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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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ihn mittlerweile schon wieder reute, sich auf die Veröffentlichung dieses aufrührerischen Textes mit seinen zündenden Formulierungen eingelassen zu haben?
    »Für die Lebenden, und nicht für die Toten muß gesorgt werden.«
    »Legt also die Axt an die Wurzeln und lehret die Regierungen Menschlichkeit.«
    Der erste Teil von Paines Die Rechte des Menschen erschien im Frühjahr 1792, anonym. Als »kleines Verdienst, welches unsere Ausgabe selbst vor der Urschrift auch alsdann vorausbehält, wenn sie auch alle Unvollkommenheit der Übersetzung an sich trüge« – so Forster in seinem Vorwort –, enthielt sie im Anhang den vollständigen Text der französischen Konstitutionsakte, »Frankreichs Magna Charta , wie der König sie am 14. September 1791 beschworen hat«.
    Die rechtliche Gleichstellung der Frauen war in der neuen Verfassung nicht vorgesehen. Dagegen wehrte sich Olympe de Gouges in Paris mit einer Deklaration der Rechte der Frau und Bürgerin . Sie beginnt mit dem Satz: »Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich in allen Rechten.« Ihr Einspruch wurde von den Gesetzgebern ignoriert und im Ausland möglichst totgeschwiegen. In deutschen Bibliotheken hat sich bisher kein einziges Exemplar gefunden.
    Vielleicht aber gab diese Erklärung den letzten Anstoß zur Vindication of the Rights of Woman , die Mary Wollstonecraft in heiligem Zorn in etwa sechs Wochen herunterfetzte. In ihrer Widmungsadresse an den französischen Minister »M. Talleyrand-Périgord, ehemaliger Bischof von Autun« beklagte sie eine Verfassung, die angeblich auf rationalen Prinzipien gründete, aber die Hälfte der Menschheit ausschloß. Wenn Frauen wie Männer über die Gabe der Vernunft verfügten, was für ein Recht hatten diese dann, ihnen alle bürgerlichen und politischen Rechte zu versagen und sie dazu zu verdammen, eingemauert in ihre Familien im Dunkeln herumzutappen? Um das rechtfertigen zu können, würden die Männer erst einmal beweisen müssen, daß Frauen keine vernunftbegabten Wesen seien, sonst sei die neue Konstitution ungerecht, despotisch und unmoralisch, da die bestehende Ungleichheit der Geschlechter die Wurzel vieler individueller und gesellschaftlicher Übel sei.
    In einem Punkt aber kündigte sich darin doch eine epochale Verbesserung auch und besonders für die Frauen an: »Das Gesetz betrachtet die Ehe nur als einen bürgerlichen Kontrakt.«

Kriegstheater
    »Goethe bei der Armee! Welche Profanation«, rief Forsters Schwiegervater aus. Aber Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, ein Neffe des Herzogs von Braunschweig, der am 19. August 1792 mit seinen Ascherslebener Kürassieren in Frankreich einmarschiert war, hatte Goethes Anwesenheit ausdrücklich gewünscht, und so reiste der Dichter ihm nach. Unterwegs machte er für zwei Tage in Mainz Station. Gleich nach seiner Ankunft am 20. August wurde er vom Königlich Preußischen Kammernherrn von Stein, »der sich im Haß gegen alles Revolutionäre gewaltsam auszeichnete«, über die bisherigen Erfolge der Verbündeten informiert und mit einem Auszug des geographischen Atlas für Deutschland versehen, der unter dem Titel Kriegstheater erschien. Mittags speiste er mit einigen attraktiven französischen Emigrantinnen, die er »mit Aufmerksamkeit zu betrachten Ursache hatte«.
    Die beiden Abende verbrachte er bei Sömmerings, zusammen mit Forsters, Huber und Caroline Böhmer, die sich seit einiger Zeit in Mainz aufhielt. Sie seien in »heiterster Stimmung« gewesen, schrieb er in der Kampagne in Frankreich , seinem Bericht über den Feldzug. »Am Montag, als guter Wein in Strömen floß und das Gespräch sich entzündete, und am Dienstag, als man Bier trank – ›wobei denn für die allgemeine Konversation viel verloren ging‹ –, genoß die Gesellschaft die letzten Stunden einer alten Welt, von der sie halb wußten und halb sogar hofften, daß sie den Winter nicht überleben werde.« So Goethes Biograph Nicholas Boyle. Aber wahrscheinlich war es mit dem Genießen nicht so weit her gewesen. Die Mainzer und der Gast aus Weimar standen schließlich in feindlichen Lagern. Deswegen war von politischen Dingen auch nicht gesprochen worden, wie Goethe betont. »Man fühlte, daß man sich wechselseitig zu schonen habe: denn wenn sie republikanische Gesinnungen nicht ganz verleugneten, so eilte ich offenbar mit einer Armee zu ziehen, die eben diesen Gesinnungen und ihrer Wirkung ein entschiedenes Ende machen sollte.« Doch in den Aufzeichnungen zur

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