Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
Vom Netzwerk:
war Meta Forkel in Mainz eingetroffen, nicht lange nachdem sie an einem ländlichen Rückzugsort (Frensdorf bei Bamberg) ein Kind geboren hatte. Es war bei Pflegeeltern zurückgeblieben. Sein Vater war der aus Franken gebürtige Johann Heinrich Liebeskind, der in Göttingen Jura studierte. Eine Heirat kam vorläufig nicht in Frage.
    Meta wohnte diesmal nicht bei ihrem ziemlich schwierigen Bruder, sondern bei Caroline Böhmer, die sie großmütig bei sich aufnahm. »Man hat sie mir nicht aufgedrungen – ich habe selbst die erste Idee gehabt. Ich kannte sie beinah gar nicht – hab aber keinen Haß gegen Sünder, und keine Furcht für mich. Die Frau gefällt mir bis jetzt – ich bin gut mit ihr –«.
    Nach Metas angeblich mißlungener Paine-Übersetzung hatte Forster neue Literatur für sie gefunden, »welche ihren Fähigkeiten angemessen« sei, wie er seinem Verleger beteuerte. Meta werde unter seiner Aufsicht arbeiten! Doch Voß gab den Auftrag für die Übersetzung der Topographical Description of the Western Territory of North America dann an den Professor Zimmermann in Braunschweig. Als es unter dem Titel Nachrichten von dem westlichen Lande der Nordamerikanischen Freystaaten … 1793 erschien, hatte Forster seinen Verfasser, den Amerikaner Gilbert Imlay, in Paris schon persönlich kennengelernt.
    Aber wir sind noch in Mainz. Nach der Besetzung – Befreiung? – der Stadt zögerte Forster zunächst noch, sich offen auf die Seite der Franzosen zu stellen. Obwohl er es jetzt für möglich hielt, daß der ganze Westen von Europa »eine andere Gestalt« annehmen und Mainz eine wichtige politische Rolle dabei zu spielen haben würde, wartete er ab, wie sich die Lage entwickeln würde, und suchte nach Mitteln, seine finanzielle Situation zu stabilisieren. »Meine Lage ist so unsicher, als sie es noch nicht gewesen ist. Der Kurfürst ist jetzt außer Stande mir meinen Gehalt zu zahlen; schon kündigt man den Beamten der Universität an, daß sie auf das nächste Quartal nicht mehr rechnen dürfen. Meine Kränklichkeit des vorigen Winters und einige unangenehme Familienauftritte haben mich gezwungen, 1500 Taler Schulden zu machen«, schrieb er Voß kryptisch und bat ihn flehentlich, ihm zu einem Darlehen in dieser Höhe zu verhelfen. Wenig später erneuerte Forster seine Bitte, »noch dringender als zuvor«. »Unsere bisherigen Vorgesetzten und selbst der eventuelle Nachfolger des Kurfürsten lassen noch immer nichts von sich hören und geruhen, uns in der vollkommenen Unwissenheit ihrer Pläne und Absichten zu halten; ein so geringer Gegenstand wie ein Gelehrter mit Frau und Kindern verdient weiter nichts, als vergessen zu werden. Daran denkt man nicht, daß ich Not leide, sobald die Universität mit ihren Zahlungen ausbleibt, und dies mit zwanzig anderen Familien der Fall ist, die dadurch insgesamt gezwungen werden, zu ihrer Selbsterhaltung ganz andere Maßregeln zu ergreifen, als man sonst von ihnen erwarten durfte.«
    Er war nicht unter den zwanzig Revolutionsfreunden, die sich am 23. Oktober im Akademiesaal des Schlosses zum Mainzer Jakobinerklub, der »Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit«, zusammenschlossen, anders als die Verwandten seiner Hausfreundinnen, Metas Bruder Georg Wedekind und Carolines Schwager Georg Wilhelm Böhmer, der seine Stellung als Gymnasialprofessor in Worms noch vor der Einnahme der Stadt gekündigt und sich dem General Custine als Sekretär angedienthatte. »Mir sank das Herz, wie ich den Menschen sah – o weh – wollt und könnt Ihr den brauchen? – aber wen kann man nicht brauchen? Die sich bei solchen Gelegenheiten vordrängen, sind nie die besten.« So Caroline, freilich erst, als sich das Blatt schon wieder gewendet hatte.
    Forster gehörte zu denen, die mitliefen. »Das allgemeine Wohl des Orts, wo man sich befindet, muß man wollen; dem Willen der Mehrheit muß man folgen; oder seine bürgerliche Existenz und seine Familie einer blinden Anhänglichkeit an Leute opfern, die für sich selbst nichts zu tun im Stande sind, viel weniger ihre Klienten oder diejenigen, die um ihretwillen ins Unglück geraten, unterstützen wollen und können.« Er habe jetzt nur die Wahl, sein Haus und seine Möbel, also alles, was er auf der Welt besitze, zu verlassen und »aufs Geradewohl mit Frau und Kind umher zu irren – oder: hier zu bleiben, die Universität aufrecht zu erhalten suchen, sich der Bürgerschaft anzunehmen, sie auf vernünftigem, gemäßigten Wege so

Weitere Kostenlose Bücher