Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
an diese gute Frau adressiert, so könnte es ihrem gewissenlosen Manne in die Hände fallen, der es ihr nicht nur vorenthalten, sondern vielleicht gar den Empfang ableugnen könnte.«
Im Mai 1791 war Meta wieder in Mainz und bald ganz von der Paine-Übersetzung in Anspruch genommen. Sie verbrachte täglich viele Stunden mit Forster, in seinem Arbeitszimmer und abends am Teetisch, und wurde seine Vertraute, zu einer Zeit, da er Freundschaft bitter nötig hatte: »Du bist mir eine nachsichtsvollere Freundin als alle andere um mich her, und soviel Selbstverleugnung habe ich noch nicht gelernt, das Angenehme dieser Empfindung entbehren zu mögen, wenn ich es genießen kann.« Nach außen hin gab er sich als Metas wohlwollender, männlich überlegener Beschützer, der über die gewöhnlichen Vorurteileder Gesellschaft erhaben war. Doch der ungenierte, grobe Ton, den er ihr gegenüber manchmal anschlug – hat er nicht etwas Verachtendes? »Huber ist dick und fett, wie immer«, schrieb er zum Beispiel, oder »die alte Vettel in Petersburg«, womit er die russische Zarin Katharina meinte.
Um den 21. Juni, nur vierzehn Tage nach der Geburt von Tochter Luise, machten sie zusammen eine etwa einwöchige »Erholungsreise« nach Karlsruhe. Forster, der elf Jahre älter war als Meta, gab sich als ihr Stiefvater aus. Es ist schwer, für diese Eskapade eine unschuldige Deutung zu finden. Vielleicht gibt es sie.
Unterwegs erfuhren die beiden von der vereitelten Flucht des französischen Königs. Wie sich bald zeigte, war das der Anfang von seinem Ende. Bisher hatte er das Wohlwollen der Öffentlichkeit genossen, nun schlug die Stimmung um. Das Volk fühlte sich von ihm verraten.
Forster und seine »Tochter« nahmen die Nachricht mit höhnischem Triumph auf. Das erfahren wir aus dem Brief, den Meta nach der Rückkehr an Forsters Verleger schrieb, um ihn dazu zu überreden, ihre Übersetzung von Paines Rights of Man doch in sein Verlagsprogramm zu nehmen, was er zuvor abgelehnt hatte. Die Sache war ihm wohl einfach zu heiß.
»Sie haben den Paine abgewiesen, und der gute Forster hat mir das mit einem Jammergesicht kund getan, als spräche er ein Todesurteil, denn er war seiner Sache so gewiß, daß wir auf einer ganzen Reise (wohl zu verstehn, wie ich bin 7 Tage lang mit ihm dem Könige von Frankreich entgegengereist) so oft uns ein Aristokrat begegnete, gegen einander ausriefen: »Die Menschheit hat ihre Titel zum Altare gebracht, und die Vernunft ein Brennopfer damit angezündet.« Paine p. 17. Doch nebenher, mich hat Ihre Weigerung nicht betrübt, weil ich fest überzeugt bin, wenn Sie das Buch sehen, so können Sie nichts weiter als es drucken, und wenn Hochverrat darauf stünde, und Hochverrat ist's freilich, die geweihten Götzen vieler Jahrhunderte nieder zu reißen. Gott Paine muß in keiner Winkelbuchhandlung, er muß bei Gott Voß oder gar nicht erscheinen. Mein Manuskript ist beinahe fertig; ich vollbringe es ganz, Forster macht seine Noten, durchsucht usw., ich – wofern nicht ein ausdrückliches Verbot mit Feuer und Schwert von Ihnen ankommt – ich siegle ein, schicke es Ihnen, ohne Forster zu sagen wohin , und Sie – werfen es entweder in's Feuer oder drucken es und ich bin ganz ruhig wegen seines Schicksals.«
Voß druckte es tatsächlich, sicher auch angesichts der außerordentlichen Resonanz, die Paines Schrift in England gefunden hatte. Mit Metas Übersetzung war er höchst unzufrieden. Forster gab ihm demütig recht. Er werde Madame Forkel in Zukunft nicht mehr so gehaltvolle Bücher zur Übersetzung anvertrauen. Leichtere Literatur – Romane und Reisebeschreibungen – sei bei ihr besser aufgehoben. Zugleich bat er Voß inständig, Meta seine Kritik zu verschweigen, sie sei gedrückt genug und ihr körperlicher und seelischer Zustand besorgniserregend.
Allerdings läßt sich die Beschwerde von Voß nicht recht nachvollziehen. »Bei objektiver Beurteilung ihrer Übersetzung gelangt man zu dem Ergebnis, daß diese Leistung durchaus anerkennenswert ist«, urteilt Theo Stemmler. »Frau Forkel übersetzt auch schwierige idiomatische Wendungen in ein lesbares Deutsch, folgt meist genau dem Wortlaut des Originals, ohne jedoch pedantisch an der syntaktischen Konstruktion der Vorlage festzuhalten.« Zwar habe sie einige Fehler gemacht, aber das sei Friedrich Gentz bei seiner zu Recht gerühmten Übersetzung von Burkes Reflections auch passiert. Vielleicht schlug Voß den Sack und meinte den Esel, weil es
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