Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
Vom Netzwerk:
bis um 11. Ach was ist der Mensch – und zumal der schwache Mensch, der allen gefallen will? Ich fürchte, daß ich keine glücklich machen kann, weil ich alle glücklich machen oder eigentlich alle gewinnen will.«
    »Laura nenn' ich mein Stiefmütterchen, und umhalse sie zärtlich und lange. Sie war sicher in einer Art von sehr hoher sinnlicher reizbarer Lage, denn sie ließ alles geschehn, Küsse auf die Brüste, Drücken pp. Jeanette nicht also, die traut sich selbst nicht so viel, lieber gibt sie aus eigner Bewegung einen Kuß, und damit gut, ihr voller Busen ist empfindlicher. Mensch! Mensch! mußt du erst izt diese Erfahrungen machen?«
    Therese, der er von seinen Erfolgen schrieb, wenn auch natürlich nicht in allen gewagten Details, war not amused . »Ich bin gehorsam wie seine Frau und laß mir's geduldig gefallen, daß er Seiten lang von der Gräfin Thun schreibt, und Monate lang in Wien bleibt – o, ich werde einst eine exemplarische Frau sein.« Als er sich schließlich doch widerwillig von Wien losgerissen hatte, war er voller Selbstmitleid. »Nun ja! das ist die Strafe für die Reise um die Welt; – dafür muß man nach Wilna ins Exilium!« Von den polnischen Frauen bemerkte er: »Sie wollen ziemlich handgreiflich caressiert sein.« Die kleine schmale Therese Heyne schien ihm nach alledem nicht mehr besonders begehrenswert.
    * * *
    Und Therese? Kaum war sie Anfang April 1785 von Gotha nach Göttingen zurückgekehrt, war sie wieder verliebt, »zum erstenmal allumfassend, unbeschreiblich und glücklich«, wie sie versichert. »Mittlerer Statur, rosenrötlichen Angesichts, heller Flachshaare, lächelnder Gebärde, histrionischer [theatralischer] Inklination, der Rechte Beflissener, der Poesie Dilettant, etwas windigen Wesens, einen Strohbaß redend, ein ganz guter junger unbedeutender Mensch«, beschrieb Gottfried August Bürger den Theaterdichter, Übersetzer und Juristen Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer, dem Heyne eine Stelle als Universitätsbibliothekar verschafft hatte. »Den Zeitgenossen imponierte er mehr durch sein Wesen, als durch seine Werke«, urteilt Thereses Biograph Ludwig Geiger. »Schrankenlose Individualität – mit diesem Wort kann man Meyers Eigentümlichkeit bezeichnen. Sein eigenes Selbst, nicht die ihn umgebende Welt erschien ihm als das Wichtigste und Interessanteste, und gerade weil er diese Selbstpflege, um nicht zu sagen, Selbstvergötterung, ohne Scheu offenbarte, machte er dieses Selbst auch anderen interessant.« Er war ein »Frauenbezwinger und Herzensbrecher; wo er hinkam, stiftete er Unheil«.
    Als ihm Therese gestand, daß sie mit Forster verlobt sei, war Meyer erleichtert. An einer ernsthaften Bindung war er nicht interessiert, aber die Jagd berauschte ihn. Wenn man seine auf den Ton rasender, hoffnungsloser Leidenschaft hochgetriebenen Briefe liest (zwischendurch fiel er gern ins Englische), fühlt man sich lebhaft an die verkleideten Liebhaber aus Mozarts Cosí fan tutte erinnert.
    »O daß mich meine Hoffnung mich tröge, daß die Entkräftung die ich in mir fühle nie wieder dem Leben Platz machte, daß das Blut welches itzt so langsam in mir fortschleicht, wie der letzte Tropfen aus einer Flasche sterbend verdunstete! Noch einmal richtet' ich den matten Blick auf Ihre Zukunft, lächelte noch einmal, und wäre nicht mehr. Meine Grabschrift ist gemacht. Hier ruht der dieses Aufenthalts nicht bedurfte, um sich von der Welt loszureißen. Sein Morgen war heiter, sein Mittagschwül, früh sein Abend. Wohltätige Strahlen umgaben ihn, als er hinunter sank. Es war zu spät.«
    Mußte Therese den Verzweifelnden nicht wenigstens liebevoll trösten? Sie machte sich vor, daß sie »die Freiheit ihrer Lage« ausnutzen und den Umgang mit ihm genießen könne. »Ich lehnte mich an Meyers Brust, küßte seine Stirn, verbot ihm meinen Mund, und wie er einmal mit seiner tollen Phantasie meinen Fuß küßte der recht ordentlich war, bat ich ihn wie ein Kind, dem man eine Blume, einen Vogel nimmt, nur meinen Fuß zu küssen – und Meyer leitete mich, oder beherrschte sich, denn er erhielt mir meine kindliche Keuschheit in Gedanken und Tat.« Kindliche Keuschheit? Ein Spiel mit dem Feuer und eine Dreieckskonstellation, wie sie uns immer wieder in den Erzählungen und Romanen begegnet, die Therese später schrieb.
    Nehmen wir Juliette, die Heldin einer Geschichte, die Therese eng an ihre Beziehung zu Meyer und Forster angelehnt hat. Unter dem Titel Mehr Glück als Verstand

Weitere Kostenlose Bücher