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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Aber derjenige, der es versprochen hatte, vergaß es, und er hatte nicht nachgefragt, und es vergingen Tage ruhiger, langweiliger Patrouillengänge, während denen der Raketenwerfer wie eine leere Tasche über seiner Schulter hing. Und jetzt wurde er aufgefordert, damit zu schießen, und wusste gar nicht, wie. Der Kommandeur entriss ihm wütend den Raketenwerfer und zeigte ihm, wie man ihn öffnete. »Granaten«, befahl er. Granaten? Es stellte sich heraus, dass jemand Gasgranaten in Gabis Ausrüstung gesteckt hatte. Der Kommandeur fand sie und zeigte Gabi, wie man eine Granate in den Raketenwerfer einlegte, schloss ihn, zielte in die Luft und sagte: »Beim nächsten Mal mach ich das nicht für dich, jetzt komm wieder zu dir.« Und drückte auf den Auslöser.
    Der Raketenwerfer war defekt. Die Granate explodierte im Inneren statt nach Dutzenden Metern am Ziel. Der Kommandeur schleuderte den Raketenwerfer sofort von sich, doch eine Wolke grauen Rauchs trat aus und hüllte sie ein, vor allem den Kommandeur und Gabi sowie den armen Soldaten, zu dessen Füßen der Raketenwerfer gefallen war. Die drei krümmten sich im versengenden Rauch, der ihre Augen und Nasen, Münder und Lungen verätzte, zappelten, suchten Wasser und Zuflucht. Die übrigen Soldaten standen betreten um sie herum, auch sie tränend und hustend, und die Steinewerfer in der Entfernung bleckten die Zähne, lachten schadenfroh und machten weiter, trauten sich sogar näher zu rücken, und hätte nicht David, ein magerer, stiller Soldat bis zu diesem Moment, angefangen, mit seiner Waffe in die Luft zu schießen und wie irrsinnig zu brüllen, hätte die Geschichte durchaus mit viel ernsteren Folgen als mit drei Rauchgeschädigten enden können, die in die Militärklinik ins Hauptquartierslager von Gaza überführt und gegen Abend wieder entlassen wurden.
    Nach dem Vorfall wurde die Rekrutenkompanie wieder zur Grundausbildung zurückgeschickt, doch Gabi fühlte sich schon entrückt, nicht mehr wirklich dabei. Nicht nur hatte er keine Lust, Gas von defekten Raketenwerfern zu schlucken, ihm war auch nicht danach, andere Menschen mit Gas aus funktionierenden Raketenwerfern zu überziehen, durch offene Abwassergassen und Schlafzimmer armer, elender Familien zu marschieren oder Steinewerfer im Zaum zu halten; ebenso wenig gefiel es ihm, schweres Maschinengerät zu bedienen, Bomben zu entfernen oder Brücken über Flüsse zu errichten. Die Begeisterung seiner Mitrekruten und die erregten Kommentare, die sie von sich gaben, wenn sie über Mechanisierung, Bomben und Waffen redeten – Wörter, die sie von Freunden, Brüdern oder Onkeln gehört hatten, die in der kämpfenden Technikeinheit gedient hatten –, ließen ihn kalt. Er hatte eigentlich überhaupt keine Lust, mit dieser grünen Uniform in allen Teilen des Landes herumzulaufen. Er hatte das einmal gemacht, und es hatte ihn fast das Leben gekostet – in Wahrheit hatte es ihn nur deshalb nicht das Leben gekostet, weil er kein echter Soldat gewesen war. Und die Rekrutenausbildung mit dieser aufgesetzten, dummen Härte der Offiziere, das Wecken mitten in der Nacht, die miese Behandlung und das beschissene Essen, die dummen, blödsinnigen Wachschichten, diese ganzen Schwachköpfe. Es gab ein paar Jungen, mit denen er zurechtkam, aber als Kibbuznik war und blieb er ein Außenseiter. Und der Vorfall in Dschabalija stärkte seine Position nicht gerade.
    Eines frühen Morgens wurden sie aus dem Bett gejagt, in einen Bus geladen und mitten in die Wüste transportiert. Man teilte sie in Mannschaften ein und gab Befehl zum Orientierungsmarsch quer durchs Gelände. Ein kompletter Tag in der Wüstensonne, nicht genug Wasser und Essen aus der widerlichen Kampfration. Als ob dieser Tag nicht schon schlimm genug gewesen wäre, selbst wenn er vorschriftsmäßig verlaufen wäre, ereigneten sich auch noch Unglücksfälle. Zwei Soldaten verliefen sich und trafen nicht rechtzeitig am Endpunkt ein. Es wurde dunkel. Scheinwerfer wurden gen Himmel gerichtet, die anderen Mannschaften, die schon gedacht hatten, sie hätten die Aufgabe abgeschlossen, wurden ins Gelände zurückgeholt, um sich auf die Suche zu machen, und einer aus den Suchtrupps verirrte sich selber und verschwand. Die Soldaten und die Offiziere waren müde, hungrig und mit den Nerven am Ende. Nach viel Gebrüll, Appellen und Strafen trafen sie schließlich gegen elf Uhr nachts wieder in der Basis ein. Der Kommandeur ging mit zwei Soldaten, einer davon Gabi, zur

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