvollen Verfall in dem vom Teufel verseuchten Land nach und legt unerschrocken gegen die Partei der Jakobiner Zeugnis ab, die seine Interessen verraten und Frankreich in ewige Schande gestürzt hat.«

    8  Pierre-Victurnien Vergniaud.
Zeichnung von Louis
Jean Jacques Durameau, 1792.

Eine Stimme für den

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