Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
Vorkehrung getroffen, keine Wiege da; kurz wir haben eine lächerliche Szene gehabt; denn am Ende wußte man sich doch zu helfen.« Diesmal war es ein Sohn, »winzig klein, wie alle Kinder Thereses«, der Georg getauft wurde. Die Empfindungen des Vaters (?) waren von »gemischter Art«: »Freude, daß der kritische Zeitpunkt glücklich überstanden ist, daß alles gut geht, Mutter und Kind gesund sind; Freude, daß der Mann, der einmal den häuslichen Kreis einem glänzendern Glücke vorgezogen hat, nun auch die Bestimmung vor sich sieht, gewisse Ideen- und Gedankenreihen, die in einen weiblichen Kopf nie recht passen, dennoch einem seiner Kinder übertragen zu können und zu sollen; aber dies gemischt mit den Besorgnissen aller Schwierigkeiten, welche sich zwischen jenen Zeitpunkt der vollendenden Erziehung und diese Aussicht aus der Ferne noch häufen und sie vereiteln können, mit dem Gefühl vielfältigster Pflichten und vermehrter Beschwerde auf der Bahn des Lebens – vor allem mit dem Gedanken, daß das künftige Glück und die Zufriedenheit noch eines Menschen nun wieder von unserm Handeln abhangen muß.«
Seltsam gewundene Sätze.
Das Kind lebte nur drei Monate. Am Tag bevor es starb, waren Forster und Huber aus Frankfurt zurückgekehrt, wo sie die prunkvollen Feierlichkeiten anläßlich der Krönung des neuen Kaisers Franz II . miterlebt hatten. Sie war demonstrativ auf den 14. Juli gelegt worden. »Den Jammer der Mutter, die ihn selbst stillte, und dabei gesund geworden war, können Sie sich wohl vorstellen; folglich auch die allgemeine Zerrüttung, die seitdem in meinem Hause herrscht.«
Therese an Emil von Herder am 24. Juli 1810:
»Heute ist's der Jahrestag, daß mir im Jahre 1792 ein Sohn starb. Er war in jeder Hinsicht ein Kind der Tränen – zu früh geboren, weil mein gequältes Gemüt den Körper zerstörte, hatte ihn nur die künstlichste Sorgfalt erhalten – wie die höher steigende Sonne die Früchte reifte, entwickelte sich plötzlich Leben in ihm, das Kind ward schön wie ein Engelsbild – da waren viele Menschen von der Kaiserkrönung nach Mainz gekommen, alle die törichten Fürsten, die den losgerissenen Löwen mit ihren verjährten Kinderwaffen bändigen wollten. Ich hatte viele Gästezur Wohnung, und heute viele, viele am Tisch. Da rief man Luisens Vater ab, und wie er zurück kam, sagte er mit errungener Fassung: Georg war krank, der Arzt hat ihn schon unter Händen – da eilte ich herab und der Knabe lag kalt ausgestreckt über der Wärterin Schoß. Ich schrie laut auf – da glänzten seine Augen noch einmal, und brachen dann. Und die vielen Gäste hatten das Trauerhaus verlassen – Forster war auf sein Zimmer gegangen, und in dem öden Saal, wo man geschwärmt hatte, saß ich allein und fühlte die furchtbare Zerrüttung meines Lebens – da schlug es halb zwölf, wie Huber hereintrat und mir sagte: jetzt ruht das Kind. – So lange hatte das Leben gekämpft.
Wie das Kind ins Grab getragen ward, sah ich ihn von meinen Fenster nach und weinte. Da zürnte Forster und sagte: bis ich auch dahin getragen werde, wird nichts besser werden. Da fühlte ich, daß wir schlechter wurden vom Beisammenleben, denn ich mußte ihn unmenschlich finden und mußte meine Indignation verhehlen. Aber da ich immer zu sterben hoffte und sein Unglück mein bitterster – ja mein einziger Schmerz war – denn er war ja mein böses Gewissen, so nahm eine Sehnsucht, jedes Gute ihm zu tun, nicht ab.«
Man fragt sich natürlich, weshalb Forster, Therese und Huber so lange bereit waren, an- und miteinander zu leiden. Die schlichte Antwort ist wahrscheinlich, daß ihnen eine Trennung noch unerträglicher schien.
Forster wollte Therese auf keinen Fall verlieren, wußte aber, daß er sie – wenn überhaupt – nur zusammen mit Huber behalten konnte.
Therese hing an Forsters Namen und fürchtete um ihren guten Ruf. Sie wollte nicht vor der Welt und ihrem Vater als Ehebrecherin dastehen.
Huber schließlich hätte zugeben müssen, daß er gleich zwei Freunde und eine Verlobte betrog.
Seit Jahren führte er nun schon ein Doppelleben. Immer noch war er mit Dora Stock in Dresden liiert, der er kühle, hinhaltende Briefe schrieb, aber nicht, wie es um ihn stand. So wares sein designierter Schwager Körner, der schließlich eine Erklärung erzwang: »Ich habe ihn aufgefordert das was er war und was er ist streng und unbefangen zu vergleichen, und wenn er einen Unterschied finden sollte, ein
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