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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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oder andern Umständen, nicht mehr caressieren können, sie desto ärger demokratisieren , so trieb die Forsterin wechselweise das Eine und das Andere mit dem glücklichsten Erfolge.
    Bürgerin Forkel. Wenn ich an diese Versammlungen beim Tee denke, wo das Glück der stumpfen Mainzer zubereitet, debattiert, beratschlagt, wo der Kurfürst und Koadjutor abgesetzt, der Adel aufgehoben, der Pfaffheit ein Tritt vor den Hintern gegeben, die Räte abgeschafft, und unsere Brüder auf den Thron gesetzt wurden – wenn ich daran denke, was das alles für große, für unsterbliche Männer waren, die dies ewige Werk beim Tee – errichten halfen – und mit unserem itzigen Zustande vergleiche, o! dann möchte ich in Tränen zerfließen.
    Bürgerin Böhmer (mit einem verächtlichen Blicke). Kleine Seele, die ihr Unglück nicht zu tragen, nicht frei leben oder zu sterben weiß, ich bleibe Dir gewiß keine Antwort schuldig – Huber mußte als sächsischer Chargé d'affaires , sobald sich die Franzosen der Stadt näherten, Mainz verlassen und das kam seiner natürlichen Feigheit trefflich zustatten. Er war es, welcher der Forsterin, die ihn als einen ungeleckten Bären in ihr Haus geholt hatte, um ihn desto besser lecken zu können, die Demokratie inokulierte ; sie war es, welche Forstern, der anfangs zu gutmütig und schwach vor den französischen Mordtaten und folglich vor der Konstitution selbst zurückbebte, mit ihrem Feuer elektrisierte , und so entstand aus einer geringfügigen Ursache das Größte, das Nützlichste, was Menschen tun können, demokratische Proselytenmacherei.
    Bürgerin Forkel. Wenn mir nur jemand die Demokratie auf diese Art inokuliert hätte! Miltons Pinsel, wie er diesen seligen Augenblick zwischen Adam und Eva mit unerreichten Farben malt, wäre noch ein Stümper, gegen das Gefühl, was meine Brust schwellen würde. Allein mein Mann ist ein musikalischer Rülp, mit dem solch eine platonische demokratische Umarmung gar nicht zu pflegen ist.
    Bürgerin Böhmer . Von Frankfurt schrieb nun Huber fleißig an die Forsterin alles, was dort antidemokratisches vorging und – nicht vorging. Bei dem thé las die Forsterin abends diese Briefe, auszugsweise versteht sich, mit einem Ton – auf dem nämlichen Canapé – mit einem Tone – oft mit einer Bewegung – die das elastische Canapé wie ein Echo wieder gab. Forster merkte nichts, ich merkte aber alles. Nach der unglücklichen Affäre in Frankfurt fing die Forsterin an zu rasen, weil sie Hubern verloren oder doch wenigstens in Gefahr glaubte. Sie dachte an nichts, als sich mit diesem Abgotte ihres Herzens und ihrer Sinnlichkeit wieder zu vereinigen – und plötzlich – sie, – der Schlußstein des weiblichen Klubs, sie, die Gattin des in der Mainzer Revolution so allmächtigen Forster, ließ nicht durch tausend schlangenartige Kunstgriffe von ihrem Manne ab, bis er ihr gestattete, mit ihren Kindern abzureisen, um sich gegen die Verfolgungen der Aristokraten, des Mainzer Volkes der Antiklubisten und aller nur möglichen Gefahren, die sie vorspiegelte, in Sicherheit zu setzen.
    Bürgerin Forkel. Hier war es, wo Du sie erwartetest und nun – fängt Deine Rolle an – über die ich izt auch ein paar Worte zu sagen habe. Du sahst Forstern in der tödlichen Betrübnis, ohne jedoch die wahre Ursache, welche seine Frau von ihmschied, zu ahnden und Du warst – abscheulich genug, sein Herz nicht nur mit der wahren Ursache, sondern noch mit grundfalschen Nebenumständen zu zerreißen. Du – sagtest ihm, seine Frau habe mit Hubern diese Reise abgeredet, habe sich in seine Arme geworfen, lebe mit ihm zu Neuchâtel, sei mit ihm verheuratet und habe ihrem Manne gänzlich entsagt. Deine Absicht aber war, Forstern in Dein Netz zu verwickeln, ihn zu Deinem Manne zu machen, mit ihm, der schon lange nichts anders träumte und den vielleicht dieser Plan allein zum Demokraten machen konnte, als Deputierter des Mainzer Nationalkonvents nach Paris zu ziehen, dort und in Mainz die bedeutende, große, gelehrte Dame zu spielen und –
    Bürgerin Böhmer . Schweig, Vagabundin, nicht wahr, Deine Gründe sind reiner oder bist Du nicht etwa deswegen Demokratin geworden, damit Du ohne Scheu herumziehen und allen Deinen Gelüsten fröhnen kannst?
    Bürgerin Wedekind . Ihr seid mir zwei saubere Weibsleute. Du Forkel, verdienst die Schwester Deines Bruders Wedekind zu sein. Was habe ich verbrochen, daß mich der Himmel mit zwei solchen Ungeheuern bestrafte?

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