Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
Augenblicke nennen. Wo ihre Angst, mir zu entfliehen, bewies, daß sie mir alles sein wollte, nur nicht liebendes Weib.«
Schließlich ergab sie sich doch.
Therese Forster an Caroline Böhmer (ehemals Michaelis):
»Wie ich heiratete, war ich unschuldiger als ein Kind. Ich ward erst vier Wochen nach meiner Hochzeit Frau, weil die Naturuns nicht zu Mann und Frau bestimmt hatte. Ich weinte in seinen Armen und fluchte der Natur, die diese Qual zur Wollust geschaffen hatte – endlich gewöhnte ich mich daran – in Polen machte ich ihn glücklich, aber Liebe genügte ihm nicht, obschon er dort glauben mußte, ich liebte ihn, denn meine Briefe an Meyer, die er sah, störten ihn nicht, so schwärmerisch sie waren.«
Tagsüber war vorläufig alles gut. Therese stürzte sich in ihre neue Rolle mit dem Eifer eines Kindes, für das man sie noch halten konnte.
»Ich sehe jünger wie je aus. Der Bischof frug mich letzthin mais en conscience madame quel age avez vous? en dix ans mon Prince je ne vous dirais plus la verité, aujourdhui j'ose la dire, j'ai vingt un ans passé. Comment? mais vous avez l'air d'une enfant de 13 ans – grace a ma conduite folle, Monseigneur [ 37 ] – Sie müssen bedenken, daß die Weiber hier schon in 20 Jahren zu verblühen anfangen, und die toilette nicht verstehen – und daß mein äußerst einfacher Anzug, abgeschnittnes Haar, und beinahe unmerkliches Rotauflegen, da die andern fingerdick malen, mich sehr jung macht.«
Der Haushalt als Schlachtfeld, als Schauplatz stillen Heldentums.
»Ähnlicher als die Therese Forster, die jetzt hier in dem rauhen Wilna lebt, und jene Therese Heyne, die vor einem halben Jahre in Göttingen war, ähnlicher und unähnlicher zu gleicher Zeit kann sich ein und dasselbe Geschöpf kaum sein. Noch mit aller der Tätigkeit, mit der glühenden Phantasie, mit dem unruhigen Geist find' ich in meinem Hause meine Welt! Mein Mann, meine Wirtschaft, mein Nähzeug füllt mir Herz und Sinn.«
Sie kümmerte sich um alles, unterrichtete das Dienstmädchenim Gemüseschneiden, fertigte Nachthemden für Forster, strickte ihm Strümpfe, lebte einzig für sein Wohlbefinden und seine Arbeitsfähigkeit. Und er arbeitete viel. Es kränkte sie, daß er nicht mehr Zeit für sie hatte, aber sie übte sich in praktischer Philosophie: »Ich nehme die Welt wie sie ist und finde sie gut. Forster ist ein Engel in Menschengestalt – wir kennen ja keine andre Engel. Sie würden ihn nicht mehr kennen.« Er war nicht mehr gedrückt und schweigsam, wie zur Zeit seiner Läuterungsexerzitien bei den Rosenkreuzern, als er sich mit Schuldgefühlen gequält hatte und Vergnügen für Sünde hielt, sondern »beständig heiter, oft ausgelassen froh. Seine Gesundheit ist herrlich! – unser kleines einfaches Mahl von meinen Händen bereitet, ist ihm und mir jeden Mittag ein Fest. Eine Stunde beim Frühstück und zwei kleine Stündchen am Mittag ist alles was er mir gibt: und er steht immer um 6 Uhr auf. Wenn er mit mir speist und froh über seine gelungene Arbeit und fröhlich über meine Zufriedenheit ist – so ist kein Thron der Erde den ich ohn ihn für Litauens Tannen und Sand tauschte.«
Sie hatten einander vor der Heirat ja nur wenig gesehen, nun lernten sie einander kennen, oder vielmehr: Therese lernte Forster kennen, er lernte sie nur immer mehr lieben. Er erhob sie zu seiner Göttin, er verlor sich an sie. In »unermüdlicher Zärtlichkeit« dachte er sich immer neue Bequemlichkeiten und Aufmerksamkeiten für sie aus, obwohl er sich das eigentlich nicht leisten konnte. Sie bat seinen Verleger Spener in Berlin, von ihm künftig keine Bestellungen für Geschenke mehr entgegenzunehmen.
* * *
Als sie schwanger wurde, kannten seine Freude und sein Stolz keine Grenzen; sie dagegen durchlitt diese Zeit. Todesängste quälten sie, ihre Freundin Luise Mejer war gerade im Kindbett gestorben. Dauernd war ihr schlecht, ihr Magen rebellierte, sie konnte kaum Nahrung bei sich behalten und magerte noch mehr ab.
15 Therese Forster, Jugendbildnis.
Schon bald machte ihr Forsters Liebe angst. Sie sah die Zukunft klar voraus. »Wenn ich seh wie der Mann ganz für mich in mir lebt – so unendlich einzig mich nur hat, so möchte ich sagen, setze dein Glück nicht in eine einzige Sache, denn sie gibt nur quälende Freuden, und wenn du sie verlierst, unveränderliches Elend.« Was sollte aus Forster werden, wenn sie im Kindbett sterben würde? »Mein lieber Freund, Sie wissen nicht ganz, wie
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