Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
Vom Netzwerk:
Forster zu heftigen Ausfällen gegen sie verleitete. Sie ekelten ihn anmit ihrer hochmütigen Aristokratie, denn die Misanthropie der Frau sei weiter nichts als Freiheits- und Gleichheitshaß. »Die Notwendigkeit, nicht zu glänzen, sich nicht unterscheiden zu dürfen, macht diese Leute wütend, und dieselbe Ursache, die diese Leute zu Anfang der Revolution zu glühenden Patrioten machte, weil ihre Klasse damals emporkam, macht sie jetzt zu Verschwornen gegen den Staat, wo sie nicht mehr die Aristokratie des Reichtums zeigen können. Alles, was dem König anhing, wird von ihnen vergöttert, sie trägt ein Läppchen Tuch von seinem letzten Rock in ihrem Ringe verborgen; selbst ungläubig, huldigt sie doch dem Aberglauben, hängt dem Magnetismus eifrig und blind an und steht mit den bigottesten Leuten in der engsten Verbindung. Er ist ein spekulierender Kaufmann, der immer über schlechte Zeiten klagt und unter dieser Decke beständig fort die Assignate [ 39 ] benutzt, um Güter und Häuser wohlfeil zu kaufen und teuer zu verkaufen. Seine Versalität und sein mit Ideen aus allen Fächern meublierter Kopf, der nie einem Grundsatz acht Tage lang, oft nicht vierundzwanzig Stunden lang, treu bleibt, hindert ihn doch nicht an diesem herzlosen kaufmännischen Geizen. Mit einer gewissen kranken Lebhaftigkeit, die anfangs einnimmt, und einer schweizerischen Energie und Massivheit in der Phantasie, fühlt der Mensch im Grunde nichts als sein Bedürfnis, unaufhörlich etwas anderes zu treiben, und bei einer Terminologie und Phraseologie, die beinahe Gründlichkeit scheinen könnte, hat er weder für Kunst noch Wissenschaft Sinn, sondern betet nur immer seine Sentenzen her.«
    Klassenhaß! Zwei Briefe später ruderte Forster dann mit schlechtem Gewissen zurück, wollte aber doch irgendwie recht haben und klopfte sich für seine Korrektur auch noch auf die Schulter. Seine Bemerkungen seien »ein wenig zu streng« geraten, räumte er ein, aber man könne die Dinge bekanntlich von verschiedenen Seiten sehen. »Ich habe also nicht sowohl falsch, als bloß einseitig geurteilt. Wenn harte Urteile immer auf diese Art untersucht würden, wie leicht ließen sich Einseitigkeit und Parteilichkeit vermeiden!« Vielleicht hatte er inzwischen erfahren, daß Schweizer nach dem Sturm auf die Tuilerien sein eigenes Leben riskiert hatte, um Landsleute von der Schweizergarde vor dem sicheren Tod zu retten und ihre Flucht ins Ausland zu ermöglichen.
    * * *
    Über Mangel an Gesellschaft also kann Forster nicht klagen. Er lebt mit »guten, gefühlvollen, mit feinen, gebildeten, mit klugen, vernünftigen Menschen«, geht mit Frauen um, die ihm gefallen, sogar zu sehr. Er erneuert die Bekanntschaft mit einer hübschen, »erstaunlich« herzlichen Frau, die ihm bei seinem Parisaufenthalt vor drei Jahren rasendes Zahnweh »vermittelst einiger Tropfen auf Baumwolle« kuriert hatte. Er unternimmt viel. Und doch fühlt er sich oft entsetzlich einsam. Therese kann ihm niemand ersetzen. In deutschen Landen ist ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. »Ich habe keine Heimat, kein Vaterland, keine Gefreundete mehr; alles was sonst an mir hing, hat mich verlassen, um andere Verbindungen einzugehen«. Ein verlassenes Kind.
    »Wie ich heute einsam im Palais Royal auf und ab ging, kamen mir unwillkürlich die Tränen in die Augen, daß ich nun auf mein Zimmer zurückkehren sollte und in der unendlich großen Stadt keinen Menschen hätte, der sich im mindesten um mich bekümmerte, keinen, der Anteil an mir nähme, und dem es nicht völlig gleichgültig wäre, wenn ich morgen verschwände! Gewiß eine sonderbare Wendung meines Schicksals, nachdem ich so lange meine Kräfte alle aufgeboten habe, um Menschen an mich zu knüpfen, mit denen ich im Tausch gegenseitiger Pflege und Sorge glücklich zu sein hoffen durfte. Ich fühle dies alles jetzt schmerzlicher, weil ich krank bin, in einem traurigen Hotel garni ohne Bedienung und ohne eines Menschen Teilnahme.«
    Therese wartet indes in Neuchâtel auf Huber und drängt auf eine schnelle Scheidung.
    Forster soll sie in die Wege leiten, stößt aber auf Schwierigkeiten. »Ich werde von Pontius zu Pilatus geschickt und nun heißt es gar, ich müßte alles in Mainz anhängig machen, welches nicht möglich ist. – Indessen, wenn ich erst auf der Munizipalität nähere Erkundigungen eingezogen habe, hoffe ich noch einen Ausweg angezeigt zu erhalten, wodurch Dir Dein Wunsch gewährt werden kann. Ich bitte also, daß Du noch etliche

Weitere Kostenlose Bücher